|
Rubrik: Campus Life |
Print-Version
|
Antrittsvorlesung und Ausstellungseröffnung von Kees Christiaanse Freiheit im Entwurf |
Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „The City as Loft“ und seiner Antrittsvorlesung am vergangenen Freitag erläuterte ETH-Professor Kees Christiaanse sein Entwurfskonzept anhand bereits realisierter Projekte. Für den niederländischen Architekten zeichnet sich „gute“ Architektur dadurch aus, dass Freiheit im Entwurf gewahrt wird. Von Anne Laurence Klein „The City as Loft“, „Control & Laissez Faire“ und „Fuck the Programme?” – auf den ersten Blick irritierend und provokativ bilden diese und vier weitere Themen die Basis der Entwurfsstrategie von Kees Christiaanse. Er betrachtet es zudem als Herausforderung seine Projekte stets an der Schnittstelle zwischen Architektur und Städtebau zu formen, sie im städtebaulichen Kontext zu verankern. Den Begriff „Stadtlandschaft“ bezeichnete der ETH-Professor indes an seiner Antrittsvorlesung als „contradictio in terminis“. Er benutze dafür lieber den Begriff „Kulturlandschaft“, so Christiaanse im voll besetzten Auditorium Maximum der ETH am vergangenen Freitag. Schlüsselbegriff Loft „The City as Loft“ definierte Christiaanse, der seit über einem Jahr Professor am Institut für Städtebau des Departements Architektur der ETH ist (1), als absolut übergreifendes Konzept für seine Entwurfsstrategie. Es stehe für eine neu formulierte Urbanität, für die Übertragung des urbanen Loft-Lifestyles als Planungsprinzip auf den Stadtraum. Der Architekt erklärte, dass er den Schlüsselbegriff „Loft“ als Synonym für den Arbeits- und Lebensraum kulturell engagierter und global denkender Menschen verwende. Dem Prinzip „Control & Laissez faire“ zufolge müsse der Architekt der Stadtentwicklung Freiräume schaffen: Eine gewisse Kontrolle sei selbstverständlich angebracht, doch müsse man Architektur und Städtebau so verknüpfen, dass sie sich zukünftig an stets wechselnde Bedürfnisse anpassen können. Je grosszügiger der Architekt den Freiraum dabei gestalte, desto einfacher sei dies. Das „Fuck the Programme?“ - Konzept beinhalte die Forderung, Freiheit im Entwurf zu wahren: Einem Neubau, der für eine spezifische Funktion oder ein bestimmtes Programm entworfen wurde, mangele es oft an Qualität. Die spezifische Nutzung eines Gebäudes sei heute viel kurzlebiger: Qualität widerspiegele sich in einem Gebäude, wenn das Gebäude und das Programm oder die Nutzung sich aneinander anpassen könnten. Neue Urbanität Das Architekturbüro KCAP/ASTOC(2), das Christiaanse 1989 in Rotterdam gründete und 1990 in Köln erweiterte, beschäftigt sich vor allem mit der Entwicklung von Strategien für die Umnutzung ehemaliger Hafen-, Bahn- und Industriegelände. Diese befinden sich oft in zentrumsnaher Lage und sind dennoch frei verfügbar um wieder in das urbane Umfeld eingeführt zu werden.
|
Christiaanse veranschaulichte sein Konzept zum Beispiel durch die Präsentation des Mullerpiers in Rotterdam. Hier plant und überwacht er das Entstehen von 13 Wohngebäuden mit insgesamt 575 Wohnungen, einer Kindertagesstätte, einer Seniorenahnanlage und Geschäften. Schwerpunkt bei diesem Projekt sei die Verknüpfung von Stadt mit Wasser gewesen, sozusagen die Schaffung einer Übergangszone zwischen Stadt und Fluss. Diese Verknüpfung widerspiegele den Austausch zwischen den „großen Anforderungen der heutigen Gesellschaft und dem fein gestrickten Netz des urbanen Gefüges“. Desweiteren illustrierte Christiaanse das Entwurfskonzept des Bürogebäudes am Holzhafen in Hamburg: Er bezeichnete das Gebäude als „besetztes Bürohaus“, als architektonische Skulptur, der man das Programm auch erst im Nachhinein zuweisen kann. Skulptur und Raum vereint Als architektonische Skulptur darf auch die Wanderausstellung „The City as Loft“ (3) in der Haupthalle des ETH Hauptgebäudes betrachtet werden. Im Beisein des niederländischen Botschafters in der Schweiz und einem Repräsentanten des Niederländischen Architekturinstituts (4) wurde die Austellung im Anschluss an die Vorlesung offiziell eröffnet. Die Exponate wurden hier als räumliche Einheit konzipiert: Zehn mannshohe Baublöcke bilden ein städtebauliches Ensemble, das man frei begehen kann. Die verschiedenen Blöcke bieten dem Besucher weitere Informationen zu den insgesamt sieben Entwurfsthemen Christiaansens und zeigen bereits realisierte Entwürfe. Urbane Science-City In der Schweiz liess die Jury der Science-City-Testplanung am Hönggerberg sich auch von Kees Christiaanses urbanen Entwurfsstrategien überzeugen (5). Er bezeichnete die am Hönggerberg geplante Science-City als kompakte Insel in der Landschaft, die dennoch in enger Beziehung zu anderen „Stadtinseln“ stehe. Science-City könne man aber auch als programmlose Stadt betrachten: Raumtypen zum Wohnen, Arbeiten und Leben liessen sich zwar definieren, doch seien sie nur Werkzeuge um das festzulegende Bauvolumen ohne starr festgelegtes Programm zu bestimmen. Auf die erste Realisierung Christiaanses in der Schweiz darf man also weiterhin gespannt sein. Eventuell bei der Bebauung des Gebiets südwestlich des Hauptbahnhofs in Zürich, rund um die Sihlpost, an der der niederländische Architekt zusammen mit der Stadt und der SBB massgebend beteiligt ist (6).
|
||||||||||||||||||
Fussnoten:
Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen. |