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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 17.11.2004 06:00

Nachhaltigkeit

Von Christoph Küffer

Anfang Oktober wurde die Kenyanerin Wangari Maathai mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie wurde für ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung geehrt. Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung, auf englisch sustainability oder sustainable development, wurde einmal mehr als zukunftsweisend anerkannt. Am Umweltgipfel 1992 in Rio wurde Nachhaltigkeit als ein Leitprinzip der UNO verankert. Eine globale Strategie, die Agenda 21, wurde verabschiedet. Die Schweizer Bundesverfassung erklärt Nachhaltigkeit zu einem Staatsziel. 100 Gemeinden, die einen Viertel der Schweizer Bevölkerung repräsentieren, haben lokale Nachhaltigkeitsprozesse initiiert.

Zwei Einsichten bilden den Kern von Nachhaltigkeit:

1. Die natürlichen Ressourcen sind endlich. Der Umweltverbrauch kann nicht unbegrenzt anwachsen. Eine nachhaltige Entwicklung basiert auf der begrenzten und effizienten Nutzung von Umweltgütern und deren gerechten Verteilung innerhalb und zwischen den Generationen.

2. Nachhaltige Lösungsansätze erfordern eine holistische Betrachtungsweise, welche soziale, ökonomische und ökologische Aspekte gleichermassen einbezieht. Die Themen und Ziele von Nachhaltigskeitsstrategien lesen sich wie eine umfassende Wunschliste für eine bessere Welt: gerechte Einkommensverteilung, Beseitigung der Armut, Friedensförderung, hohe Lebenserwartung, Trinkwasserversorgung, Schadstoffbelastung, Klima- und Energiepolitik, Naturschutz, Arbeitsplätze, Frauenförderung, Bildung, Gewalt, psychisches Wohlbefinden etc. Es verwundert nicht, dass Nachhaltigkeit oft als nichtssagender Gummibegriff kritisiert wird.

Dieser umfassende Anspruch ist jedoch die Stärke des Nachhaltigkeitskonzepts. Nachhaltigkeit erinnert an die Verflechtung von Handlungen sowohl lokal als auch global, und fordert eine gesamtheitliche Perspektive. Geht zum Beispiel in der Schweiz die landwirtschaftliche Produktion zurück, steht mehr Land für Naturschutz zur Verfügung.

Die nun zusätzlich importierten Produkte bedrohen aber möglicherweise die Artenvielfalt im Ausland mehr als zuvor die Produktion in der Schweiz. Nachhaltigkeit beinhaltet wichtige Werte wie Respekt für die Natur oder geteilte Verantwortung. Insbesondere steht Nachhaltigkeit für Solidarität. Nachhaltigkeit setzt Prioritäten unabhängig von Machtverhältnissen.


Zur Person

Palmen, azurblaues Meer, und tropische Urwälder gehören zu seinem Arbeitsalltag. Seit zwei Jahren forscht Christoph Küffer, Doktorand am Geobotanischen Institut der ETH, auf den Seychellen zur Biologie invasiver Gehölzpflanzen. Daneben arbeitet er im Umweltministerium und als Berater verschiedener Umweltschutzorganisationen. Zudem betreut er ein "seed sustainability"-Projekt zu nachhaltigem Tourismus.

Als Küffer 1994 ein Studium der Umweltnaturwissenschaften begann, hätte er nicht gedacht, dass er 10 Jahre später immer noch an der ETH arbeiten würde. Heute engagiert er sich in den Bereichen Transdisziplinarität und Nachhaltigkeit. Nach dem Studium hat er ein Jahr am Collegium Helveticum an der ETH verbracht; in dieser Zeit hat er auch mit Kollegen die Projektplattform "seed sustainability" aufgebaut.

Schreiben war schon öfters eine Ausflucht aus der Objektivität der Wissenschaften. Als Student war Küffer Redaktor der Studierendenzeitschrift "der NerV". Im Moment arbeitet er nebenamtlich als Redaktor des Naturschutz-Newsletters "Kapisen" in den Seychellen. Deshalb freut er sich nun auch auf seine "ETH Life"-Kolumne. Die abendliche Strandlektüre des abonnierten New Scientist wird ihm aktuelles Material liefern.




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ETH-Doktorand Christoph Küffer forscht auf den Seychellen. gross

Das bedeutet zum Beispiel, dass eine effektive Malaria- und AIDS-Bekämpfung in Entwicklungsländern in der medizinischen Forschung höchste Priorität erhalten sollte. Nachhaltigkeit steht für eine gesamtheitliche Perspektive, welche Wechselwirkungen beachtet, Interessen abwägt und Synergien sucht. Das Nobelpreiskommittee lobte Wangari Maathai insbesondere für ihren holistischen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung, welcher Demokratie, Menschenrechte und die Rechte der Frauen einschliesse.

Ich habe mein ETH-Studium zwei Jahre nach dem Umweltgipfel in Rio begonnen. Der Begriff Nachhaltigkeit hat meine 10 Jahre an der ETH geprägt. Im Moment forsche ich auf den Seychellen. Auf wenigen 100 Quadratkilometern mitten im Ozean spürt man die Knappheit der Ressourcen täglich. Im Zentrum meiner Kolumnen stand für mich die Frage, wie Forschung an der ETH einen Beitrag zu einer globalen, nachhaltigen Entwicklung leisten kann. Im nächsten Jahr wird die ETH ihr 150-jähriges Jubiläum feiern und nach ihrer zukünftigen gesellschaftlichen Rolle fragen. Das Jubiläum trifft mit dem Beginn der UNO-Dekade für Bildung für Nachhaltige Entwicklung zusammen. Ein gutes Omen für die nächsten 150 Jahre der ETH.

Ich wünsche mir für das ETH Jubiläum insbesondere, dass die ETH verstärkt ein offener Begegnungsort wird, welcher möglichst viele und verschiedene Leute zum Mitdenken einlädt, und Kritik zulässt und fördert. Sowohl Nachhaltigkeit als auch die Entwicklung von modernen Technologien erfordern eine verstärkte, kritische Partizipation der Bevölkerung. Deshalb habe ich als Abschluss meiner Kolumnen ein WIKI eingerichtet. Ein WIKI ist eine Internetseite, welche von jedem Benutzer nach Belieben geändert werden kann. Das Thema: ,Der Beitrag der Wissenschaften und der ETH zu einer nachhaltigen Entwicklung: Phantasien, Visionen, Ideen, Fragen, Klärungen, Kritik'. Ich freue mich während eines Monats auf Ihre Beiträge!


Das Wiki

Ein Wiki ist ein webbasiertes Autorensystem, bei welchem alle BesucherInnen alle Seiten verändern dürfen. Das Konzept von Wiki ist vollständige Offenheit bei absolut einfacher Bedienung. Jegliche Hürden zum Mitmachen sollen wegfallen. Mehr Infos unter (1)

Das ETH Life Wiki steht zum Thema dieses Artikels bis am 16. Dezember 2004 zum Mitmachen zur Verfügung. Nach diesem Zeitpunkt werden die Inhalte nur noch zum Lesen zugänglich sein.

Zum Wiki




Fussnoten:
(1) Ein Bericht zum Thema Wiki: www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14736/1.html



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