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Rubrik: News
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Publiziert: 22.03.2004 06:00

Tagung zur Agrarbiotechnologie in Entwicklungsländern
Agrarbiotechnologie – breit diskutiert

(red/pae) Die verengte Gentechnikdebatte in der Schweiz – Stichwort: Gentechweizen – zu öffnen und breit zu diskutieren: Das war das Ziel des Workshops ‚Agricultural Biotechnology in Developing Countries: Perception, Politics and Policies’ am 12. März 2004 an der ETH. Organisiert wurde er vom Center for Comparative and International Studies (1).

Thomas Bernauer, ETH-Professor für Internationale Beziehungen, fokussierte den drohenden transatlantischen Handelskrieg um Gentechnahrungsmittel. Sowohl die USA wie auch die EU würden mit starkem politischem Druck versuchen, Entwicklungsländer auf ihre Seite zu bringen. Infolgedessen würde es für diese zunehmend schwierig, ihre Interessen gegenüber der möglichen Nutzung der Biotechnologie unabhängig zu formulieren, sagte Bernauer (2).

Selektive Wahrnehmung

Klaus Ammann, Direktor des Botanischen Gartens in Bern, kritisierte, dass Gentechgegner in Europa Forschungsergebnisse bezüglich der Risiken oft selektiv auswählten und interpretierten und dabei tatsächliche Risiken in Landwirtschaft und Konsum ignorierten. Peder Anker, Harvard-Philosoph und -Historiker wies darauf hin, dass Ökologie keineswegs als ‚unschuldige’ Wissenschaft verstanden werden kann. Ihre Anfänge seien verknüpft mit politischer Macht und dem Kolonialismus in Südafrika. Die Ökologie müsse differenzierter, vielleicht auch weniger romantisch gesehen werden.

Jayashree Watal von der Welthandelsorganisation WTO sprach über das TRIPS-Abkommen (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights) und seine Auswirkungen auf die Bauern in Entwicklungsländern. Watal zeigte, dass es die Entwicklungsländer keineswegs zwingt, die Patentrechte in der Pflanzenbiotechnologie vorbehaltlos zu respektieren. Jedes Land könne weiterhin sein Patentrecht gemäss eigenen Interessen gestalten, zum Beispiel Patente während des Aufbaus einer eigenen kapital- und technologieintensiven Industrie für eine bestimmte Zeit ignorieren. Wenn allerdings weder Patentschutz noch Regulierung zur biologischen Sicherheit berücksichtigt werden müssen, führe dies – wie bei der schädlingsresistenten Bt-Baumwolle in Indien – zu unkontrollierter Ausbreitung, gab Anil Gupta, Professor am India Institute of Management in Indien zu bedenken. Bt-Baumwolle minimiert die Inputkosten des Bauern (Pestizide) und steigert sein Einkommen unabhängig von seinen jeweiligen Voraussetzungen.

Unkontrollierte Ausbreitung

Aus gleichen Gründen herrsche auch in China eine enorme Nachfrage nach Bt-Baumwolle, sagte der Ökonom Carl Pray von der Rutgers Universität in New Jersey, USA. Dennoch beschränke China die kommerzielle Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen auf wenige Produkte. Wie in Indien liege auch hier das Problem nicht bei der mangelnden Nachfrage, sondern bei der allzu schnell wachsenden und unkontrollierten Nutzung.


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Referenten waren unter anderen(v.l.): Peter Schmid, Helvetas, Victor Konde, UNCTAD, Klaus Ammann, Direktor Botanischer Garten, Uni Bern, Peder Anker, Center for Development and Environment, Uni Oslo, Anil Gupta, Indian Institute of Management, Vastrapurt, Ahmedabad, Indien und Jayashree Watal (WTO) gross

Victor Konde von der UNCTAD (United Nations Trade and Development Conference) hielt fest, dass der Anteil der Gentechnik im Gesamtspektrum der Biotechnologie in der Landwirtschaft sehr gering sei. In Afrika sei ein Ziel der industriellen Biotechnologie unter anderen, mit Hilfe von Mikroben oder Enzymen aus natürlichen Ressourcen neue Produkte und Dienstleistungen herzustellen. – Dadurch falle weniger Sondermüll an, es gebe mehr bioabbaubare Produkte, eine bessere Verwertung von organischen Abfällen, höhere Erträge durch Biofertilizer und weniger Mikrotoxine in der Nahrung.

Mehr Forschung nötig

Viele Ertragsprobleme in Afrikas Landwirtschaft könnten behoben werden, wenn es mehr öffentliche internationale Agrarforschung gäbe, sagte Will Masters, Direktor des Center for Globalization and Sustainable Development am Earth Institute an der Columbia University in New York. Es fehlten jedoch die Anreize dazu, weshalb Masters die Schaffung eines hoch dotierten Preises (20 bis 30 Mio. Dollar) für erfolgreiche Agrarforschung vorschlug.

Schliesslich erläuterte Peter Schmid die Position von Helvetas zur Agrarbiotechnologie. Die Entwicklungsorganisation erachtet zwar bestimmte Ansätze als sinnvoll, so zum Beispiel Gewebekulturpraktiken. Sie ist jedoch gegen die Nutzung der Gentechnik für die Lösung von Agrarproblemen in ärmeren Ländern und präferiert Ansätze wie den Biolandbau. Schmids Präsentation löste eine rege Diskussion aus. Die Teilnehmer wurden daran erinnert, dass dieser Anlass in einem Land stattfand, das der Biotechnologie in der Landwirtschaft im allgemeinen sehr negativ gegenübersteht.


Fussnoten:
(1) Das ETH-Institut für Agrarwirtschaft, das Zentrum für Internationale Landwirtschaft ZIL und die Walter-Hochstrasser-Stiftung haben den Anlass mitfinanziert.
(2) Thomas Bernauers Präsentation basierte auf seinem kürzlich bei der Princeton University Press veröffentlichten Buch ’Genes, Trade and Regulation’.



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