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Rubrik: Campus Life |
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Träger des Alternativen Nobelpreises Amory Lovins an der ETH Die Energiezukunft designen |
Der amerikanische Energieeffizienz-Experte Amory Lovins hat am Dienstag an der ETH seine Konzepte für eine bessere Nutzung der Energie präsentiert. Der grosse Durchbruch bei der Mobilität lässt jedoch noch immer auf sich warten, weil der Leidensdruck für die Industrie, an besserer Energienutzung zu arbeiten, zu klein ist. An den zwei Meldungen aus der Sonntagspresse hätte Amory Lovins wohl kaum Freude: Sulzer Hexis will nicht weiter in die Entwicklung von Brennstoffzellen investieren, nachdem die Firma jahrelang viel Geld dafür ausgegeben hat. Herausgeschaut hat bisher – fast nichts. In Amerika saufen gewisse Geländewagen bis zu 24 Liter Benzin pro 100 Kilometer, und die US-Regierung will weiterhin keinen Finger rühren, um diesen Verbrauch einzuschränken. Ungebrochener Optimismus Doch solches hat der Energiepapst aus den USA wohl schon öfter erlebt und sein Optimismus für eine bessere Energie-Zukunft ist ungebrochen. Seit drei Jahrzehnten wirbt er unermüdlich für seine Ideen einer besseren und effizienteren Nutzung von Energie und Ressourcen, tourt rund um den Globus, von Teppichetagen grosser Konzerne zu Amtsstuben, von Universitäten zu Vortragssälen und wird nicht müde, neue Schriften gegen die Verschwendung zu schreiben, zuletzt das Buch „Winning the Oil Endgame“ (1) . Dieses beschreibt, wie die USA aus der Erdöl-Abhängigkeit aussteigen könnten. Ginge es nach Lovins, würde die Welt schon heute Strom und Wärme aus Wasserstoff-Brennstoffzellen beziehen. Sparsamste Autos aus Kohlenstoff-Verbundmaterial mit Wasserstoffantrieb würden gerade noch Wasser in die Umgebung pusten und Häuser würden maximal soviel Wärmeenergie brauchen wie sein Institut in den Rocky Mountains: 150 Watt. Und das alles verbunden mit Einsparungen für alle im vierstelligen Milliardenbereich. Design lässt Kompromisse nicht zu Diese Botschaft konnte er am vergangenen Dienstag auch an der ETH vertreten. Im Rahmen eines Vortrags, den die Gruppe für Nachhaltigkeit und Technologie der ETH (2) organisiert hatte, sprach Lovins eineinhalb Stunden über „Advanced Design Integration for Radical Energy Efficiency“. Zu deutsch: wie man mit fortschrittlichem Design viel Energie (und Geld) spart. In Industrieprozessen etwa, sagte Lovins, ginge sehr viel Energie und Geld verloren, weil Leitungen schlecht geplant und falsch gebaut seien. Sie würden unnötig lange Wege gehen und verlören deshalb viel Wärme oder bräuchten mehr Kühlung. Durch radikales Design etwa könnten neben der Einsparung an Material und Energie auch andere positive Nebeneffekte erzielt werden: einfacherer und besserer Unterhalt, weniger Platzverbrauch sowie geringeres Gewicht der Anlage. „Die meisten Probleme unserer Zeit sind Design-Probleme“, bringt es der Träger des Alternativen Nobelpreises auf den Punkt. Und er betont: „Design ist nicht der richtige Ort für Kompromisse.“
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Simple Lösungen sparen viel Energie Manchmal sind die Lösungen einfach. In einer Schule in Brasilien haben die Forscher von Lovins’ Institut an den Fenstern Sonnenblenden angebracht, die das Sonnenlicht nur noch indirekt in die Schulstube hinein liessen. Der Effekt sei erstaunlich, so Lovins. Im Schulzimmer herrschte danach eine angenehme Lernatmosphäre und eine gleichmässige Ausleuchtung. Der Energieverbrauch sank, weil weniger oft Kunstlicht gebraucht wurde. Auch die Raumtemperatur war ausgeglichener, weil die Sonnenblenden die Wärme fernhielten, die das direkte Sonnenlicht jeweils produzierte. Carbonautos gegen Kohlendioxidflut Hightech propagiert der Amerikaner hingegen, um die Mobilitätsbedürfnisse der heutigen Zeit Ressourcen schonend zu decken. „Obwohl seit 120 Jahren an Autos technische Verbesserungen gemacht wurden, sind moderne Wagen erstaunlich ineffizient“, sagte der Physiker. Nur gerade 13 Prozent der Energie aus dem Benzin erreiche die Räder, 87 Prozent verpuffe als Abwärme, Lärm oder durch die Klimaanlage an die Umgebung. Von der Energie, welche die Räder erreiche, werde die Hälfte „gebraucht“, um die Reifen, Strasse und Luft zu wärmen. Nur gerade ein mickriges Prozent der eingesetzten Energie bewege schliesslich den Fahrer. Um diesen Missstand zu beheben, braucht es einen viel sparsameren Umgang mit dem schwarzen Gold - und den Hypercar aus der Werkstatt von Lovins’ gleichnamigem Spin-off-Unternehmen. Die Hightech-Lösung sind ultraleichte Fahrzeuge mit radikalem Neudesign und einem Stapel von Brennstoffzellen als Antrieb.(4) Die Karrosserie besteht aus Kohlenfasern-Verbundmaterial, welches nicht nur ultraleicht, sondern auch ultrastark ist und in Crash-Tests sechs- bis zwölfmal mehr Aufprall-Energie schluckt als vergleichbare Stahlkarosserien. Auch finanziell zahlt sich das laut Lovins’ Berechnungen aus. Die Kosten für das teurere Material werden durch die einfachere Herstellung und die kleineren Antriebssysteme wieder kompensiert, von der Einsparung der Benzinkosten nicht zu reden. Weiter Weg für sparsame Autos Trotz all den Zahlen, Statistiken und grossartigen Konzepten, kommen die Hypercars nicht vom Fleck. Der Spin-off von Lovins musste Abschied nehmen vom Bau eines kompletten Autos und beschäftigt sich nur noch mit der Herstellung der Verbundmaterial-Bauteile aus Kohlefasern. Immer noch zögert die Industrie, radikale Änderungen, wie sie Lovins schon lange propagiert, aufzunehmen. Oder wie es Volker Hoffmann, ETH-Assistenzprofessor für Nachhaltigkeit und Technologie gegenüber "ETH Life" formuliert: Interessiert ist die Industrie schon, aber weshalb bereits jetzt etwas ändern? |
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