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Rubrik: News
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Publiziert: 07.10.2005 06:00

Neues Buch zu Affären rund um die prestigeträchtige Auszeichnung
Umstrittene Nobelpreise

(cm)Die diesjährigen Nobelpreise in den naturwissenschaftlichen Gebieten sind vergeben. Die ersten Reaktionen deuten darauf hin, dass die Entscheidungen gut aufgenommen wurden, vielleicht abgesehen davon, dass der geehrte Chemiker Yves Chauvin sich nicht erfreut zeigte. Dass aber die Vergabe des prestigeträchtigen Preises immer wieder problematische Aspekte aufwies, dokumentiert das kürzlich erschienene Buch „Nobelpreise“ von Heinrich Zankl (1). Der Autor, der unter anderem das Buch „Fälscher, Schwindler, Scharlatane“ über Wissenschaftsskandale schrieb (2), zeichnet in kurzen Kapiteln nicht nur verschiedene Affairen und umstrittenen Entscheidungen rund um die Nobelpreise nach, sondern gibt auch häufig einen Einblick in die Biographie der Geehrten.

Im Gebiet der Physik wird beispielsweise der Leser darauf aufmerksam gemacht oder erinnert, dass Albert Einstein den Nobelpreis nicht für die Relativitätstheorie, sondern für den photoelektrischen Effekt erhielt. Der Grund dafür lag darin, dass die Relativitätstheorie nicht mit Ergebnissen übereinstimmte, die Allvar Gullstrand erhielt. Dieser sass aber im Nobelpreiskomitee und gab seine Ablehnung gegen Einstein erst auf, als dieser nicht mehr aufgrund der Relativitätstheorie für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde.

Nutzen für die Menschheit?

Auch in der Chemie blieben Unstimmigkeiten nicht aus. Wohl ist die fachliche Kompetenz von Fritz Haber unumstritten, ob er aber als einer der führenden Wissenschaftler bei der chemischen Kriegsführung im ersten Weltkrieg nobelpreiswürdig ist, bleibt fraglich. Denn Alfred Nobel wollte seinen Preis Personen verleihen, die der Menschheit einen grossen Nutzen erwiesen haben. Den grossen Nutzen mag man vielleicht auch bei der Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn bezweifeln. Das Problem bei der Vergabe des Nobelpreises an ihn lag aber vor allem darin, dass man Lise Meitner nicht berücksichtigte. Die Physikerin hatte nämlich wesentlichen Anteil an der Entdeckung.


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Eine der grössten Blamagen in der Geschichte der Auszeichnungen war die Verleihung des Medizinnobelpreises an den dänischen Pathologen Johannes Andreas Grib Fibiger. Er erhielt ihn dafür, dass ein kleiner Fadenwurm bei Mäusen Magenkrebs auslösen kann. Später stellte sich heraus, dass eine solche Tumorinduktion gar nicht stattfindet. In Frage stellt Zankl auch die Vergabe an den Schweizer Paul Hermann Müller, da dieser den Nobelpreis für die Entwicklung des Giftes DDT erhielt.

Kurt Wüthrich „über jedem Zweifel“

Der Autor behandelt in seinem neuen Buch nicht nur Unstimmigkeiten bei der Vergabe des Physik-, Chemie- und Medizinnobelpreises, sondern auch beim Friedens- und Literaturnobelpreis. So wirft er die Frage auf, ob der bekennende Imperialist Rudyard Kipling oder Menachem Begin mit seiner blutigen Vergangenheit würdige Träger des Preises sind.

Erwähnung in der neuen Publikation von Heinrich Zankl findet zudem ETH-Nobelpreisträger Kurt Wüthrich. Er sei „über jeden Zweifel erhaben“, schreibt der Autor. Dass er trotzdem im Buch vorkommt, hängt damit zusammen, dass im gleichen Jahr wie Wüthrich, nämlich im Jahre 2002, auch noch der Amerikaner John. B. Fenn und der Japaner Koichi Takanaka den Chemienobelpreis erhielten. Dabei stiess die Vergabe an den Japaner vor allem in Deutschland auf wenig Verständnis, da die Deutschen Hillenkamp und Karas die prämierte Methode praktisch gleichzeitig und mit erfolgreicherer Anwendung entwickelt hatten.


Fussnoten:
(1) Heinrich Zankl: „Nobelpreise: Brisante Affairen, umstrittene Entscheidungen“ 2005. ISBN 3-527-31182-3 - Wiley-VCH, Weinheim
(2) Informationen zu „Fälscher, Schwindler, Scharlatane“ im „ETH Life“-Bericht „Forschung auf Abwegen“: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/faelschungendiek.html



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