ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
Print-Version Drucken
Publiziert: 10.09.2003 06:00

Was Computer und Autos (nicht) gemeinsam haben - Fortsetzung

Von Bernhard Plattner

Die letzte Kolumne liegt schon viele Hitzetage zurück, und es ist Zeit, sich auf die nachsommerliche Realität einzustimmen. An neuem Anschauungsmaterial zum Thema „Würmer und Viren“ hat es beileibe nicht gefehlt. Fast scheint es, dass auch die Cyber-Varianten dieser Geschöpfe in der Wärme gut gedeihen.

Die letzte Kolumne hat viele Reaktionen provoziert – zustimmende, ergänzende, aber auch Entgegnungen. So wurde darauf hingewiesen, dass es so was Ähnliches wie einen Computerführerschein schon in verschiedenen Formen gibt, vielleicht nicht genau auf Sicherheitsaspekte fokussiert, aber immerhin. Ebenfalls wurde, natürlich mit Recht, darauf aufmerksam gemacht, dass man besser die Urheber zur Rechenschaft ziehen würde. Das ist aber nicht so einfach und nur selten möglich – die Verhaftung von zwei Studenten aus Minnesota bzw. Rumänien sind Glücksfälle und wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass sie nicht so vorsichtig waren wie die nach wie vor unbekannten Programmierer des ursprünglichen LOVESAN-Wurms. Bemerkenswert ist ein Kommentar in dessen Code:

„I just want to say LOVE YOU SAN!! billy gates why do you make this possible ? Stop making money and fix your software!!”

Der Wurm, der ausgerechnet den Dienst attackierte, von dem sich gewissenhafte Benutzer die Flicken für die Windows-Betriebssysteme holen, konnte sich aus zwei Gründen so gut verbreiten:


Zur Person

Sein Wirken ist geprägt vom Netz der Netze: Bernhard Plattner, ETH-Professor für Technische Informatik, war als Switch-Mitglied einer der Internet-Pioniere in der Schweiz. Heute beschäftigt den Spezialisten für Hochleistungsnetze unter anderem die Frage, wie das im technischen Kern stets konstant gebliebene Internet zu einem Bündel von flexiblen Netzen weiterentwickelt werden kann. Darüber hinaus gibt ihm sein ETH-World-Engagement die Möglichkeit zu verfolgen, was sich an der Spitze des Realisierbaren tut: Ein aktuelles Projekt von Informatikdiensten und NET setze sich zum Beispiel das Ziel, Videoconferencing so simpel wie das Telefonieren zu machen. Ganz so einfach wird Plattners Führungsaufgabe nie werden: Zu unterschiedlich sind am Poly die Erwartungen und Vorstellungen zu ETH World. Ein ideales Übungsfeld ist ihm da sicher eine seiner Passionen: das Western-Reiten. Komme es doch, so Plattner, bei dieser speziellen Dressur darauf an, "das Pferd in schwierigem Gelände genau zu führen - ohne Druck oder Zwang."




weitermehr

Bernhard Plattner, ETH-Professor für Technische Informatik und Programmleiter von ETH World.

auflistungszeichen 1. Es gab ein Sicherheitsloch in einer wichtigen Komponente von Windows-Betriebssystemen.
auflistungszeichen 2. Einen Monat nach Bekanntgabe des Flickens waren noch hunderttausende von Rechnern bei Privatpersonen und in Firmennetzen nicht nachgeführt.

Grund 2 geht auf das Konto der nachlässigen oder unwissenden Benutzer (siehe meine letzte Kolumne(1)). Für Grund 1 hingegen muss billy gates, äh ... müssten die Softwarehersteller geradestehen, da sie erwiesenermassen schadhafte Software verbreiten. Tun sie aber nicht. Wollen sie auch nicht. Müssen sie auch nicht. Niemand zwingt sie dazu, auch die Käuferinnen und Benutzer nicht, die in der Regel dem Hersteller eine Absolution erteilen müssen, bevor sie eine Software anwenden. Die Absolution erfolgt, indem Sie das „End User Licence Agreement“ akzeptieren (2) . Wetten, dass Sie das EULA noch nie bis zum Ende durchgelesen haben, bevor Sie auf den „I Agree“-Knopf drückten?(3) Wenn Sie es gelesen hätten, wären Sie vielleicht auf den Art. 13 aufmerksam geworden und hätten sich mindestens gefragt, ob Sie die Absolution wirklich erteilen wollen.

Was tun? Entweder wir leben weiterhin mit Würmern und Viren, oder wir bringen die Softwarehersteller dazu, bessere Produkte zu vertreiben. Interessanterweise zeigt uns EULA Art.13 auch gleich den Weg dahin: Er beginnt mit „TO THE MAXIMUM EXTENT PERMITTED BY APPLICABLE LAW, IN NO EVENT SHALL MICROSOFT OR ITS SUPPLIERS BE LIABLE …” (Hervorhebung durch den Autor). Die Hersteller müssten gesetzlich zu einer weit gehenden Produkthaftung verpflichtet werden. Damit wären wir wieder bei den Autos, deren Hersteller sich mittlerweile auf eine strenge Produkthaftung eingestellt haben und deren Benutzung eine amtl. Prüfung voraussetzt.


Fussnoten:
(1) Vgl. B. Plattners letzte Kolumne: www.ethlife.ethz.ch/articles/kolubpd.html
(2) siehe www.pcs-sc.com/intranet/MicrosoftEula.htm
(3) Vereinbarungen dieser Art schliessen Sie nicht nur mit Microsoft ab; sie finden sich im Kleingedruckten der meisten Softwarehersteller.



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!