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Publiziert: 08.06.2005 06:00

Abstimmungsbedürftiger Kalender
Folgen des neuen Studienkalenders

Von Matthias Baltisberger, D-UMNW

Leserbrief zum Artikel "Abstimmungsbedürftiger Kalender" im ETH Life vom 7.6.2005

Der Artikel wurde geschrieben aufgrund einer Diskussion, an der ich selbst beteiligt war. Selbstverständlich kann dieser Artikel nicht alle im Gespräch eingebrachten Überlegungen und Vorbehalte aufnehmen. Deshalb scheint es mir wichtig, die im Gespräch nicht oder nur marginal diskutierten Konsequenzen des Beschlusses der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS) an dieser Stelle darzulegen.

Zumindest im Kanton Zürich gibt es Mittelschulen, die ihre Maturaprüfungen im September (z.T. sogar Ende September) beenden. Für Schüler dieser Schulen ist ein Anschluss an ein Hochschulstudium nicht möglich, sie verlieren deshalb ein Jahr. Dies steht im Widerspruch zum Begehren nach möglichst jungen Hochschulabsolvierenden. Zudem muss für das Medizinstudium vor Studienbeginn (und nach der Matura) eine Eignungsprüfung abgelegt werden.

Zwischen Matura und Studienbeginn besteht keine Möglichkeit, eine Rekrutenschule zu absolvieren. Wohl hat das Militär Kompromissbereitschaft in bezug auf eine Vorverschiebung der RS signalisiert. Ob eine Vorverschiebung der RS wegen einer Minderheit von männlichen Studienbeginnern politisch machbar wäre, müsste sich zeigen. Zudem müsste dann der Zeitpunkt der Maturaabschlüsse angepasst werden. Mit einer Vorverlegung der Matura würde ein Anschluss an ein Hochschulstudium trotz RS ermöglicht, damit würde aber die Mittelschulzeit verkürzt und eine eventuelle Senkung der Ausbildungsqualität der Maturanden in Kauf genommen. Denkbar wäre auch eine Verlängerung der Mittelschulzeit, was aber bildungspolitisch kaum vertretbar wäre, da dies eine Verlängerung der Ausbildung zur Folge hätte.

Zusammenarbeit mit ausländischen Universitäten ist ein wichtiges Ziel. So strebt z.B. die Universität Zürich eine enge Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität Berlin an (siehe NZZ 30.4./1.5.2005). Deutschland behält aber die alten (d.h. etwa unsere jetzigen) Semestertermine bei. Ob und wie eine enge Zusammenarbeit unter diesen Voraussetzungen stattfinden soll, ist noch offen. Dies trifft prinzipiell alle Studiengänge, insbesondere aber jene mit Bezug zur deutschen Sprache (z.B. die Germanisten), die aus fachlichen Gründen nicht auf andere Länder ausweichen können.

Studiengänge mit engem Bezug zu Vegetationsperioden (z.B. Agronomie, Biologie, Pharmazie, Umweltwissenschaften) sind darauf angewiesen, dass im Rahmen von Unterricht und Forschung (die ja immer mehr in den Unterricht einfliessen soll) Feldarbeiten durchgeführt werden können. Dabei sind die meisten Veranstaltungen auf die genügende Entwicklung der Vegetationen und ihrer Einflussparameter (Mikroorganismen, Tiere, Boden, etc.) angewiesen. Die Feldsaison kann im Tiefland deshalb erst ab Mitte April beginnen und dauert bis in den Sommer hinein. Zudem finden viele Veranstaltungen und Untersuchungen im Gebirge statt, wo der Saisonstart später erfolgt. Diese Veranstaltungen finden im Juni und Juli statt (dies trifft übrigens auch auf die Geologie zu). Wenn diese Zeit nicht mehr im Semester ist, wird ein natürlicher Standortvorteil der Schweiz mit den beiden grossen Gebirgen der Alpen und des Jura aufgegeben. Ein Ersatz durch theoretischen Unterricht kann nicht ohne Verlust an Qualität und Nachhaltigkeit angeboten werden. Auch noch so gute Bücher oder E-Learning-Tools können die persönliche, direkte Arbeit an den Studienobjekten nicht ersetzen.

Die Zeit zwischen WS und SS (Weihnachten bis Mitte Februar) ist weiterhin sehr kurz, sie wird zudem durch die Festtage (Weihnachten, Neujahr) weiter verkürzt. Etwa Mitte Januar beginnt die Prüfungssession, die mit Semesterbeginn Mitte Februar enden muss. Diese Konstellation macht diese Zeit zwischen den Semstern zu einer sehr ungünstigen Lernphase. Und doch sollen gemäss Bologna die Studierenden wegen der geforderten Mobilität die einzelnen Semester mit den dazugehörenden Prüfungen abschliessen.

Jungen Hochschulangehörigen mit Familie (insbesondere mit schulpflichtigen Kindern) werden Familienferien sehr erschwert. Frühlings- und Herbstferien fallen vollständig in die Semester, die Sportferien je nach Wohnort ebenfalls. Und in den Sommerferien finden dann Prüfungen statt. Einzig während der Weihnachtsferien können somit Dozierende mit Kindern vollständig unbelastet von der Hochschule fernbleiben und Ferien machen.

Da es leider scheinbar unabwendbar ist, dass die neuen Semesterdaten kommen, sind Ideen zur Milderung der negativen Auswirkungen gefragt. So gäbe es z.B. für den Unterricht in Systematischer Botanik die (allerdings kaum ernst gemeinte) Möglichkeit, die Exkursionen auch im Winterhalbjahr durchzuführen – dann allerdings auf der Südhemisphäre; Voraussetzung dafür wäre allerdings die entsprechende finanzielle Unterstützung (vielleicht 200 kFr. pro Jahr). Eine echter Kompromiss wäre die Verschiebung des Sommersemesters um 2 bis 3 Wochen: Das Sommersemester würde dann nicht bereits Mitte Februar, sondern erst anfangs März beginnen und somit bis etwa Mitte Juni dauern. Eine Harmonisierung wäre immer noch möglich, wenn alle betroffenen Schweizer Institutionen mitmachen. Und da die Universitäten im Ausland mit ihren Se- oder Trimestern sowieso nicht alle zum gleichen Zeitpunkt starten, würde diese Verschiebung die Mobilität der Studierenden kaum beinträchtigen. Sie würde aber eine wesentliche Entschärfung einiger Probleme bringen: Die Vegetationsperiode würde damit wenigstens noch ein bisschen ins Semester fallen. Zudem würden die beiden Semesterferien in ihrer Dauer etwas angeglichen, was für die Prüfungen ein wichtiger Vorteil wäre.





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