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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 15.06.2005 06:00

Was erfolgreiche Menschen wissen müssen

Von Rita Hermanns

Die Ausstellung "Welten des Wissens" war meiner Ansicht leider viel zu kurz und auch gerade noch in den Frühlings-Schulferien. Am Wochenende bildeten sich Menschenschlangen wie zu den besten Zeiten der Schweizer Expo. Also offensichtlich ein Erfolg auf der ganzen Linie - Glückwunsch. Wer will nicht sein Wissen auffrischen oder aufbessern in den unterschiedlichsten Bereichen unseres Lebens, unserer Umwelt, unseres Universums?

Vor allem Interessierte ausserhalb der ETH hatten hier Gelegenheit zu sehen, zu hören und zu verstehen, was es genau mit Erdbeben auf sich hat oder was der Kreisel aus Kindertagen mit der Vermessung des Gotthard-Basistunnels zu tun hat. Schliesslich reicht nicht nur Fachwissen aus, um beruflich erfolgreich zu sein. Neben der viel beschriebenen (leider nicht immer anzutreffenden) emotionalen Intelligenz ist ein gewisses Mass an Allgemeinbildung dringend von Nöten.

Aber was, wenn man sich in frühen Kindertagen lieber raufend, spielend oder Karl May lesend seine Freizeit um die Ohren geschlagen hat anstatt Museen und Kinderuniversitäten zu besuchen? Wenn man im Teenageralter träumend die Zeit verbrachte anstatt sich Projekten wie "Jugend forscht" oder dem intensiven Studium von "Homo faber" zu widmen? Schliesslich entwichen dem Langzeitgedächtnis auch noch während des Studiums die letzten Textzeilen vom "Erlkönig" und schon ist sie dahin, die gute Allgemeinbildung.

Also nichts wie nachgeholt. Die Frage ist nur, wo? Das Wissen über die Welt zerfällt immer schneller in immer kleinere, immer komplexer verwobene Teilgebiete. Die Summe der veröffentlichten Informationen verdoppelt sich schätzungsweise alle fünf, vier oder alle drei Jahre - die Meinungen gehen hier auseinander. Unmöglich, gegen diese Woge anzuschwimmen.

Es gilt eine Auswahl zu treffen, eine Antwort zu finden auf die Frage, wie viel und vor allem welches Wissen wir benötigen. Haben die Leute Recht, die Basiskenntnisse in mittelalterlicher Geschichte und klassischer Literatur für unverzichtbar halten? Oder schlägt das Pendel eher zum Soziologieprofessor Wolfgang Lepenies hin aus, der spottete: "Die Gebildeten sind bei uns bis heute davon überzeugt, dass einem Manager auch die schlimmste Pleite verziehen werden darf, wenn er nur Schillers 'Bürgschaft' hersagen kann"?


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Expertin für Geotechnik, Unternehmerin und derzeit "ETH Life"-Kolumnistin: Rita Hermanns Stengele

Auf jeden Fall ist für mich eine Auffrischung oder Erweiterung des Wissens durch so anschauliche Projekte wie die "Welten des Wissens" oder das "Technorama" die angenehmere und kurzweiligere Art und Weise. Also habe ich bereits den nächsten Freitag vorgemerkt, um mit meiner Tochter die "Nacht der Physik" zu erleben. Vielleicht geht mir dann auch bei der einen oder anderen Frage in den unterschiedlichsten Bereichen der Allgemeinbildung ein Licht auf.


Zur Autorin

Sie ist es gewohnt, ihren Weg abseits des Mainstream zu gehen. Aufgewachsen in der Lüneburger Heide, war Rita Hermanns Stengele eigentlich ein Sozialberuf vorgezeichnet. Sie entschied sich aber für ein Bauingenieur-Studium in Braunschweig, als eine von damals ganz wenigen Frauen. An die ETH kam sie Ende der achtziger Jahre über ihr Spezialgebiet Altlastensanierung und Deponietechnik, das in der Schweiz rasch an Aktualität gewann. 1992 erfolgte das Doktorat im Fachbereich Geotechnik, dann der Schritt in die Wirtschaft und 1997 die Berufung zur ETH-Assistenzprofessorin für Umweltgeotechnik. Mit dem Tonmineralogischen Labor der ETH führte Rita Hermanns Stengele einen ausgewachsenen Betrieb mit fünf Doktoranden.

Kürzlich hat die Mutter einer zehnjährigen Tochter eine neue Aufgabe angepackt: die Übernahme des Zürcher Beratungsbüros für Geotechnik, Altlasten und Umwelt FriedliPartner AG. Rita Hermanns Stengele engagiert sich zudem im Vorstand des SVIN (Schweizerischer Verband der Ingenieurinnen) und beim SIA (Schweizer Ingenieur- und Architekten-Verband), wo ihr Interesse speziell dem Nachwuchs gilt. Einblick in die unterschätzte Reichhaltigkeit ihres Berufs zu geben, das sei ein Ziel, das sie auch mit Besuchen in Primarklassen im Rahmen des v.a. von der Migros getragenen „KidsInfo“ zu erreichen versucht. Mehr weiblicher Einfluss würde der nach wie vor männlich geprägten Bauwelt gut tun, meint sie. Parkhäuser, Unterführungen und andere Infrastruktureinrichtungen würden anders aussehen, wenn bei deren Konzeption mehr Frauen mitreden könnten.






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