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Rubrik: News
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Publiziert: 03.07.2002 01:00

Multipotente Zellen aus dem Knochenmark
Vielversprechende Stammzellen

(cm) In Stammzellen werden grosse Hoffnungen gesetzt, - und die Hoffnungen erhalten auch Nahrung. Kürzlich beschrieb ein US-Forscherteam von der University of Minnesota adulte Stammzellen aus dem Knochenmark, die sich zu verschiedenen Gewebezellen entwickeln können und somit eventuell auch ein therapeutisches Potenzial besitzen . Dieser Befund von multipotenten Zellen aus erwachsenem Gewebe ist umso erstaunlicher, da als Hoffnungsträger für mögliche Therapien bis jetzt vor allem die ethisch umstrittenen embryonalen Stammzellen galten, die sich im Prinzip in jeden Zelltyp ausdifferenzieren können.

Die neuen Alleskönner - ein Beiprodukt

Die Gruppe um Catherine Verfaille entdeckte die Zellen mit den breiten Entwicklungsmöglichkeiten als Beiprodukt, als sie versuchte, spezialisiertere Stammzellen, die sich zum Stützgewebezellen entwickeln können, aus dem Knochenmark zu isolieren. Das Erstaunliche an den Zellen, die Verfaille in Mäusen, Ratten und beim Menschen nachweisen konnte, ist nicht nur, dass sie sich injiziert in einen Mäuseembryo nachher in fast allen Gewebetypen nachweisen lassen, sondern auch dass sie sich offensichtlich unbeschränkt teilen können. Zudem besitzen sie gegenüber embryonalen Stammzellen den Vorteil, dass sie anscheinend zu keinen spontanen Tumoren führen. Im Hinblick auf eine Therapie wäre auch interessant, dass sich solche Zellen relativ leicht aus dem Patienten gewinnen liessen, und es aufgrund der genetischen Identität bei einer Wiedereinführung zu keiner Abstossungsreaktion käme.

Pluripotenz sichtbar gemacht

Obwohl Lukas Sommer, ETH-Professor für Zell- und Entwicklungsbiologie, die Forschung von Verfaille als fundiert, sorgfältig durchgeführt und sehr vielversprechend einschätzt, weisst er darauf hin, dass man noch am Anfang der Stammzellenforschung steht. Er hebt aber auch hervor, dass nun gezeigt wurde, dass es eine ganz bestimmte Zelle ist - und nicht ein Gemisch von verschiedenen Zellen -, welche die verschiedenen Zelltypen hervorbringen kann. „Kürzlich hat man zudem einige Arbeiten, die mit adulten Stammzellen durchgeführt worden sind, in Frage gestellt, weil die beobachtete vermeintliche ’Plastizität’ möglicherweise durch Fusion der Stammzelle mit anderen Zellen erklärt werden könnte“, erläutert der Biologe und fährt fort: „Das kann man in der neuen Studie mit grosser Wahrscheinlichkeit ausschliessen.“ Die beschriebene, aus dem Knochenmark isolierte Stammzelle scheine tatsächlich pluripotent zu sein. „Schliesslich wird diese Pluripotenz nicht nur sichtbar, wenn man die Zellen in Kultur nimmt, sondern auch nach Transplantation in einen unverletzten, nicht bestrahlten Empfänger.“


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Lukas Sommer
Für ihn steht die Stammzellforschung noch am Anfang, auch wenn er die neu entdeckten Stammzellen für vielversprechend erachtet: ETH-Professor Lukas Sommer. gross

Weiter Weg in die Klinik

Auf die Frage hin, ob die MAPC nicht das Ende für die Forschung an embryonalen Stammzellen bedeuten, will Sommer nicht voreilig Schlüsse ziehen: „Es könnte sein, dass je nach Anwendung verschiedene Stammzelltypen mit verschiedenen Eigenschaften eingesetzt werden sollten.“ Aus den bisherigen Ergebnissen dürfe man aber schliessen, dass es sich lohne, in die Erforschung sowohl embryonaler wie auch adulter Stammzellen zu investieren, auch wenn es noch ein weiter Weg in die Klinik sei. Doch die Forschung wirft nicht nur ein Licht auf die angewandte Forschung. Der Zufall bei der Entdeckung der MAPC demonstriert für Sommer auch, dass sich interessante Entdeckungen nicht einfach durch zielgerichtete, anwendungsorientierte Forschung "erzwingen" lassen. Sommer fügt darum auch an: „Die Tendenz, weniger Mittel für die Grundlagenforschung bereitzustellen, beobachte ich mit Unbehagen.“

Mehr Geld für Forschung an adulten Stammzellen

Unabhängig von der Entdeckung der MAPC erhält in der Schweiz die Forschung an adulten Stammzellen in anderer Form eine Stärkung. Knapp zwei Jahre nach Beginn des Nationalen Forschungsprogramms 46 „Implantate und Transplante“ will der Nationalfonds zusätzlich 3.5 Millionen Franken zur Verfügung stellen, um unter anderem die Forschung über Nabelschnurblut- und adulten Stammzellen zu unterstützen (2). Dies entspricht auch der Auffassung, die im Zwischenberichts des Zentrums für Technologiefolgenabschätzung (3) zum tragen kommt. Gemäss dieser sollen Alternativen zu der Forschung an embryonalen Stammzellen gefördert werden.


Fussnoten:
(1) Verfaille, C.M. et al "Pluripotency of mescnchymal stem cells derived form adult marrow" Nature, 417, published online 20 June.
(2) Stärkung der adulten Stammzellforschung in der Schweiz: www.snf.ch/de/com/prr/prr_cur_jun26.asp
(3) Zwischenergebnisse der TA-Studie «Menschliche Stammzellen»: www.ta-swiss.ch/www-remain/reports_archive/press_releases/pressemitteilungen2002/pm020415_menschliche_stammzellen_dt.pdf



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