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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 12.07.2007 06:00

Publish or Perish
Salami-Wissenschaft

Ein neues Wort macht beim wissenschaftlichen Publizieren die Runde: Salami-Wissenschaft. Dr. Lutz Bornmann und Professor Hans-Dieter Daniel, die an der ETH Sozialpsychologie und Hochschulforschung betreiben, sehen darin eine Publikationstaktik, die auf zwei Phänomene zutrifft. So kann Salami-Wissenschaft betrieben werden, indem identische Ergebnisse eines Forschungsprojektes in mehr als einer Zeitschrift erscheinen (repeated reports), oder die Forschungsergebnisse auf mehrere Teilberichte aufgeteilt werden (fractional reports), um beispielsweise das neu gewonnene Wissen möglichst breit zu streuen. Der Begriff Salami-Science wird üblicherweise in Verbindung mit letzterem verwendet. Die beiden ETH-Forscher untersuchten das Phänomen in einer kürzlich erschienenen Studie(1).

Renata Cosby

Das Motto „Publish or Perish“ ist in der Wissenschaft weit verbreitet: Viele Publikationen sind für Forscher wichtig, die um Status und Dauerhaftigkeit kämpfen. Der Vorteil, so erklären Bornmann und Daniel in der Studie, sei, dass Mehrfachpublikationen aus einem Forschungsprojekt zu einer grösseren Rezeption in der Wissenschaftsgemeinschaft führen. Die Wahrnehmung wird aber auch durch die Länge eines Artikels erhöht. Mit dieser steigen die Zitationen.

Der gewitzte Wissenschaftler veröffentlicht also lange Artikel in mehreren Zeitschriften. Solche Salami-Forscher reagieren damit auf den Druck, ihre Position verteidigen zu müssen. Sie versuchen ihre Anstellung und Finanzierung zu sichern, um schliesslich ihre Karriere voranzutreiben.

Das Fachmagazin „Nature“ nannte die Salami-Wissenschaft eine Bedrohung des wissenschaftlichen Publizierens (2). Diese Praxis habe zu einer strengeren Überwachung der Fachmagazine geführt und einer grösseren Arbeitslast für unbezahlte Gutachter.

Im Folgenden erläutert Dr. Lutz Bornmann im Gespräch mit ETH Life die Hintergründe seiner Studie.

Was sind die nachteiligen Auswirkungen der Salami-Wissenschaft?

Wo ein Forschungsgebiet steht, wird häufig über Meta-Analysen eruiert. Sind nun die Daten der einzelnen Studien voneinander abhängig, dann kann das eine Verzerrung bei den Resultaten der Metaanalyse ergeben, was wiederum zu einer falschen Einschätzung der Forschung führt.


Tragen Herausgeber eine gewisse Verantwortung für Salami-Wissenschaft?

Nein. Ich denke, dass im Allgemeinen Herausgeber keinen Überblick über die Arbeiten eines Autors haben, der bei ihnen Artikel einreicht. Im Fall der „grauen Eminenzen“ wird vielleicht eine gewisse erhöhte Aufmerksamkeit vorhanden sein. Um Mehrfacheinreichungen zu identifizieren, bleibt dem Herausgeber in der Regel nichts anderes übrig, als in entsprechenden Datenbanken bzw. im Internet zu recherchieren. Hierfür fehlt Ihnen aber häufig die Zeit.

Die „Uniform Requirements for Manuscripts Submitted to Biomedical Journals” halten fest, dass es keine “doppelten Eingaben” und keine “redundanten Publikationen” geben darf. Salami-Wissenschaft scheint aber diese Anforderungen kaum zu erfüllen. Ist sie also wissenschafts-ethisch vertretbar?

Ob Salami-Wissenschaft ethisch vertretbar ist oder nicht, hängt davon ab, wie man sie definiert und praktiziert. Autoren sollten sich immer an die entsprechenden Richtlinien der Zeitschriften halten und ihre eigene Publikationsstrategie gegebenenfalls vor dem Herausgeber offen legen. Das Problem ist, dass die Grenzen zwischen ethischem und unethischem Verhalten manchmal fliessend sind. Unter Umständen muss ein Wissenschaftler in einer Arbeit zu einer Studie bestimmte Ergebnisse wiederholen, die bereits andernorts veröffentlicht wurden, um die neuen Ergebnisse dem Leser verständlich zu machen. Ist dieses Vorgehen dann als ethisch oder unethisch zu bezeichnen?

Welche Alternativen haben Wissenschaftler, die nicht Salami-Wissenschaft betreiben wollen?

Die Antwort hängt von der einzelnen Studie ab. Bei kleineren Studien ist es häufig kein Problem, die Ergebnisse in einem Paper zu veröffentlichen. Bei experimentellen Versuchsreihen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, ist es schlicht nicht möglich, mit der Publikation abzuwarten, bis alle Ergebnisse vorliegen.

Als Wissenschaftler sollte man sich bei der Publikation von Studienergebnissen immer vor Augen halten, dass es einen schlechten Eindruck bei den Fachkollegen macht, wenn sie die Ergebnisse einer Studie in mehreren Publikationen finden. . Damit kann er oder sie den Eindruck erwecken, mehr daran interessiert zu sein, den eigenen Namen bekannt zu machen, denn Forschungsergebnisse mitteilen zu wollen.


Fussnoten:
(1) "Multiple publication on a single research study: Does it pay? The influence of number of research articles on total citation counts in biomedicine", Lutz Bornmann, Hans-Dieter Daniel, Journal of the American Society for Information Science and Technology, Volume 58, Issue 8 , Pages 1100 - 1107 DOI: 10.1002/asi.20531: www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/114216511/ABSTRACT
(2) "The cost of salami slicing" Nature Materials 4, 1 (2005) doi:10.1038/nmat1305 : www.nature.com/nmat/journal/v4/n1/full/nmat1305.html



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