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Rubrik: Campus Life |
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Bibliothek der Stiftung Werner Oechslin eröffnet Schatzkammer des Geistes |
Nach langen, teilweise schwierigen Jahren der Entstehung wurde in Einsiedeln am Freitag die Bibliothek des ETH-Professors Werner Oechslin eröffnet. Nebst der Schulleitung der ETH nahm daran auch Bundesrat Pascal Couchepin teil. Der von Mario Botta entworfene Bau beherbergt eine einzigartige Quellensammlung zu Architekturtheorie und Kulturgeschichte. Mit der ETH ist die Stiftung durch einen Nutzungsvertrag verbunden. Wären da nicht die aktuellen Verkehrsprobleme beim Alpenübergang, hätte auch Umberto Eco an der Einweihung teilgenommen. Der berühmte Bologneser Sprachwissenschaftler und Romancier hat der Institution Bibliothek mit seinem modernen Klassiker „Der Name der Rose“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Dass mit der Bibliothek Werner Oechslin in Einsiedeln etwas nicht Alltägliches eröffnet wurde, unterstrich auch die Präsenz anderer Persönlichkeiten: etwa von Innen- und Kulturminister Pascal Couchepin, der in Begleitung von Kulturamtschef Jean-Frédéric Jauslin erschien und natürlich von Mario Botta, dem Architekten der Bibliothek. Plattform der Interdisziplinarität In der Persönlichkeit Werner Oechslins, seit 1985 ETH-Professor für Kunst- und Architekturgeschichte, fänden Theorie und Praxis der Architektur zu einer neuartigen Einheit, sagte Pascal Couchepin in seiner Ansprache. Mit dem bewussten Entscheid, seine Bibliothek in Einsiedeln als „Satellit im Hinterland“ zu gründen, stelle Oechslin sein Werk einerseits in die grosse geistige Tradition des Klosterdorfs. Andererseits setze es einen starken Kontrapunkt zur gängigen Meinung, dass das Buch im digitalen Zeitalter auf verlorenem Posten steht, so Couchepin. Eine wichtige Basis der Entwicklung sei die Verbindung, die zwischen der ETH Zürich und der Bibliothek geknüpft wurde. Nun hoffe er, dass das Haus zu einer Plattform des interdisziplinären Ideenaustausches werde.
Darin sieht auch ETH-Präsident Ernst Hafen eine wichtige Aufgabe der jetzt vollendeten Bibliothek, der er spontan mit Faszination und Bewunderung begegnet sei. „Es wird zunehmend wichtiger, Naturwissenschaften und Technologie in den kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhang einzubetten und zwischen beiden Sphären Brücken zu schlagen“, erklärte Hafen. An der ETH seien in ihrer 150-jährigen Geschichte viele Institutionen entstanden, die diesen Dialog ermöglichen und pflegen: etwa die Graphische Sammlung, das Archiv für Zeitgeschichte und natürlich die ETH-Bibliothek mit ihren Archiven und Spezialsammlungen. „Mit der Bibliothek Werner Oechslin ist jetzt ein weiterer, attraktiver Ort für diesen Austausch hinzugekommen.“ Dialogkompetenz als Standortvorteil Es seien unter anderem diese speziellen Vermittlungs- und Dialogkompetenzen, welche die ETH Zürich in der globalen Konkurrenz der besten Hochschulen auszeichnen. „Ich bin überzeugt, dass sich diese Besonderheit in wenigen Jahren zu einem entscheidenden Standortvorteil entwickeln wird“, sagte der ETH-Präsident. Werner Oechslin selbst schätze er als einen enorm inspirierenden Gelehrten, „von dessen breitem kulturellen Horizont man nur profitieren kann“, so Hafen. Er plädiere deshalb dafür, eine Einführung in den geistigen Reichtum dieser Bibliothek zum Bestandteil jedes ETH-Studiengangs zu machen. Vor 14 Jahren begann die Planung des Gebäudes, das die so zahlreichen wie wertvollen Werke, die Werner Oechslin im Laufe seiner Forscherjahre zusammentrug, beherbergen sollte (vgl. Kasten). 1996 brachte Mario Botta die ersten Skizzen zu Papier. Mit dem Übergang zur "Stiftung Bibliothek Werner Oechslin" verband sich dann die Hoffnung, dass die Realisierung des Projekts zügig vonstatten geht. Zwar konnte wie erwähnt mit der ETH 1999 vereinbart werden, dass die Hochschule während zehn Jahren je 400'000 Franken an den Betrieb beisteuert. Im Gegenzug haben ETH-Angehörige ein Nutzungsrecht für die Bibliothek. Doch nach einem zügigen Start mit Beiträgen von Politik, Stiftungen und Sponsoren zwangen Geldsorgen immer wieder zu Unterbrüchen. Bottas Bau begann im Untergrund: mit einer an ein Labyrinth erinnernden Rotunde im Untergeschoss. Heute steht er, trotz allem, vollendet da: Ein schmaler, bergseitig konvex gebogener, talseitig gradlinig abgeschlossener Bau aus rötlichem Veroneser Stein, der übrigens exakt am alten Pilgerweg nach Santiago de Compostela steht.
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Mit der selben Akribie, mit welcher Oechslin seine Sammlung zusammengetragen hat, gestaltete er die Ausführung ihrer Behausung mit. So ist augenfällig, wie die Präsentation der Werke an eine Klosterbibliothek erinnert - nicht überraschend an einem Ort, der direkt auf die Fassade des Klosters Einsiedeln ausgerichtet ist. Neben den Büchern wird mit einer Vielzahl von Anspielungen aus der Kulturgeschichte - Bildern, Büsten und Zitaten - dargestellt, was die Bibliothek sein will: ein Ort, der das Denken und das Gespräch fördern will. Ideen: vergessene Lektüre Dass Liebhaber des Buches allerdings nie unbestrittene Intellektuelle waren, beleuchtete in seinem Festvortrag der Mainzer Philosoph Kurt Flasch in scharfsinnig-amüsanter Weise.Sein tour d’horizon von Platon über Montaigne bis Heidegger zeigte, dass in der Geistesgeschichte zwischen Verfechtern des Denkens und jenen des Lesens hart gerungen wurde. In Flaschs Synthese werden Intellekt und Buch jedoch zu einem sich gegenseitig bedingenden Gespann, und mit Musil folgerte er: „Wie kommt man auf eigene Ideen? Indem man vergisst, wo man sie gelesen hat.“
Antizyklische Vision Werner Oechslin selbst zeigte sich bewegt und dankbar, dass seine unorthodoxe Vision jetzt umgesetzt werden konnte: Nämlich einen betont öffentlichen Ort zu schaffen in Zeiten, wo der Trend zur Privatisierung zum guten Ton gehört. Einen Ort zudem, der sich „Denkökonomie“ sowie menschliches Mass und Ordnung auferlegt, während sonst doch die (virtuelle) Verfügbarkeit der „ganzen“ Wissensmasse angestrebt wird. Und einen Ort schliesslich, der das Buch als sinnlich zu begreifendes Objekt zeigt, indem die Architektur dem Buch eine Bühne schafft.
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