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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 20.10.2004 06:00

Step across the border!

Von Christoph Küffer

Wie können 50 Milliarden US-Dollar am effizientesten für eine gerechtere Welt eingesetzt werden? Bjorn Lomborg, optimistischer Umwelt-Statistiker, hat diese Frage in seinem Copenhagen Consensus Projekt (CC)(1)acht Ökonomen gestellt. Die Experten haben 17 Vorschläge bewertet, welche von HIV-Prävention, über Wirtschaftsliberalisierung und Trinkwasserversorgung bis CO2-Steuer reichen.

Die Bewertung erfolgte aufgrund von Kosten-Nutzen Berechnungen. Die Zeitschrift „The Economist“ lobte das Projekt, weil es reichen Ländern erlaube, maximalen return on investment für Steuergelder zu erlangen. Es ist zweifellos richtig, dass Geldgeber bei der Projekt-Bewertung Kosten-Nutzen Überlegungen einbeziehen.

Es ist aber zynisch, mit dem Slogan „Today’s challenge – Tomorrow’s opportunity“ eine weltweite Medien-Show zu inszenieren, bei der fünf über 70-jährige Professoren von amerikanischen Universitäten (plus eine US-Professorin und zwei Professoren der Universitäten Zürich und Hong Kong) die effiziente Investition in eine gerechtere Welt vorrechnen. Sowohl die Gewinne, welche die Länder des Nordens den Ländern des Südens verdanken, als auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die sie dabei in den Ländern des Südens verursacht haben, übersteigen die diskutierten 50 Milliarden um Zehnerpotenzen.

Beim Lösen von globalen Problemen können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht ignoriert werden. Akzeptiert werden müssen sie allerdings auch nicht; es gibt Alternativen.

Der Experimentalmusiker Fred Frith reist im Film ‚Step across the border’ durch die Welt und sammelt unbekannte Töne. Traditionelle japanische Trommler, Free-Jazz-Saxophonisten, Elektro-Sounds, und über Elektro-Gitarren gestreute Linsen und Salzstengel erzeugen einen überraschenden, faszinierenden Klangteppich. „Step across the border, One foot after another. Small step to elsewhere“.


Zum Autor

Palmen, azurblaues Meer, und tropische Urwälder gehören zu seinem Arbeitsalltag. Seit zwei Jahren forscht Christoph Küffer, Doktorand am Geobotanischen Institut der ETH, auf den Seychellen zur Biologie invasiver Gehölzpflanzen. Daneben arbeitet er im Umweltministerium und als Berater verschiedener Umweltschutzorganisationen. Zudem betreut er ein "seed sustainability"-Projekt zu nachhaltigem Tourismus.

Als Küffer 1994 ein Studium der Umweltnaturwissenschaften begann, hätte er nicht gedacht, dass er 10 Jahre später immer noch an der ETH arbeiten würde. Heute engagiert er sich in den Bereichen Transdisziplinarität und Nachhaltigkeit. Nach dem Studium hat er ein Jahr am Collegium Helveticum an der ETH verbracht; in dieser Zeit hat er auch mit Kollegen die Projektplattform "seed sustainability" aufgebaut.

Schreiben war schon öfters eine Ausflucht aus der Objektivität der Wissenschaften. Als Student war Küffer Redaktor der Studierendenzeitschrift "der NerV". Im Moment arbeitet er nebenamtlich als Redaktor des Naturschutz-Newsletters "Kapisen" in den Seychellen. Deshalb freut er sich nun auch auf seine "ETH Life"-Kolumne. Die abendliche Strandlektüre des abonnierten New Scientist wird ihm aktuelles Material liefern.




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Der Sooglossus-Frosch ist einer der kleinsten Frösche der Welt. Er lebt in der Streuschicht auf dem Waldboden und piepst wie ein junger Vogel. ‚Thinking out of the box’ ist ein typisches Merkmal der Seychellen Flora und Fauna (Foto: Eva Schumacher). gross

Opportunity International (2) ist auf Kleinkredite spezialisiert. Das Motto lautet „Giving people credit, not charity“ – Hilfe zur Selbsthilfe. Ein durchschnittlicher Kleinkredit hat einen Wert von 250 Dollar und ermöglicht den Aufbau von Kleinunternehmen wie eine Bäckerei oder eine Näherei. Jemand arbeitet mit Recycling-Material. Jemand anderes hat ein Rezept für einen Soja-Cracker entwickelt. Mit 50 Milliarden US Dollar könnten 200 Millionen Projekte finanziert werden. HIV-Prävention, hierfür haben die CC-Experten 27 Milliarden Dollar vorgesehen, ist Teil jedes einzelnen Projekts.

John Cage wurde durch eine Komposition berühmt, bei der er einen Pianisten während Minuten, ohne zu spielen, vor einem Klavier sitzen liess. Musik waren einzig die Geräusche im Raum.

Unser Forschungsprojekt auf den Seychellen lebt von der täglichen Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium und verschiedenen Umweltorganisationen. Die lokalen Partner unterstützen die Forschung. Wir arbeiten bei angewandten Naturschutzprojekten mit. Diese enge Zusammenarbeit sowohl im Büro beim Entwickeln von Strategien als auch im Feld zwischen Messinstrumenten und frisch gepflanzten Bäumen, erlaubt den kontinuierlichen Wissensaustausch. Wir profitieren von Synergien. Neue Ideen entstehen. So erreichen sowohl die Forschung als auch der Naturschutz mehr als im Alleingang (3).

Für sein ‚präpariertes Piano’ befestigte Cage Objekte wie Schrauben und Plastikbänder an den Klaviersaiten und erfand dadurch ein neues Instrument.

seed sustainability (4)ermöglicht Forschungsinstituten und Praxispartnern den ‚step across the border’. Ziel sind Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung. seed sustainability begleitet Forschungsprojekte von der Entwicklung erster Ideen bis zur Umsetzung der Resultate. Die Studierenden, ihre Betreuenden (z.B. eine ETH Professorin) und die Praxispartner (z.B. eine Firma, eine Umweltorganisation, oder ein Amt) arbeiten während des gesamten Prozesses zusammen, koordiniert von seed sustainability. In den Seychellen haben bisher drei Studierende gemeinsam mit dem Tourismusministerium an einem Projekt zu nachhaltigem Ökotourismus gearbeitet. Eine Fortsetzung ist geplant.


Fussnoten:
(1) Mehr zum Copenhagen Consensu finden Sie unter: www.copenhagenconsensus.com
(2) Die Website von Opportunity international: www.opportunity.org
(3) Mehr zu Christoph Küffers Forschung: www.geobot.umnw.ethz.ch/staff/kueffer
(4) Informationen über seed sustainability finden Sie unter: www.seed-sustainability.ch



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