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Publiziert: 26.03.2007 06:00

Überforderte Professoren?
Überforderte Professoren

Von Marco Baschera

Ich möchte nicht auf den Tonfall eingehen, den Herr Severin Hacker in seiner Antwort auf Herrn Kleisers Kolumne über den Umgang mit Sprache angeschlagen hat. Die Replik von Floris Tschurr sollte eigentlich dazu genügen.

Ich möchte hingegen auf den von Herrn Hacker gemachten Vergleich zwischen Englisch und Latein als Wissenschaftssprachen kurz eingehen. Das Mittellatein war in der Tat während Jahrhunderten die Wissenschaftssprache Europas. Sie war vor allem eine geschriebene Sprache einer schmalen Elite von europäischen Gelehrten und als solche bezog sie sich auf einen Kanon von klassischen Texten aus der römischen Antike. Aufgrund dieser Tradition wurde in der Ausbildung dieser Elite viel Wert auf Rhetorik und Grammatik, d.h. auf eine intensive Pflege dieser Sprache und des präzisen sprachlichen Ausdrucks, gelegt. Latein war im Mittelalter sicher keine Umgangssprache. Es war also nicht dem Verschleiss ausgesetzt, wie das heuzutage vor allem das globale Englisch betrifft. Dies erklärt die relativ hohe Konstanz des Lateins in der Zeit. Das globale Englisch hingegen ist einerseits stark von der Mündlichkeit und andererseits von den modernen Kommunikationsmitteln her geprägt, welche ebenfalls einer extremen Kurzlebigkeit ausgesetzt sind.

Weiter ist die Tatsache bedenkenswert, dass das, was wir heute als Wissenschaften bezeichnen, erst mit dem selbstbewussten Auftreten der Nationalsprachen im 15. und 16. Jahrhundert aufkam. Die Verdrängung des Lateins durch die europäischen Einzelsprachen war z.B. eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung der Idee des wissenschaftlichen Fortschritts. Durch das globale Englisch als Wissenschaftssprache wird dieser Prozess eigenartigerweise wieder rückgängig gemacht. Es entsteht wiederum eine einzige Wissenschaftssprache. Die Frage muss erlaubt sein, ob diese Entwicklung den Wissenschaften selber dient. Der Wunsch nach "Exzellenz" einer Hochschule darf nichts mit Fehlen von (Sprach-)Reflexion zu tun haben, sonst stellt er sich gleich von Anfang an selbst in Frage.





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