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Rubrik: News
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Publiziert: 02.12.2004 06:00

ETH-Forscher bringen Licht ins Dunkel der Chromatinstruktur.
Eine verwickelte Angelegenheit

(akl) Die DNA-Doppelhelix ist zur Ikone der Biologie geworden. Doch nicht alle Fragen rund um die Struktur der Erbinformation sind geklärt. In höheren Organismen liegt die DNA-Doppelhelix nämlich nicht als einfacher Faden vor, sondern ist in höheren Strukturen organisiert, die in ihrer kompaktesten Form als so genanntes Metaphasen-Chromosom sichtbar werden. So windet sich die DNA um Histon-Proteine und bildet dabei eine Art Perlenschnur, bei der die einzelnen Perlen als Nukleosomen bezeichnet werden. Die ganze Perlenschnur ist wiederum strukturiert, doch die genaue Organisationsform dieser 30 Nanometer breiten, sogenannten Chromatinfaser galt seit drei Jahrzehnten als umstritten: zwei verschiedene Klassen von Modellen wurden aufgrund der vorhandenen Daten postuliert. Bei der ersten Klasse, der „one-start helix“, ging man davon aus, dass die Perlenschnur eine Helix, auch Solenoid genannt, bildet. Die aufeinanderfolgenden Nukleosomen können dabei als die einzelnen Stufen einer Wendeltreppe betrachtet werden. Entsprechend dem Namen, „two-start helix“, basiert die zweite Modell-Klasse nicht auf einer einfachen Helix, sondern die Nukleosomen bilden zuerst zwei Reihen, indem sie sich im Zick-Zack aneinanderlagern. Man vermutet, dass das daraus resultierende Band sich dann in eine Helix windet, die eine entfernte Ähnlichkeit zur DNA-Doppelhelix aufweist.

Struktur der Nukleosomenanordnung entschlüsselt

Dem Team um Timothy Richmond, ETH-Professor am Institut für Molekularbiologie und Biophysik der ETH Zürich (1), ist es nun erstmals gelungen, die grundlegende Anordnung der Nukleosomen in der 30 nm-Chromatinfaser zu entschlüsseln. Die ETH-Forschenden konnten zeigen, welches Modell die Anordnung der Nukleosomen in der Chromatinfaser am besten beschreibt. Ihre Studie wurde am vergangenen Freitag in der Fachzeitschrift „Science“ (2) veröffentlicht. Um die Struktur der 30 nm-Chromatinfaser unter definierten Bedingungen zu erfassen, haben die Forschenden in einem künstlichen, zellfreien Modellsystem, den so genannten „nucleosome arrays“, die Chromatinfaser im Reagenzglas nachgebaut. Im gefalteten und kompakten Zustand, einer Annäherung, welche der natürlichen Chromatinfaser am meisten entspricht, wurden die „nucleosome arrays“ in einem gemäss „Science“-Kommentar (3) „ausgeklügelten“ Experiment untersucht:


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Verschiedene Modelle für den Verlauf der DNA-Doppelhelix in der Chromatinfaser: Abbildung A stellt das"one-start helix"-Modell der Chromatinstruktur dar. ETH-Forscher zeigten nun jedoch, dass die Struktur des DNA-Verlaufs in der Chromatinfaser eher dem "two-start helix"-Modell in Abbildung B und C entspricht. (Bild: Timothy Richmond) gross

Zuerst wurden die Nukleosomen mit Disulfidbrücken spezifisch quervernetzt und anschliessend die DNA zwischen den Nukleosomen mit Hilfe eines Restriktionsenzyms an einer bestimmten Stelle geschnitten. Die Analyse der Produkte mittels Gelelektrophorese und Elektronenmikroskopie verriet den Wissenschaftlern, dass einzig die Anordnung der Nukleosome gemäss einem „two-start“-Modell in Frage kommt (4).

„Mit diesem eleganten Experiment hoffen wir, etwas Licht in die seit langem umstrittene Struktur der Chromatinfaser zu bringen. Die endgültige helikale Struktur der Faser ist damit allerdings noch nicht gelöst und weitere Forschung an dem verwendeten Modellsystem wird nötig sein.“, meinen Bendetta Dorigo und Thomas Schalch, die beiden Erstautoren des Papers.

Die Verpackung der DNA im Chromatin bestimmt massgeblich, wie zugänglich sie ist. Die neuen Erkenntnisse aus dem Labor von Professor Richmond sind somit grundlegend, um weitere Mechanismen im Zusammenhang der Genregulation zu entschlüsseln.


Literaturhinweise:
Vgl. ETH-Life Bericht: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/50JahreDNA.html

Fussnoten:
(1) Homepage des Instituts für Molekularbiologie und Biophysik, Gruppe Richmond: www.mol.biol.ethz.ch/groups/richmond
(2) Homepage der Fachzeitschrift Science: www.sciencemag.org
(3) Kommentar zur Studie in Science: Adone Mohd-Sarip and C. Peter Verrijzer: “A Higher Order of Silence”, Science, Vol 306, p. 1484-1485
(4) Originalpublikation in Science: Dorigo et al., “Nucleosome Arrays Reveal the Two-Start Organization of the Chromatin Fiber”, Science, Vol 306, p. 1571-1573



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