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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 12.10.2004 06:00

Internutrition stellt Gentech-Lebensmittel an der Olma vor
Geschmeidig auf der Zunge

Einen Einblick in die moderne Forschung für Landwirtschaft und Ernährung will die Sonderschau des Arbeitskreises für Ernährung und Forschung (Internutrition) in der Olma-Halle 9.1.2 geben. Höhepunkt: eine Probier-BAR für gentechnisch hergestellte Lebensmittel. Auch ETH und Universität Zürich beteiligen sich an der Ausstellung – mit Informationstafeln zur Pflanzenbiologie.

Von Michael Breu

Der Tisch ist gedeckt, ein leichtes Menu für den Gluscht. In einer durchsichtigen Schale aus Plastik sind mundgerecht zu Würfel geschnittene Käsestückchen enthalten, ein weisser Plastikteller ist mit Maisbrot gefüllt, ein Bier steht auf dem Tisch, und zum Aperitif gibt es einen fruchtigen Vitamindrink. Besonders an dieser Mahlzeit ist: sie ist einmalig. Weder den Käse noch das Brot noch das Bier und den Drink kann man in der Schweiz kaufen – obschon sie alle als Lebensmittel zugelassen sind. Verhindert wird dies von Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen, die auf Wahlfreiheit pochen und darunter nur Bioprodukte und keine Gentech-Lebensmittel verstehen. Der Arbeitskreis für Ernährung und Forschung (Internutrition) (1) will dem entgegenwirken und die Wahlfreiheit in die Lebensmittelläden bringen. Um zu zeigen, dass Gentech-Lebensmittel kein Frankenstein-Food ist, stellt der Arbeitskreis in der Olma-Halle 9.1.2 (2) „moderne Forschung für Landwirtschaft und Ernährung“ in einer Sonderschau vor und bietet an einer Probier-BAR moderne Lebensmittel als Probiererli an.

Der Vitamindrink riecht fruchtig nach Pfirsich und Banane und schmeckt süss-sauer. Von der Farbe her erinnert er an Apfelsaft. Wie es sich für einen solchen Drink gehört, enthält er eine ausgewogene Mischung verschiedener Vitamine und Nährstoffe. Eines davon – das Vitamin B2 – wird nicht mehr wie bisher mit einem komplizierten chemischen Verfahren hergestellt – sondern von einem Bakterium produziert, dem gentechnisch veränderten Bacillus subtilis. Die Basler Herstellerfirma DSM Nutritional Products (der früheren Roche Vitamins) verweist in einer Broschüre darauf, dass diese Methode eine bessere Ökobilanz aufweise, wirtschaftlicher sei und eine höhere Produktequalität aufweise. Der gekühlte Aperitif erfrischt.

Nun ist es Zeit für den Käse aus dem Thurgau. Auch er ist anders als seine „Artgenossen“. Denn hergestellt wurde er nicht mit Lab aus Kälbermägen; die Gerinnung der Milch wurde mit dem gentechnisch hergestellten Lab-Enzym Chymosin (Maxiren) eingeleitet, ein Produkt, das in der Schweiz seit 1988 zugelassen ist. Der Halbhart-Käse mit dem Namen „Maxi-Gen“ schmeckt deswegen nicht anders: Die dunkelgelben Würfel fühlen sich auf der Zunge geschmeidig an, ein Zeichen für den hohen Fettgehalt.

Olma modern: Forschung für Landwirtschaft und Ernährung. gross

Ideal ist dazu ein Bissen Maisbrot, gebacken in einem St.Galler Betrieb. Hergestellt wurde es aus Bt-176-Mais, den die Firma Syngenta in Spanien anbaut und der in der Schweiz seit 1998 zugelassen ist. Das Besondere an der Maissorte: Sie ist gegen Fressschäden durch den Maiszünsler geschützt weil ihr eine Erbinformation des Bacillus thuringiensis eingebaut wurde. Eine Studie aus dem Jahr 2002 zeigt den Erfolg dieser Maissorte: Der ökonomische Vorteil lässt sich pro Hektar mit 146,5 Euro beziffern – dank höheren Erträgen und weniger Ausgaben für Pestizide. Auch dem Maisbrot ist natürlich nicht anzumerken, dass es ein Fremdgen enthält. Die mit Sultaninen gespickten Stückchen sind luftig und schmecken süss. Die goldgelben Maiskörnchen im Weizen-Maisteig geben dem Brot ein attraktives Aussehen.


