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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Work@ETH |
Von Gudela Grote Montags bis freitags acht Stunden in dem Beruf, den man einmal gelernt hat, und in dem Unternehmen, in das man zu Beginn seiner Berufstätigkeit eingetreten ist, zu arbeiten, ist für immer weniger Menschen der Alltag. Wenn dies beklagt oder mit Sorge diskutiert wird, ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese so genannte Normalarbeitsbiographie eigentlich noch nie für die Mehrheit der Beschäftigten gegolten hat, sondern vor allem für Männer in den westlichen Ländern. Was für viele Frauen, an- und ungelernte Arbeitende und Kunstschaffende – um nur einige Beispiele zu nennen – längst Realität ist, soll nun auch für eben diese Männer Gültigkeit erhalten: diskontinuierliche Berufskarrieren, die auch Berufswechsel, Aufwärts- wie Abwärtsmobilität und wiederholte Phasen der Arbeitslosigkeit und der Aus- und Weiterbildung beinhalten. Mit Verweis auf Globalisierung und den daraus entstehenden hohen technischen und organisatorischen Veränderungsdruck verweigern Arbeitgeber zunehmend die Übernahme jedweder Beschäftigungssicherung und fordern, dass wir alle uns selbst um unsere Arbeitsmarktfähigkeit zu kümmern hätten. Interessanterweise haben wir allerdings in einem gerade abgeschlossenen Nationalfonds-Projekt feststellen müssen, dass gerade die von sich aus besonders beruflich flexiblen Mitarbeitenden nicht von Flexibilisierungsprozessen in ihren Unternehmen profitieren können.
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Stattdessen scheinen weiterhin die kontinuitäts-orientierten Mitarbeitenden durch unternehmensinterne Laufbahnangebote gefördert zu werden. Quereinsteiger sind selbst bei sonst innovativen Unternehmen nicht gefragt. Ist die ETH eine von all diesen Entwicklungen unberührte Insel? Mit Ausnahme des akademischen Mittelbaus besteht für die Mitarbeitenden eine vergleichsweise hohe Arbeitsplatzsicherheit und von Arbeitsmarktfähigkeit ist bisher wenig die Rede. Gleichzeitig sind Innovation und Lernen allerdings zwei unserer Kernaufgaben, so dass man davon ausgehen kann, dass wir zum Um- und Neulernen nicht speziell aufgefordert werden müssen. Technik erfinden und erforschen wir nicht nur, sondern werden in unserem eigenen Arbeitsalltag zunehmend davon beeinflusst. Sei das SAP oder ETH World – Arbeitsabläufe verändern sich, gewollt und systematisch, aber auch schleichend und mit nicht nur positiven Auswirkungen. Im neuen eidgenössischen Personalgesetz werden Flexibilisierungsmöglichkeiten eröffnet, die zu grossen Diskussionen Anlass geben. Leistungslohn und neue Arbeitsverträge für die Professorinnen und Professoren sind zwei Beispiele dafür. Auch Reorganisation und Personalabbau sind Themen, für die die ETH in die Presse gekommen ist, wenn auch nicht so dramatisch wie Swisscom oder Swiss. In meinen nächsten Beiträgen möchte ich einige dieser Themen ein wenig näher unter die Lupe nehmen. Mit Spannung erwarte ich dafür natürlich auch die Ergebnisse der Mitarbeitendenbefragung als Puls- und Temperaturmessung am Organismus ETH. Eine kürzlich gehörte Aussage eines Mitarbeiters in den technischen Diensten machte mich doch schon ein wenig stutzig – über die Arbeitspsychologie, das heisst über das, was eine Arbeit interessant und fruchtbar macht, denke er sich lieber nicht nach, sonst müsse er anfangen, den Stellenanzeiger zu studieren. |
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