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Rubrik: News
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Publiziert: 18.09.2003 06:00

60 Milliarden fürs Abwasser investiert
„Ein stilles Geschäft“

(mib) „Die Siedlungsentwässerung gehört zu den grössten und leistungsfähigsten Transportunternehmungen der Schweiz. 18 Milliarden Tonnenkilometer werden durch die Kanalisation transportiert, knapp vergleichbar mit der Kapazität von Strasse und Schiene zusammen“, sagte Max Maurer, Chemieingenieur und Verfahrenstechniker der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) an der gestrigen Tagung „Siedlungsentwässerung im Wandel“ an der ETH Zürich (1). „Trotzdem ist die Abwasserentsorgung ein stilles Geschäft, das kaum ins Rampenlicht findet.“ Dabei wäre die Erfolgsbilanz imposant, die es zu erzählen gäbe: „Rund 97 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind heute ans Entwässerungssystem angeschlossen“, sagte Maurer. Um dies zu erreichen, wurden in den vergangenen hundert Jahren für knapp 60 Milliarden Franken (pro Kopf 10'000 Franken) ein Netz von insgesamt 40'000 Kilometern Kanalisation und 964 Kläranlagen gebaut. „Kaum ein Entsorgungssystem ist für den Benutzer so komfortabel wie die Siedlungsentwässerung“, hiess es denn auch an der Tagung. „Die durch Wasser übertragenen Krankheiten sind in der Schweiz sehr selten geworden und der Ausbau der Kläranlagen hat in den letzten 40 Jahren viel zur hohen Wasserqualität der Seen und Flüsse beigetragen.“

Wie der hohe technische Stand weiter ausgebaut werden kann, war Thema an der Tagung. Einerseits müsse das mittlerweile baufällige Kanalisationssystem erneuert werden; nur so könne der Wert der gesamten Anlage erhalten werden, betonte der Ingenieur Stefan Binggeli von der Berner Firma Infraconcept. Denn nicht mehr alle Anlagen seien dicht. Das zeigten Untersuchungen von Jörg Rieckermann, der an der Eawag Methoden zur Messung von Lecks mittels künstlichen Tracer sucht. Eine Entlastung für die Kläranlagen könnte das „NoMix-WC“ bringen, das die Biologin Judit Lienert mitentwickelt. Im „NoMix-WC“ wird der Urin separiert und der Kläranlage in konzentrierter Form während der Nacht zugeführt. So wird die Schadstofffracht über den Tag gesehen besser verteilt. Das „NoMix-WC“ wird – das zeigen Befragungen – breit akzeptiert; erste Pilotprojekte sind bereits angelaufen. Dennoch wird es noch einige Jahre dauern, bis die Technologie marktreif ist.

Ein weiterer Themenschwerpunkt bildeten Untersuchungen über Schadstoffe im Abwasser. „Durch die verbesserte


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Das "NoMix-WC" könnte ein Beitrag zur Entlastung der Kläranlage sein. In Spitälern könnte mit diesem WC zudem der Urin separiert, Pharmaka abgetrennt werden. Bild: Yvonne Lehnhard/EAWAG gross

chemische Analytik können wir heute im Abwasser, in den Fliessgewässern und im Klärschlamm vermehrt Verbindungen nachweisen, die in sehr geringen Konzentrationen vorhanden sind, so genannte Mikroverunreinigungen“, sagte Hansruedi Siegrist, Leiter der Abteilung Ingenieurwissenschaften der Eawag und Professor für Hydromechanik und Wasserwirtschaft an der ETH Zürich. „Erst seit einigen Jahren weiss man, dass sich darunter auch Substanzen befinden, die als Körperpflege- und Arzneimittel eingesetzt werden.“ Untersuchungen der Eawag zeigten, dass in der Kläranlage nicht alle gleich gut abgebaut werden. Während die Antibaby-Pille Diane (Ethinylestradiol), das Makrolid-Antibiotika Rulid (Roxithromycin), die Schmerzmittel Voltaren (Diclofenac) und Brufen (Ibuprofen), der Lipidsenker Cedur (Bezafibrat) oder das Röntgenkontrastmittel Ultravist (Iopromid) gut abbaubar sind (im Belebtschlamm innert fünf bis 15 Tagen), passieren das Antiepileptika Tegretol (Carbamazepin) und das Beruhigungsmittel Valium (Diazepam) die Kläranlage unverändert. „Die Risiken dieser Stoffe auf die Wasserorganismen und den Menschen sind nur schwer abzuschätzen“, sagte Hansruedi Siegrist. Um ihren Eintrag in die Gewässer zu verhindern, seien langfristig Massnahmen an der Quelle erforderlich – etwa ein Umweltlabel für Arzneimittel, wie es in Schweden geplant sei, oder eine Vorbehandlung von Spitalabwässern.


Fussnoten:
(1) „Siedlungsentwässerung im Wandel“, Tagung der Eawag: www.eawag.ch/events/infotag/



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