|
Rubrik: Forum |
Print-Version
Zurück zum Ausgangstext |
Geisteswissenschaften wozu? --- |
Walter Gander Walter Gander, Sie interessieren sich als Informatikprofessor für das Lösen von Problemen in Naturwissenschaft und Technik mit Hilfe von Mathematik und Computer. Sehen Sie Bereiche, in denen die Geistes- oder Sozialwissenschaftlern Ihnen bei Ihren Aufgaben nützlich sein könnten? Oder halten Sie einen solchen Spagat zwischen Natur- und Geistes- bzw. Sozialwissenschaften gar nicht für sinnvoll? Gander: Heute besteht die Gefahr, dass allzu schnell nur nach dem Nutzen, nach Anwendungen, nach der Rendite einer Tätigkeit gefragt wird. Forschungsgelder werden gerne für kurzfristige Erfolge der "nützlichen", im voraus geplanten angewandten Forschung gesprochen und müssen mit "zweckloser" Grundlagenforschung, Bildung im weitesten Sinne und allgemeinem Erkenntniszuwachs geteilt werden. Darunter leiden momentan die Geisteswissenschaften, die im allgemeinen wenig "marktwirksame" Produkte erzeugen. Bei meiner Tätigkeit waren bisher die Geistes- oder Sozialwissenschaftler nicht direkt "nützlich". Wir beschäftigen uns mit Problemen, die bereits mathematisch modelliert und soweit auf eine technische Stufe abstrahiert wurden, dass wir unsere Lösungsmethoden des wissenschaftlichen Rechnen anwenden können. Die Probleme unserer Welt können jedoch offensichtlich nicht nur durch einen solchen technischen Ansatz angegangen werden. Alle Menschen sind gefordert, darüber nachzudenken und auf ihre Weise mitzuhelfen, auch die Geistes- und Sozialwissenschaftler. "Nützliches" technisches Wissen kann kaum dazu beitragen, soziale Ungerechtigkeit und Ausbeutung, verantwortungslosen Umgang mit der Natur und durch Ideologien fehlgeleitete Politiker, Fanatiker oder Terroristen zu eliminieren. In diesem Bereich ist die Arbeit der Geistes- und Sozialwissenschaftler sicher sehr "nützlich". Walter Gander, Departement Informatik | |
Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen. |