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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 18.06.2003 06:00

Bienenhaus?

Von Matthias Erzinger

Polybahn, abends gegen sechs. Ein junger Mann erklärt seiner Freundin die ETH Zürich. "350 Königinnen und Könige unter einem Dach", meint er. Quasi ein Riesen-Bienenhaus also. Aber statt des nun erwarteten Lobes über die fleissigen Bienchen folgt der Hammer: "Nur können die Bienen besser organisieren".

Ich lass’ mich nun nicht über diese Frage aus. Und über Bienen weiss ich nur wenig, auch wenn mein Vater Imker ist. Immerhin habe ich im letzten Jahr gelernt, dass auch Professoren dem Reiz der Bienen anheim fallen können. "Wir können von Bienen noch viel lernen", meint etwa Rodney Douglas am Institut für Neuroinformatik im Film "Brainworkers". Was meint er wohl damit genau? Dass wissenschaftlich viel zu lernen ist, glaub ich ihm ja. Aber auch auf einer rein praktischen Ebene? Ich mach’ die Probe aufs Exempel. Und stelle fest: Neben den 350 Professorinnen und Professoren gibt es auch noch ganz viele andere Königinnen und Könige. Und alle haben ihren Staat. Und in diesen Völkern werde ich fündig.

Da ist zum Beispiel die Fachbiene: Er steht da, in den neuen Büros einer ETH-Einheit. Vielleicht gegen 50, einfache Kleidung, aufrichtig stolz auf seine Arbeit und sein Team. Er erklärt er mir sein Fachgebiet. Er ist von der Abteilung Netzwerke, sein Name ist mir entfallen, aber er überzeugt. Ich versuche seine Erklärungen zu unterbrechen, da ich wenig verstehe von Mpbs, Gigas, Megas etc.

Illustration: Marisa Grassi. gross

Der Unterschied zwischen einer Coax-Büchse und einer UTP-Dose ist mir unklar. Zwischen den Zeilen schwingt mit: Nicht immer hat er das Gefühl, dass seine Arbeit von den "Kundinnen und Kunden", den 350 Königinnen und Königen und ihrem Hofstatt geschätzt wird.

Lerne: Achte auf die Worte der Fachbiene, auch wenn du eigentlich alles besser weisst und keine Zeit hast zu diskutieren. Vielfach fallen im Vorbeigehen wertvolle Tipps ab. Und sie weiss normalerweise mehr als Du! Aber erwarte keine Leistungen, die über den exakten Job hinausgehen. Denn da sind andere zuständig – und weil die Fachbiene annimmt, dass diese ebensoviel fachlichen Ehrgeiz entwickeln, will sie sich nicht einmischen. Dazu ist sie zu bescheiden.

Die Hausbiene: Die Hüterin der Gebäulichkeiten. Sie steht oft arg unter Druck, prasseln doch von allen Seiten Ansprüche auf die relativ kleine Zahl. Von der Neonröhre austauschen bis zur Ausstellungsinstallation, von der Toilettenreinigung bis zum Apéro-Tisch bereitstellen. Am fröhlichsten ist sie des Morgens, wenn das Haus noch leer ist und sie in Ruhe ihren Pflichten nachgehen kann.


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ETH-Life-Kolumnist Matthias Erzinger. gross

Lerne: Manchmal wirkt sie abgebrüht oder etwas verschlossen. Und vieles, was Stabsbiene möchte, geht eigentlich nicht – aber wenn man aufrichtig bittet, Schnipp-Schnapp, und schon ist’s gemacht. Und, da ist die Hausbiene ähnlich der Fachbiene: wenn sie das Gefühl hat, ernst genommen zu werden, dann wird sie unübertreffbar…

Die Fahrzeugbiene: Sie gehören ebenso zu den absoluten Frühaufstehern in unserem Bienenhaus. Damit, wenn die Sammelbienen ausschwärmen wollen, sie dies allenfalls per Auto tun können. Fast immer schafft sie es in kurzer Zeit, einen "Bee-Car" der gewünschten Grösse zu organisieren. Und wenn’s mal Probleme gibt, ist sie erreichbar und rasch zur Hand.

Lerne: "Bee-Car" nur wenn nötig in Anspruch nehmen – und unbedingt aufgetankt zurückbringen.

Die Wächterbiene: Im Bienenstock steht sie beim Ausgang und kontrolliert Ein- und Ausgang. Hier bei uns sichert sie die Struktur und die Einhaltung der Regeln: Was doch bis jetzt gut gelaufen ist, muss nicht geändert werden. Und überhaupt – neues, anderes, das alles ist schon recht, nur nicht gerade jetzt … Und falls sie eine Regellücke entdeckt wird, muss gleich ein Projekt eingeleitet werden, um dies zu beheben.

Lerne: die Wächterbienen sind recht weit gestreut – und du weisst nie, wann du eine vor Dir hast… Denn fast alle Bienen sind manchmal irgendwie Wächterbienen…

Ich könnte noch seitenweise aufzählen. Das hohe Lied der Admin-Bienen singen, der Assi-Bienen oder Studi-Bienen, die teilweise bis zum Umfallen arbeiten. Auf jedem Level an der ETH sind aufopfernde, einsatzfreudige und selbstbewusste Bienen an der Arbeit. Und manchmal, ja manchmal da sind dann auch die Drohnen da, die sich füttern und bedienen lassen. Aber wie im Bienenhaus, sind sie in der Minderzahl.

Lerne: manchmal verwechselt man gerne irgendwelche Bienen mit Drohnen oder Wächterbienen – doch vielfach bis du selbst der Grund. Sum, sum, sum, Biene flieg herum…


Zur Person

Nach Tätigkeiten in Fotografie, Journalismus, Marketing und Internetbusiness wurde der ehemalige ETH-Chemiestudent Matthias Erzinger 1998 der Mann für Kommunikation bei ETH Transfer, der Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft. Dabei hat sich der vielseitig Begabte hartnäckig zum Ermöglicher von Hochschulprojekten für die Öffentlichkeit gemausert. Zwei Grossevents waren für ihn Aha-Erlebnisse: Das begeisterte Publikumsecho am Zürcher Wissensfestival im Mai 2001 und bei ‚Ada', dem Auftritt von Uni und ETH an der Expo.02. Diese hätten gezeigt, dass die Hochschulen die breite Bevölkerung ansprechen können ohne anbiedernd zu wirken. "Ich finde, das ist kein ‚nice to have', sondern ein ‚must'", sagt Erzinger. Die ETH sitze auf einem enormen Potential an Wissen, und es sei ihre Pflicht, das hinauszutragen.






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