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Rubrik: Forum
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Publiziert: 23.02.2001 15:00

Diskussion um Doktorandenlöhne
Gute Mitarbeiter kosten etwas

Thorsten Hornemann, horneman@cell.biol.ethz.ch schrieb folgendes

am Dienstag 27. Feb. 2001, 15:36 Uhr

Als ehemaliger Doktorand der ETH Zürich kann ich das Aufkommen einer Debatte über einen Minimallohn für Doktoranden nur unterstützen. Nicht nur der Umstand dass Doktoranden in den verschiedenen Disziplinen der ETH stark unterschiedlich bezahlt werden, sondern auch die Tatsache, dass die Professoren der einzelnen Institute die Höhe ihrer Doktorandenentlöhnung weitgehend autonom bestimmen können, bedarf dringend einer öffentlichen Diskussion. So wurden die Entlöhnung von Doktoranden vor einigen Jahren sogar teilweise nochmals von 60% auf 50% gesenkt - mit dem Effekt dass genau diese Disziplinen jetzt händeringend nach qualifizierten Doktoranden suchen.

In diesem Zusammenhang wurden in der Stellungsnahme von Herr Cereghetti und Herrn Schmid einige Umstände leicht verzerrt dargestellt.

Eine Doktoratsstelle von 50% bedeutet nämlich lediglich eine Entlöhnung von 50% der Lohnklasse 15 (also etwas weniger als 2000 sFr netto) bei einem Beschäftigungsgrad von weiterhin 100%. Viele Professoren sehen in dieser "Vollanstellung" aber gerade mal die Minimalgrenze und erwarten von den Doktoranden ein massives Mehr an persönlichem Einsatz. So sind Wochenendarbeiten und Nachtschichten vorgesehen und vollkommen normal.

Das Argument des steileren Anstiegs der Lohnkurve ist ebenfalls nicht sehr tragfähig. So tritt ein Akademiker der noch drei Jahre promoviert hat erst mit durchschnittlich 29-30 Jahren in das Berufsleben ein. In dieser Zeit hat der erwähnt KV-Angestellte bereits 10 Jahre gearbeitet und mehr als eine halbe Million Franken (brutto) verdient - was einen entsprechenden Vorsprung an Altersrücklagen und sozialer Absicherung mit sich zieht. Diesen Vorsprung muss der Akademiker in seiner kürzeren "gutbezahlten" beruflichen Karriere erst noch aufholen. Ob der "faszinierende Karriere-Weg in Wissenschaft und Forschung in einem entsprechenden Hochschulbereich im In- und Ausland ..." geeignet ist diesen Vorsprung aufzuholen ist ein anderes Kapitel.

Tatsache ist jedoch, dass in vielen Bereichen die Bereitschaft von Studienabgängern unter den gegebenen Bedingungen eine Promotion und die damit einhergehenden Einschränkungen in Kauf zu nehmen stark gesunken sind. Da hilft auch der Verweiss auf den Status eines "PhD Studenten" nicht, da - abgesehen von der Oper und dem Theater - sich weder der Vermieter noch der Einzelhändler (um wieder zur Migros zu kommen) dafür interessiert.

Was bringt denn die hohe Zahl an "Ausbildungsplätzen", wenn sie nicht besetzt werden? In diesem Zusammenhang ist ebenfalls interessant, dass 47% der Doktorierenden aus dem Ausland kommen. Während ein Doktorand mit Schweizer Nationalität wenigstens theoretisch die Möglichkeit hat seinen Lohn durch einen Nebenjob aufzubessern, bleibt diese Option den ausländischen Doktorierenden verwehrt, da ihre Aufenthaltgenehmigung nur eine Anstellung an der ETHZ zulässt.

Mit einem Alter von 26-30 Jahren ist ein Doktorand auch in einem Lebensabschnitt, in dem es keineswegs leichtsinnig ist, sich mit dem Gedanken an eine Familie auseinander zu setzen. Dies ist bei einer Entlöhnung von 2000 sFr netto schlicht unmöglich. Die Konsequenzen für Doktorierende die diesen Schritt bereits vor ihrem Doktorat gewagt haben, möchte ich hier gar nicht ausführen.

In diesem Zusammenhang kann die Aufnahme einer sachlichen Diskussion über die Sicherstellung eines Mindestlohns für Doktorierende nur im Interesse der ETH sein. Denn qualifizierte, motivierte, gute Mitarbeiter kosten etwas - das gilt nicht nur für Professoren. Hier muss die ETH weiterhin konkurrenzfähig und attraktiv bleiben - denn eine Pipette allein - sei es auch eine teuere elektrische mit Digitalanzeige und viel SchnickSchnack - macht noch lange keine gute Forschung!

Thorsten Hornemann





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