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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Utopia Campus Hönggerberg |
Von Michelle Flückiger Sicher haben Sie es schon vernommen, dass seit zwei Monaten vier wagemutige Studenten und eine Studentin um die tägliche Existenz an einem Ort kämpfen, der für die breite Bevölkerung der ETH Hönggerberg nur ein Arbeitsplatz ist (Ausnahmen soll es geben). Die freudige Nachricht: wir leben noch, und eigentlich gar nicht schlecht. Die anfänglichen Schwierigkeiten sind zwar noch längst nicht alle verschwunden – denn dass es hier oben keinen anständigen Lebensmittelladen gibt, die Post am Samstag nicht bedient wird und der Nachtbus niemals auch nur ein Rad hier in die Höhen von Zürich rollt, lässt sich nun mal nicht vertuschen – doch genau deswegen sind wir schliesslich hier. Wie die meisten Experimente der ETH hat auch dieses einen Sinn, wenn sich das Ziel „Science City“ auch noch in weiter Ferne befindet. Zweck unseres Containerlebens (pardon, ich sollte nicht vom Container sprechen, sonst assoziieren Sie unser Heim noch mit „Big Brother“. Der Einfachheit halber werde ich den blauen Pavillon in Zukunft nur noch bP nennen) ist es herauszufinden, wie es sich auf dem Campus-in-spe lebt. Am eigenen Leib sollen wir erfahren, was notwendig ist, um hier oben eine mehr oder weniger anständige Existenz zu fristen und erkunden, welchen Reiz es hat, gleich am Arbeitsplatz zu wohnen. Um in das Programm aufgenommen zu werden, mussten wir uns einer harten Selektion unterwerfen, schliesslich wollten die Versuchstiere sorgfältig ausgewählt sein, damit nach Beendigung des Freisetzungsexperiments auch repräsentative Daten zur Verfügung stehen. Als Gegenleistung winkten uns drei Monate kostenloses Logis und der Duft des Abenteuers.
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Abenteuer auf dem Hönggerberg? Klar, hier fühlt man noch den Puls der Natur oder den Takt des Busfahrplanes, je nach Betrachtungsweise. Alle drei Minuten braust einer am bP vorbei, beinahe so pünktlich, dass wir die Uhren danach richten könnten. Nach Mitternacht kehrt allerdings Ruhe ein. Was wiederum den Heimweg der Nachtschwärmer vom Ausgang erschwert: Man hat die Wahl zwischen 20 Minuten Gehen mit mässiger Steigung von der Glaubtenstrasse her oder dem „Hardcore“-Anstieg, dafür nur zehn Minuten, vom Meierhofplatz hier hinauf. Allfällig schlingerndem Gang würden die scharfen Windungen der Gsteigstrasse wenigstens entgegenkommen. Eine Erweiterung des Nachtbusnetzes ist daher eine zwingende Voraussetzung, soll der Campus je über die Zahl von fünf Studierenden hinaus wachsen. Wir haben das Problem auf unsere Weise gelöst. Spätestens nach drei Tagen hatte jedes WG-Mitglied sich einen Drahtesel beschafft. Ein Fahrrad neben dem anderen steht nun einsatzbereit in unserem „Hauseingang“. Der Vorteil: man kann sich gleich das Fitness-Abo sparen. Täglich einmal Meierhofplatz oder ETH-Zentrum und zurück reichen dem Gewichtstemmen oder dem nervösen Step Aerobic bei weitem das Wasser. Doch bietet sich diese Lösung nur im Sommerhalbjahr an, denn für die Wintermonate müsste erst noch die Schneekette für den Fahrradpneu patentiert werden, ehe man diese Art von Mobilität ernsthaft in Erwägung ziehen könnte. Stellt sich also auch gleich die nächste Frage: Wie kommt man im Winter zu seiner körperlichen Ertüchtigung, die bekanntlich für die geistige Aktivität nur förderlich sein kann? Mein Vorschlag: Die ohnehin etwas verloren wirkenden Bassins zwischen den Fingern des HCI sollen in heisse Bäder umgebaut werden. Die dazu benötigte Wärme entnimmt man den unzähligen Computern, die an der ETH in Betrieb sind. So könnte wie in den Kurorten isländisch gebadet werden: heisses Wasser abwechselnd mit kaltem Schnee. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, eines der Becken mit Sand aufzufüllen und zu überdachen, so dass daraus ein Beachvolleyballfeld entstünde. Die dritte Variante wäre, die Fassaden für Kletterzwecke freizugeben. Schwierigkeitsgrad: technisch und glatt. Seien wir ehrlich: Soll hier oben wirklich Campusleben entstehen, so muss auch Leben zugelassen werden. Mag Science City kommen oder nicht, etwas mehr Lebensfreude täte dem Hönggerberg schon heute nur gut. |
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