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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 07.06.2004 06:00

Venustransit live im Internet
Rendez-vous im All

Morgen Dienstag, 8. Juni, findet ein seltenes Schauspiel statt: Die Venus wird zwischen 7.20 und 13.23 Uhr als kleiner, schwarzer Punk über die Sonne wandern. Jan Stenflo vom astronomischen Institut der ETH Zürich und sein Team werden bei diesem Ereignis am Istituto Ricerche Solari Locarno (IRSOL) einen Instrumentierungstest durchführen. Astronomie-Liebhaber können den Transit und die Messung auf dem Internet live miterleben.

Von Gabriele Aebli

Nach 122 Jahren zieht die Venus am 8. Juni 2004 wieder vor der Sonne durch. Innerhalb von sechs Stunden wandert sie als kleines, durch eine Sonnenfinsternisbrille gerade noch erkennbares Pünktchen über die Sonnenscheibe. Eine Sonnenfinsternis gibt es jedoch nicht. Zwar ist unser innerer Nachbarplanet mehr als drei Mal so gross wie der Mond, doch er ist auch rund 115 Mal weiter entfernt als dieser. Von der Erde aus gesehen ist der Durchmesser der Venus darum etwa 30 Mal kleiner als derjenige der Sonne.


Zwei Simulationen des Venustransits vom 8. Juni 2004
Animation von Arnold Barmettler: Venustransit von Zürich aus gesehen (01)

Animation von Roland Boninsegna: Venustransit samt Sonnenbewegung (02)



Warum ist ein Venustransit so selten?

Jan Stenflo vom Institut für Astronomie der ETH Zürich (03) erklärt die Bedingungen für einen Venustransit: „Zunächst muss die Venus zwischen der Erde und der Sonne sein. Dies ist alle 584 Tage der Fall. Die Bahnebene der Venus ist jedoch gegen diejenige der Erde geneigt. Da diese Neigung rund sieben Mal grösser ist als der Sonnendurchmesser, läuft der Planet von der Erde aus gesehen meist über oder unter der Sonne durch. Für einen Transit müssen sich zusätzlich die Bahnebene der Venus und der Erde schneiden.“

(04)

Venus steht über der Sonne (Bild: Jürgen Giesen)

Venus genau vor der Sonne (Bild: Jürgen Giesen)

Beide Bedingungen gleichzeitig seien nur viermal in 243 Jahren erfüllt: Immer in Abständen von 8, 105.5, 8 und 121.5 Jahren. Das letzte Mal war dies am 6. Dezember 1882 der Fall. Jeweils nach acht Jahren steht die Venus, von der Erde aus gesehen, wieder am gleichen Ort. Doch nur fast. Die kleine Verschiebung bewirke, dass die Transite in unregelmässigem Abständen erfolgen: der nächste 2012 und dann erst wieder 2117.

Venustransite 1388 - 2012. (Bild: Thomas Baer, Sternwarte Bülach) gross

Instrumentierungstest

Für viele Astronomen ist ein Venustransit hauptsächlich von historischer Bedeutung. Nicht so für Jan Stenflo und seine Gruppe vom Institut für Astronomie der ETH Zürich (03). Sie werden am Istituto Ricerche Solari Locarno (IRSOL) (05) während des Transits Polarisationsbilder der Venusscheibe und ihrer unmittelbaren Umgebung aufzeichnen. Für das Experiment wird das an der ETH entwickelte Polarimetriesystem „Zurich Imaging Polarimeter“ (ZIMPOL) (06) eingesetzt. Das ZIMPOL ist der Beitrag der ETH in einem internationalen Konsortium, das sich an der Entwicklung von Instrumenten für das „Very Large Telescope“ (07) des „European Southern Observatory“ (08) beteiligt.


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Der Planet Venus vor der Sonne (Bild: European Southern Observatory)

Suche nach extrasolaren Planeten

Ziel des Konsortiums ist die Suche nach Planeten, die andere Sterne umkreisen. Diese sind nicht einfach zu finden, denn gewöhnlich überstrahlen Sterne das abgestrahlte Licht ihrer Planeten millionenfach. Trotzdem könnte es mit dem ZIMPOL möglich sein, den winzigen Anteil des Planeten im Gesamtlicht eines Sterns ausfindig zu machen.

