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Rubrik: News
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Publiziert: 13.03.2006 06:00

Grosses Interesse an CIS-Veranstaltung
Religion und Vorurteile

(cm) „Religiös + unmenschlich?“ – Diese ketzerische Frage stand als Titel über der Veranstaltung vom Donnerstag an der ETH Zürich, die vom Center for Comparative and International Studies (CIS) der ETH und Uni Zürich und dem Zürcher Lehrhaus, einer Stiftung für Kirche und Judentum, organisiert wurde (1)(2). Vielleicht sensibilisiert durch jüngste Ereignisse wie den Karikaturenstreit wollten rund 200 Zuhörende erfahren, wie die Religionen Menschenfeindlichkeit in der Schweiz beeinflussen.

Im Zentrum der Veranstaltung stand dabei ein Referat des Genfer Soziologieprofessors Sandro Cattacin. Dieser präsentierte erste Daten aus einer Umfrage zur Menschenfeindlichkeit hierzulande (3). Ziel dabei war es herauszufinden, ob sich die Befragung eignet, um längerfristig als Monitoringinstrument zu dienen, mit dem die zeitliche Entwicklung verfolgt werden kann. Ist diese Absicht sicher verdienstvoll, als Zuhörer wollte man den Puls von heute spüren.

Protestanten xenophober?

Doch Cattacin machte es einen nicht ganz einfach, präsentierte er vornehmlich Listen mit Korrelationskoeffizienten. Wohl kommentierte er gewisse Zahlen – so sind gemäss der Befragung Protestanten etwas positiver eingestellt gegenüber Homosexuellen im Vergleich zu Katholiken oder Muslimen, dafür aber etwas xenophober. Doch was das bedeutet, blieb relativ offen. Etwas fassbarer waren dann die wenigen vorgestellten Prozentzahlen. Dass 40 Prozent der Muslime der Ansicht sind, Juden besässen relativ viel Macht, war doch ein klarer Unterschied zu den 16 Prozent bei den Nichtreligiösen.


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Wie weit Auffassungsunterschiede aber wirklich mit der Religionszugehörigkeit zu tun haben, wurde in den Kommentaren von verschiedenen eingeladenen Fachleuten wiederum in Frage gestellt. So könnte der gerade erwähnte Unterschied vielleicht auch darauf zurückzuführen sein, dass bei den Muslimen hierzulande 90 Prozent keine Schweizer sind. Grundsätzlich zeigte sich, und das überraschte doch einige, dass die Unterschiede zwischen den Religionen relativ klein sind und auch der zu den Nichtreligiösen häufig nicht dramatisch ausfällt.

Religion bleibt wichtig

Cattacin hielt fest, dass Religiosität den Konservativismus bestärke. In einer sich immer schneller verändernden Zeit suche man vermehrt Stabilität. Seine Untersuchung, in der er sehr viele Faktoren angeschaut habe, zeige, dass Religion weiterhin (Vor-)Urteile beeinflusse. Der Wissenschaftler hofft trotzdem, dass die Religionen in Projekte investieren, die weniger den Glauben zum Inhalt haben als die Begegnung mit Personen anderer Gruppierungen, und somit einen Beitrag zu einer toleranten Gesellschaft leisten.

In der öffentlichen Diskussion mochte niemand die tolerante, plurale Gesellschaft in Frage stellen. Doch war auch erkennbar, dass starke Relativierungen des Geltungsanspruches und die Reduktion der Religion auf die spirituelle Praxis nicht nur auf Zustimmung stiessen. Die Gretchenfrage „Wie hast du es mit der Religion“ birgt also immer noch einige Brisanz, die mit einer Tagung nicht ausgeräumt, aber zumindest wieder klarer ins Bewusstsein gelangen kann.


Fussnoten:
(1) Center for Comparative and International Studies (CIS): www.cis.ethz.ch/
(2) Zürcher Lehrhaus: www.zuercher-lehrhaus.ch/
(3) Kurzbeschreibung des Projektes zur Menschenfeindlichkeit: www.unige.ch/ses/socio/sandro.cattacin/



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