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Publiziert: 04.05.2006 06:00

"Das Monster zähmen"
Bildungsfinanzierung nach Adam Smith

Von Reto Bader

Der UBS-Verwaltungsratspräsident hat uns kürzlich an Adam Smith, den Begründer der Volkswirtschaftslehre erinnert, als er sein als zu hoch kritisiertes Gehalt quasi als Grundlage unseres Fortschritts rechtfertigte. Was dem schweizerischen Top-Banker recht ist, soll mir billig sein. In der Tat hat Adam Smith auch viel über Bildungssysteme und deren Finanzierung nachgedacht. Hier ein Auszug aus dem 5. Buch von „Reichtum der Nationen“ über die Vergabe Institutions-gebundener Stipendien zur Finanzierung von substanziellen Studiengebühren nach einem Modus, wie er auch vom ETH-Ratspräsidenten immer wieder propagiert wird.

„Die milden Stiftungen von Stipendien aller Art ziehen eine gewisse Anzahl von Studierenden nach bestimmten Lehranstalten, ohne dass dabei in Betracht kommt, ob die Lehranstalten gut sind oder nicht. Würde es den Studenten, die solche milde Stiftungen geniessen, freigestellt, welche Lehranstalt sie wählen wollen, so könnte diese Freigebung vielleicht dazu dienen, unter den verschiedenen Lehranstalten einen Wetteifer zu erwecken. Eine Verordnung aber, welche selbst den unabhängigen Mitgliedern jeder einzelnen Lehranstalt verbietet, sie zu verlassen und ohne zuvor dazu die Erlaubnis der Lehranstalt, welche sie verlassen wollen, nachgesucht und erhalten zu haben, auf eine andere zu gehen, muss diesen Wetteifer geradezu unterdrücken. Wenn in einer Lehranstalt der Lehrer oder Professor, der jeden Studierenden in den Künsten und Wissenschaften zu unterrichten hat, nicht von den Studierenden selbst freiwillig gewählt, sondern von dem Vorsteher der Anstalt ernannt würde, und wenn der Studierende, im Falle sein Lehrer nachlässig, ungeschickt oder grob wäre, ihn doch nicht ohne nachgesuchte und erhaltene Erlaubnis mit einem anderen vertauschen dürfte, so würde eine solche Einrichtung nicht nur allen Wetteifer unter den verschiedenen Lehrern einer und derselben Anstalt vernichten, sondern bei allen die Nötigung zum Fleisse und zur Sorgfalt für ihre Zöglinge fast ganz aufheben. Solche Lehrer können dann, wenn sie auch von ihren Zuhörern sehr gut bezahlt werden, dennoch ebenso leicht in Versuchung kommen, dieselben zu vernachlässigen, wie andere, die gar nicht von ihnen bezahlt werden und ausser ihrem Gehalte kein weiteres Einkommen beziehen.“

Die Unterwerfung von Bildungseinrichtungen unter die Mechanismen eines Marktes können also nur dann funktionieren, wenn der Markt auch tatsächlich ein freier Markt ist, und zwar in erster Linie aus Sicht der Studenten. Es ist mir völlig unklar, wie diese Voraussetzung in der Schweiz besser realisiert werden soll, als sie es heute bereits ist. Ferner ist zu beachten, dass ein „Bildungsmarkt“ wegen der langfristigen Natur der getätigten Investitionen relativ unflexibel ist. Ebenso wenig passt das von der ETH immer wieder geforderte Recht, ihre Studienplätze mittels Studiengebühren und Stipendien zu regulieren, ins Bild. Wenn ein „Bildungsmarkt“ langfristig dem Fortschritt dienlich sein soll, muss er tendenziell ein Überangebot an Möglichkeiten bieten, und darf nicht nach amerikanischem Vorbild in einen Kampf um limitierte Studienplätze an vergleichsweise wenigen "Prestige-Unis" mit Monopolstatus entarten.





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