Das ZIMPOL nutzt die Tatsache, dass das in einem 90°-Winkel durch einen Planeten gestreute Licht polarisiert ist – im Gegensatz zum direkten Licht der Sterne. Dieses polarisierte Licht soll nun gemessen werden. Oder in der Fachsprache: es wird die polarimetrische Signatur von Planeten detektiert. Die Idee ist zwar nicht neu, doch erlaubt das ZIMPOL die Aufzeichnung von Polarisationsbildern mit höherer Genauigkeit, als es andere Polarimetriesysteme können.

„Der Venustransit bietet eine interessante und willkommene Gelegenheit die neue Instrumentierung zu testen – obwohl die Streugeometrie und andere Bedingung während des Transits keineswegs den Bedingungen bei der Planetensuche entsprechen“, erklärt Stenflo. Falls die Messung etwas ergebe, könnten in einem nächsten Schritt aus der Art des polarisierten Streulichts Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Venusatmosphäre gezogen werden.

Live-Übertragung

Astronomie-Liebhaber können den Venustransit und den ZIMPOL-Test am Dienstagmorgen ab 7:15 Uhr live auf dem Internet verfolgen (09). Die Übertragung erfolgt zum einen in Weisslicht aus dem Sonnenturm der ETH Zürich (10). Andererseits sind auch Bilder im H-Alpha Licht aus dem IRSOL (05) zu sehen. Das Sonnenlicht durchläuft hier einen Filter, der nur die Spektrallinie des Wasserstoffs bei 6562.8 Ångstrom durchlässt. Diese Strahlung kommt im Gegensatz zum Weisslicht aus den oberen Schichten der Sonne, der Chromosphäre, und macht Gasjets, Feuerzungen, Wolkenbildungen sichtbar.

Protuberanz im H-Alpha-Licht, aufgenommen im Jahr 2001 (Bild: IRSOL) gross

Dies ist ein Abbild der Sonne, wie sie in H-Alpha zu sehen wäre. (Bild: Courtesy National Solar Observatory/Sacramento Peak) gross

Über eine Web-Cam am IRSOL können die Wissenschaftler direkt bei ihren Messungen beobachtet werden. Um 10:00 wird Jan Stenflo von Michele de Lorenzi, Projektleiter von ETH World, in einem Live-Interview aus Locarno nach einer ersten Einschätzung über die laufenden polarimetrischen Messungen gefragt.


Kontaktzeiten für Beobachtende in Zürich
auflistungszeichen 1. Kontakt: Die Venus berührt die Sonnenscheibe im solaren Osten: 7:20:02 MESZ
auflistungszeichen 2. Kontakt: Die Venus ist erstmals ganz vor der Sonne: 07:39:50 MESZ
auflistungszeichen Mitte: Halbzeit des Venustransits: 10:22:45 MESZ
auflistungszeichen 3. Kontakt: Die Venus erreicht den gegenüberliegenden Sonnenrand im solaren Westen: 13:04:10 MESZ
auflistungszeichen 4. Kontakt: Die Venus verlässt die Sonnenscheibe. Der Transit ist zu Ende: 13:23:36




Fussnoten:
(01) Animation von Arnold Barmettler: www.CalSKY.com
(02) Animation von Roland Boninsegna: www.vt-2004.org/
(03) Institut für Astronomie: www.astro.phys.ethz.ch/
(04) Venus in der Sonne, von Jürgen Giesen: www.GeoAstro.de
(05) IRSOL: www.irsol.ch
(06) ZIMPOL: www.astro.phys.ethz.ch/instrument/zimpol/zimpol_nf.html
(07) VLT: www.eso.org/outreach/ut1fl/
(08) ESO: www.eso.org/
(09) Live-Übertragung: www.venustransit.ethz.ch/
(10) Sonnenturm: www.astro.phys.ethz.ch/edu/apk/sonnenturm/instrument_nf.html



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