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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 02.06.2004 06:00

It’s a man’s world!

Von Brigitte Manz-Brunner und Carla Zingg

Warum steigen viele Frauen nach dem Postdoc aus der Wissenschaft aus? Die üblichen Antworten wie: „Es gibt zu wenig Frauen“, „Frauen wollen nicht“ oder: „Frauen sind zu wenig karriereorientiert“ liefern keine vollständige Erklärung. Die Gründe liegen auch in der Kultur der Wissenschaft.

Wissenschaft wird mehrheitlich von Männern gemacht. Männer definieren, was Wissenschaft ist. Wissenschaft funktioniert nach Kriterien, die Männern entsprechen oder besser gesagt, Kriterien die man Männern zuschreibt. Es gibt keine formalen Ausschlusskriterien für Frauen. Auch an den intellektuellen Voraussetzungen der Frauen liegt es nicht, oder wollen Sie etwa behaupten, dass Frauen dümmer sind als Männer?

Der Knackpunkt liegt anderswo, nämlich im Bild, das man sich von einem hervorragenden persönlichen Potential macht. Was zeichnet einen Crack aus? Wie stellt man sich einen echten Crack vor? Ein Crack ist selbstverständlich blitzgescheit, verbringt die meiste Zeit mit der Arbeit, publiziert viel und nur in renommiertesten Zeitschriften, jettet um die ganze Welt von Konferenz zu Konferenz, sitzt in den wichtigsten Gremien, kurz: er lebt für die Wissenschaft.


Zu den Personen

Brigitte Manz und Carla Zingg leiten im Jobsharing seit 2000 die Stelle für Chancengleichheit an der ETH. Beide sind ETH-Absolventinnen: Brigitte Manz hat Agronomie studiert, Carla Zingg ist Forstingenieurin. Es gehe heute beim Thema Gleichstellung ganz pragmatisch um Kooperation, sagt Carla Zingg: „Die Zeiten des Geschlechterkampfs sind passé.“ Gerade an einer ETH sei an sich allen klar, dass es darum gehe, mit den besten Köpfen, egal ob Frau oder Mann, komplexe Probleme anzugehen. Doch dass die Hochschule die Frauen braucht, gerade weil sie anders sind, stösst auch ein gutes Jahrzehnt nach der Gründung der Stelle für Chancengleichheit nicht auf vorbehaltlose Zustimmung. „Seien wir ehrlich: Mit der Gleichstellungsfrage ist innerhalb der Academia kein Staat zu machen“, sagt Brigitte Manz. Es gebe stilles, aber immer noch weit verbreitetes Ja zur Männerbastion Professur. Die Hypotheken seien längst auf dem Tisch: die fehlende Integration weiblicher Lebensläufe in die akademische Karriere, wenig tragfähige Netzwerke und hartnäckige Vorurteile. Eines ihrer wichtigen Anliegen ist die Förderung weiblicher Role Models. An die ETH sollen nicht nur die besten Männer, sondern auch die besten Frauen berufen werden, fordern die Fachfrauen. Daneben ermutigt die Stelle für Chancengleichheit Akademikerinnen, sich Verbündete zu suchen, offeriert Mentoringprogramme und Informations-Events für den Nachwuchs. Aktuelles Beispiel: die Wanderausstellung zur ETH an Schweizer Gymnasien. Die „ETH Life“- Kolumnen von Brigitte Manz und Carla Zingg sind ein Spiegel ihrer Arbeitsweise; sie zeichnen gemeinsam dafür verantwortlich.




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Carla Zingg (l.) und Brigitte Manz-Brunner sind Gleichstellungsbeauftragte der ETH Zürich.

Doch nicht genug: Er ist zu all dem auch noch Chef und Mentor, schart die besten Nachwuchskräfte um sich und stachelt sie zu Höchstleistungen an, fesselt die Studierenden durch hochstehende Vorlesungen... (kann ein Mensch überhaupt so viele Erwartungen erfüllen?)

Kann eine Frau diesem Bild eines Cracks überhaupt gerecht werden? Wenn Sie jemanden anstellen oder berufen, beurteilen Sie nicht nur den Leistungsausweis dieser Person, sondern sie entwickeln auch eine Vorstellung über das Potential dieser Person. Frauen traut man diese volle Hingabe an die Wissenschaft weniger zu als Männern. Die wenigen Ausnahmen bestätigen die Regel.

Man nimmt an, Frauen würden früher oder später einen Partner haben oder gar ein Kind und unterstellt ihnen, darum weniger mobil und nicht mehr ausschliesslich für die Wissenschaft da zu sein. Mutterschaft und Erfolg in der Wissenschaft schliessen sich aber nicht aus, denn unter den 23 ETH-Professorinnen, die wir vor kurzem portraitiert haben, sind 12 Mütter.

Derartige Bilder oder Vorurteile beeinträchtigen die Wahlmöglichkeiten von Frauen und Männern. Ein Mann, der die Wissenschaft an den Nagel hängt, gilt als Versager; eine Frau die aussteigt, bestätigt dagegen das Vorurteil und erleidet keinen Gesichtsverlust. Was kann man gegen diese Vorurteile tun, die so hartnäckig sind und trotz wissenschaftlicher Studien, die sie widerlegen, nur schwer aus den Köpfen zu verbannen sind?

auflistungszeichen Sich der Vorurteile und Stereotypien bewusst werden. Besuchen Sie zum Beispiel unsere Ausstellung „DANS LA PEAU DE JEANNE – DANS LA PEAU DE JEAN" (1) und schlüpfen sie in die andere Rolle!
auflistungszeichen Mehr Frauen berufen, die als Role Models die Vorurteile widerlegen.
auflistungszeichen In regelmässigen Mitarbeiterinnengespächen Karriereambitionen und Entwicklungsmöglichkeiten ansprechen.
auflistungszeichen Die Wissenschaftskultur verändern: nicht nur Internationalität, sondern auch mehr Diversität, und keine Monokultur!


Fussnoten:
(1) Die Ausstellung "DANS LA PEAU DE JEANNE - DANS LA PEAU DE JEAN" ermöglicht "temporäre Geschlechtsumwandlungen - risikolos und chancengleich". Sie findet statt vom 8. bis 12. Juni 2004 in der Haupthalle der ETH-Hauptgebäudes, Di bis Fr: 10-18 Uhr Sa: 10-16 Uhr. Eröffnung: Montag 7. Juni 2004, 18.15 Uhr durch Brigitte Manz-Brunner und Carla Zingg, Gleichstellungsbeauftragte der ETH Zürich. Siehe auch: www.equal.ethz.ch.



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