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Olma traditionell: Ein Höhepunkt bildet jeweils die Braunvieh-Auktion. Bild: Regina Kühne gross

Nun ist ein Schluck Bier fällig. Das Urtrüb aus einer Schweizer Brauerei wurde ebenfalls aus dem spanischen Bt-176-Mais hergestellt. Alkoholgehalt: 4,7 Volumenprozent. Kühl fliesst es die Kehle hinunter, im Gaumen hinterlassen Hopfen und Gerste einen leicht bitteren Geschmack. Wie es sich für ein obergäriges Urtrüb gehört ist es: trüb. Vertrieben wird das Bier vom Basler Verein Cool Corn.

Mittag ist vorbei, die Plastikschalen leeren sich. Vor allem auch, weil immer wieder Messebesucher zugreifen. Die Probier-BAR, so sagt Internutrition-Chef Arthur Einsele, soll künftig auch an anderen Messen gezeigt werden (in St.Gallen ist sie nach 1999 bereits zum zweiten Mal).

Übrigens: Eine Umfrage des gfs-Forschungsinstituts vom Frühjahr 2003 kommt zum Schluss, dass 20 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Gentech-Lebensmittel konsumieren würden, wenn es sie auf dem Markt gäbe, 65 Prozent würden dies ablehnen.


Wörtlich

„Um zu verhindern, dass Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen in die Felder von nicht gentechnisch veränderten Pflanzen gelangen, könnten ausschliesslich männlich unfruchtbare, gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen werden. Diese produzieren nämlich keine Pollen. An der ETH Zürich wurden Versuche mit männlich sterilen Pflanzen durchgeführt, dabei produzierten die männlich sterilen sogar höhere Erträge als die männlich fertilen.“

Peter Stamp, Professor für Pflanzenwissenschaften der ETH Zürich(3)

„Weizen, Mais und Reis machen zusammen mehr als vier Fünftel der weltweit produzierten Getreidemenge aus. Brot ist ein Grundnahrungsmittel und hat in allen Zeiten nicht nur für die Ernährung des Menschen, sondern auch für dessen kulturelle Entwicklung eine bedeutende Rolle gespielt. Heute isst ein durchschnittlicher Erdenbürger pro Tag 250 Gramm Weizen in Form von verschiedenen Produkten. Weizen wurde im Laufe der Zeit durch Selektion und Züchtung vielfältig verändert. Es ist schon längst ein von Menschen geschaffenes Kunstprodukt. Triticale ist die erste von Menschenhand geschaffene Getreideart: Sie vereinigt das hohe Ertragspotential und die Kornqualität des Weizens mit der Anspruchslosigkeit des Roggens. Gentechnik ist eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen Weizenzüchtung. Der gezielte Gentransfer verkürzt den klassischen Züchtungsansatz um mehrere Jahre.“

Beat Keller, Professor für Pflanzenbiologie der Universität Zürich (4)

„Weltweit werden 68 Millionen Hektar Land mit gentechnisch veränderten Sojabohnen, Mais, Raps und Baumwolle bewirtschaftet, hauptsächlich in den USA, Argentinien, Brasilien und China. In Europa ist Spanien das einzige Land, welches insektenresistenten Bt-Mais grossflächig anbaut. Dank modernster real-time PCR-Technik können heute bereits kleinste Spuren gentechnisch veränderter Pflanzen detektiert und quantifiziert werden – zum Beispiel ein gentechnisch verändertes Maiskorn in 1000 Maiskörnern.“




Fussnoten:
(1) Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung: www.olma.ch/
(2) Schweizer Arbeitskreis für Forschung und Ernährung, Internutrition: www.internutrition.ch
(3) ETH-Institut für Pflanzenwissenschaften, Arbeitsgruppe Stamp: www.ab.ipw.agrl.ethz.ch/
(4) Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Zürich, Arbeitsgruppe Keller: www.unizh.ch/botinst/Molec_Website/bkeller_home.html



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