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Rubrik: Forum
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Publiziert: 08.04.2005 06:00

Zum Forumsbeitrag von Christoph Schär, 6.4.05
Landwirtschaft und Treibhausgase

Von Kurt Signer

Christoph Schär, ETH-Professor für Hydrologie und Klimatologie, behauptet in aller Kürze und ohne Quellenangaben, dass der Anteil der Landwirtschaft an der Emission von Greenhouse Gasen lediglich 10 Prozent für die Schweiz und 6 Prozent für die globalen Verhältnisse sei. Das ist gemäss den letzten Angaben der UNO und der EU unrichtig und führt die Massnahmendiskussion in eine falsche Richtung.

1. Der im März 05 erschienene (auf der Homepage der UNO ersichtliche ) Bericht der UN Statistic Division hält eindeutig fest, dass der Anteil der Landwirtschaft an den Greenhouse-Gasen (CO2, CO, SO2, CG4, N2O, CH4, HFKW, FKW, SF6) 52 Prozent der gesamten Weltbelastung beträgt. Im Kyoto Protokoll ist in Art.2 iii), Art .10 i) und Anhang A ausserdem sehr klar die bedeutende Rolle der Landwirtschaft als Quelle der Greenhouse-Gase festgehalten.

2. Das Annual European Community Greenhouse Gas Inventory 1990-2002 hält fest, dass 2002 in der EU-15 für Industrieprozesse 247'601, jedoch für die Landwirtschaft 602'450 Tsd. t CO2 Äquivalente emittiert wurden. Mit der EU-Erweiterung dürfte der landwirtschaftliche Anteil noch wesentlich steigen.

3. Die Schweiz besitzt bis dato keine dem IPCC entsprechende statistische Evaluation der Quellen für Greenhouse-Gase, im Gegensatz zu anderen Ländern. Das staatliche Statistische Institut der Türkei zum Beispiel hat diese Statistik zu Handen der UNO soeben erstellt. Daraus geht klar hervor, dass die Landwirtschaft mit weit über 50 Prozent die Spitze der Emissionen von CH4 und N2O anführt. Ein grosser Anteil der Brandrodung und Abfallverbrennung sowie ein Transportanteil der Landwirtschaft an der CO2-Produktion ist zudem einzurechnen.

Damit scheinen die Werte von Herrn Schär unwahrscheinlich. Ohne auf eine quantitative Diskussion eingehen zu wollen, müssen doch die grossen Unterschiede Fragen aufwerfen und bedürfen einer Erklärung. Hauptgrund dürfte die unterschiedliche Systemabgrenzung sein. Zur Landwirtschaft gehören:

- Gemäss IPCC: enterische Fermentation, Düngerwirtschaft, Reisanbau, landwirtschaftliche Böden, traditionelles Abbrennen von Grasland, offene Verbrennung von landwirtschaftlichen Rückständen.

- Dazu kommen: Anteile am Verkehr, am Verlust von Waldflächen (meist) an die Landwirtschaft (15Prozent der globalen Treibhausgasemissionen), Änderung der Flächennutzungen, Auftauen von Permafrostzonen (Methangas) und deren Bearbeitung, Abfallwirtschaft, Chemieanteile, Industrieanteile, die immer noch andauernde Gebirgsbildung etc.

Wenn die Landwirtschaft aus ihrem Zusammenhang genommen wird, wie das leider heute üblich ist, dann können Werte zustande kommen, wie sie Herr Schär anführt. Angesichts des ständigen weltweiten Anstieges der Greenhouse-Gase ist eine solche Unterschätzung der Landwirtschaft als Verursacher nicht akzeptabel. Wir zahlen in der Schweiz pro Jahr 4 bis 7 Milliarden Franken direkte und indirekte Subventionen an 68'000 landwirtschaftliche Betriebe, d.h. an jeden pro Jahr ca. 70'000 Franken. Da sollte auch der Klimatologe seine Systemgrenzen realistisch anlegen, wie ich es als alter Klosterschüler noch gelernt habe.





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