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Rubrik: Tagesberichte

Podiumsdiskussion zum ETH House of Science in Afghanistan
Begegnungen mit Bamiyan

Published: 02.05.2005 06:00
Modified: 02.05.2005 09:37
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Der Grundstein für das ETH House of Science in Bamiyan ist gelegt. Im Rahmen der Ausstellung „Welten des Wissens“ präsentierten die Initianten ihr Projekt am Freitag der Öffentlichkeit. Im Anschluss diskutierten auf dem Podium prominente ETH-Vertreter und Afghanistan-Experten über Inhalt und Sinn des Begegnungszentrums.



Von Claudia Naegeli

„Grosse Errungenschaften brauchen Visionen. Das hat die Geschichte der ETH gezeigt.“ Mit diesen Worten begrüsst Professor Gerhard Schmitt, Vizepräsident für Planung und Logistik der ETH, die Anwesenden im Hof des Landesmuseums. Das Bauen von Luftschlössern sei keineswegs nur als Selbstzweck zu betrachten, sondern als eine Notwendigkeit, welche die Welt vorantreibe. Damit spricht Gerhard Schmitt den Wettbewerb „Luftschloss“ an, welchen die ETH anlässlich des Jubiläumsjahres lanciert hat (1) . Das daraus resultierende Siegerprojekt „Polynational“, das den Bau eines universitären Begegnungszentrums in Afghanistan vorsieht, ist für den Vizepräsidenten „der Beweis, dass die ETH ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrnimmt" (2) .

Afghanistan als Standort

Diese Verantwortung zu übernehmen bedeutet für die drei Sieger des Wettbewerbs in erster Linie, auf Nachhaltigkeit zu setzen. In ihrer Präsentation betonen Ivica Brnic, Florian Graf und Wolfgang Rossbauer, dass sie mit ihrem Projekt langfristige Wirkungen erzielen möchten. Dabei richten sie ihr Augenmerk einerseits auf den Umgang mit natürlichen Ressourcen beim Bau des Gebäudes selbst und andererseits auf die Anwendung und den Transfer von Wissen. „Wir möchten Know-how über naturgerechtes Bauen in Regionen vermitteln, wo tatsächlich noch grosse Baumassen entstehen“, erklärt Ivica Brnic.

Doch weshalb fiel die Wahl des Standortes auf Afghanistan? Diese Frage greift der Moderator Rolf Probala, Leiter der Abteilung Corporate Communications der ETH, in der anschliessenden Podiumsdiskussion auf. Es mache durchaus Sinn, ein Land zu unterstützen, das stark unter den Folgen einer 30-jährigen Kriegsperiode leide, sagt Rolf Bucherer vom Afghanistan Institut (3) . Dass die Wahl zudem auf Bamiyan fiel, begrüsst Rolf Bucherer ebenfalls. „Im Vergleich zu anderen Teilen Afghanistans verfügt Bamiyan über eine einheitliche Bevölkerungsstruktur“, erklärt er. Das führe zu einer gewissen sozialen Kontrolle, die in Afghanistan nicht selbstverständlich sei. Ethnische Durchmischungen würden noch immer zu Unsicherheiten führen.

Die Gewinner des" Luftschloss"-Wettbewerbs präsentierten ihr Projekt der Öffentlichkeit.

Paul Bucherer, Prof. Dietmar Eberle, Prof. Bruno Keller, Christian Frei und Rolf Probala (von links nach rechts) diskutierten angeregt über das ETH House of Science in Afghanistan.

Nicht an den Leuten vorbei

Der Filmemacher Christian Frei erinnert sich an Szenarien, die er während der Dreharbeiten zu seinem Kinofilm „The Giant Buddha“ (Kinostart am 22. September) erlebt hat (4) . Für ihn liegt die Chance des Projekts in den Begegnungen. Als Filmemacher sei er es gewohnt nah an die Leute heranzutreten. Der Austausch mit der Basis – sprich den Leuten vor Ort – sei auch für das Projekt „Polynational“ entscheidend. Man dürfe nicht an den Bedürfnissen der Leute vorbei planen. „Bis anhin wird eine Hülle gebaut. Jetzt muss man schauen wie diese Hülle sinnvoll gefüllt wird.“

Eine Forderung, die bei beiden teilnehmenden ETH Professoren auf offene Ohren stösst. Sowohl Professor Dietmar Eberle, Vorsteher des Departements Architektur, als auch Bruno Keller, Professor für Bauphysik betonen, dass man in Afghanistan mit der lokalen Bevölkerung zusammenarbeiten wolle. „Wir dürfen nicht so arrogant sein und denken, dass wir dank unseren neuartigen Technologien auf das Jahrhunderte alte Wissen der Einheimischen verzichten können“, so Dietmar Eberle.

Für Bruno Keller stellt das Projekt zudem eine Chance zur Horizonterweiterung dar. Die Materialien für die Bauarbeiten werden vor Ort in Afghanistan beschafft. „In Bamiyan arbeiten wir mit beschränkten Mitteln und viel Geduld.“ Das Projekt dürfe sich jedoch nicht mit der Fertigstellung des Baus begnügen, fügt der Wissenschaftler an. Er ist sich mit Dietmar Eberle einig, dass man die entstanden Beziehungen längerfristig pflegen muss.

Museum im Exil

Für die Zukunft des ETH House of Science haben alle Podiumsteilnehmer unterschiedliche Wünsche. Paul Bucherer weist auf den Vorteil einer Aussenstation in Afghanistan für die ETH hin. „Länder wie Afghanistan sind für die Forschung von Interesse. Sie bieten beispielsweise die Möglichkeit, Pflanzen in einem ursprünglichen Zustand zu untersuchen.“ Ausserdem hofft der Experte darauf, das Afghanistan Museum, welches sich zurzeit „im Exil“ in seinem Institut befindet, wieder in das eigene Land verlegen zu können.

„Ich fände es schön, wenn sich die Bevölkerung von Bamiyan meine Filme ansehen könnte“, meint Christian Frei und spricht das Kino an, welches für die Bibliothek des Begegnungszentrums geplant ist. Dietmar Eberle äussert schliesslich die schlichte Hoffnung, dass das ETH House of Science ein schönes Gebäude werde. „Denn Schönheit ist etwas, das alle animiert“, sagt der Professor abschliessend.

Footnotes:
(1 Hier finden Sie Informationen zum "Luftschloss"-Wettbewerb: www.baug.ethz.ch/news/application
(2 "ETH Life"-Bericht zur Grundsteinlegung in Bamiyan: www.ethlife.ethz.ch/articles/jubil2005/luftschlgrund.html
(3 Die Website des Afghanistan-Instituts: www.afghanistan-institut.ch
(4 "ETH Life"-Bericht zum Wiederaufbau der Buddha-Statuen: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/discover_buddha.html


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