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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Baracken statt Beton |
Von Albert Kündig Sehen Sie fern? Kennen Sie Viktor's Spätprogramm? Ja - dann kennen Sie auch Dr. Stolte-Benrath, den Experten! Allein schon sein Name verhilft ihm zur Aura des Experten. Und falls Ihnen, lieber Leser, der Name Meier oder Müller in die Wiege gelegt wurde, haben Sie wahrscheinlich auch schon neidisch beobachtet, dass es Leute mit klingenden Namen wie Amédé L'Olive d'Épinard vergleichsweise leichter haben, in unserer Erinnerung zu bleiben. Das schöne in der heutigen Zeit der Firmenfusionen, Forschungsschwerpunkte und der virtuellen Welten ist nun, dass wir unseren Schöpfungen selber klingende Namen verleihen können - Namen, die Hoffnungen wecken, Vertrauen vermitteln, Erfolg erwarten lassen und womöglich etwas mit den Eigenschaften des Artefakts zu tun haben, das wir etikettieren. Eine solche Meisterleistung der Namengebung ist mit dem geplanten Gebäude auf dem Hönggerberg gelungen: HIT. Ein Hit! Wer mit der Systematik der ETH-Gebäudebezeichnungen vertraut ist, stellt zudem mit Befriedigung fest, dass das Gebäude ein anerkannt zukunftsträchtiges Gebiet beherbergen wird: IT - Informationstechnologie. Die Technologie also, die uns nach SMS und E-Commerce vollends erlauben wird, in virtuelle Welten abzuheben. Dazu soll im HIT insbesondere ein FutureLab untergebracht werden, eine Einrichtung also, die - wie ihr Name impliziert - der Erforschung der Zukunft dient. Ich finde dies eine an sich gute Idee, bin ich doch persönlich überzeugt, dass Informationstechnologien unser Leben und unsere Gesellschaft noch ganz gehörig umkrempeln werden, wohl im Verbund mit anderen Disziplinen wie z.B. den Biotechnologien.
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Nur: Müssen wir für diese Zukunftswerkstatt bereits in Beton investieren, müssen wir uns bereits darüber unterhalten, ob Professorenbüros ein Lavabo kriegen sollen? Sollten wir der Zukunftswerkstatt nicht viel eher einen äusseren Rahmen geben, der durch seine provisorische Natur zum Improvisieren anregt, zur Beschreitung unkonventioneller Gedankenwege? In diesem Sinne träume ich von einem mutigen Entscheid, zunächst einmal auf das HIT-Areal nur einige Baracken zu stellen. Investiert würde dafür in das vielgerühmte Humankapital, indem verschiedene Departemente ihre wenn möglich besten Kandidaten zu einer Art multidisziplinären Gruppen-Doktorarbeit delegieren würden. Ziel wäre nicht mehr und nicht weniger als zu ergründen, wie die neuen Informationstechnologien andere Disziplinen verändern, wie durch Mutationen und Kreuzungen neue Disziplinen entstehen, und welche Konsequenzen dies für die Organisation der Hochschule haben könnte. Erst dann können wir doch ein Raumprogramm erstellen, das in Beton festgeschrieben wird! PS.: Mir ist natürlich bewusst, dass das Departement Informatik wirklich dringend mehr Raum braucht, wenn die immer zahlreicheren Studierenden eine gute Arbeitsumgebung vorfinden sollen. Da namentlich mit dem Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik sehr intensive Zusammenarbeiten im Unterricht wie auch in der Forschung bestehen, ist die nunmehr vorgeschlagene Lösung - räumliche Teilung des D-INFK - leider ausserordentlich fragwürdig. Auch wenn Telekommunikation zu meinem Beruf gehört - ich bin überzeugt, dass eben diese räumliche Nähe das beste Stimulans für eine fruchtbare Zusammenarbeit ist. Kommunikation bedeutet eben nicht nur E-Mail und Desktop Videoconferencing - Kommunikation bedeutet auch, die Kaffeemaschine und die Pausenecke zu teilen. |
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