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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 17.04.2002 06:00

Umweltwissen und -handeln
Gesucht: „Täter“

Das Wissen ist das eine, das Handeln das andere. Dies gilt auch im bezug auf die Umwelt, wie eine vom Nationalfonds-Studie unterstützte ETH-Studie zeigt. Der hoffnungsvolle Aspekt dabei ist aber, dass mehr Wissen über Handeln und seine ökologischen Folgen zu umweltbewussterem Verhalten führt.

Von Christoph Meier

Verbrauchen Energiesparlampen etwa 20, 50 oder 80 Prozente weniger Strom als herkömmliche Glühbirnen gleicher Leuchtkraft? Schwierige Frage. Und was macht Kohlendioxid problematisch? - Hier findet sich eine Antwort rasch mit "Kohlendioxid trägt zum Treibhauseffekt bei". Aber war jetzt Kohlendioxid schon wieder giftig oder nicht? Und hat es jetzt zu viel oder zu wenig in der Atmosphäre? Unklar. Leicht fällt dagegen wieder die Frage: Zu welcher Tageszeit ist es am besten, den Garten zu wässern? Sicher nicht am Mittag!

Erkennt man sich wieder in der beschriebenen Frage-Antwort-Situation, so gehört man zur Mehrheit der Bevölkerung. Denn gemäss einer vom Nationalfonds unterstützten ETH-Studie wissen die Bürger weniger über den Zustand und die Vorgänge in den Ökosystemen, als wie man diese konkret schonen kann. Am geringsten ist aber das Wissen darüber, ob es zum Beispiel ökologisch sinnvoller sein kann, ein neues 3-Liter-Auto zu kaufen, als das alte weniger oft zu benutzen.

Unterschiedliches Wissen

In der Theorie wird entsprechend von "Systemwissen" einerseits und "Handlungswissen" andrerseits gesprochen. Bei letzten kann noch zwischen "einfachem Handlungswissen" - man verzichtet auf das Auto, um nicht zum Treibhauseffekt beizutragen - und "Wirksamkeitswissen" unterschieden werden. Dieses besteht darin, dass man bilanzieren kann, wie viel eine bestimmte Handlung zum Umweltschutz beiträgt.

Um den Zusammenhang zwischen diesen drei Wissensarten und dem tatsächlichen Umweltverhalten zu eruieren, haben die Autoren der Studie in Zusammenarbeit mit ETH-Dozierenden einen eigenen Wissenstest entwickelt. Ein Fragebogen mit 60 Wissens- und 50 Handlungsfragen zu den Themen Mobilität, Recycling, Energiesparen und Konsum wurde an 5000 zufällig ausgewählte Personen in der Deutschschweiz geschickt. Die Mitautorin der Studie, Jacqueline Frick von der Professur "Mensch-Umwelt-Beziehungen" der ETH, (1) ergänzt: "Wir untersuchten nur Kenntnisse über Fakten". Andere Formen - zum Beispiel Kenntnisse von Normen darüber, was zu tun sei oder was andere erwarten - seien vorläufig ausgeklammert worden.

Frauen handeln umweltgerechter

Die Antworten, welche die 2700 bezüglich Alter und Geschlecht repräsentativen Personen lieferten, ergaben folgendes Bild: Personen mit hohem Wissen handeln eher umweltgerecht als Menschen mit geringem Wissen. "Wir denken, dass Wissen allein keinen sehr starken Einfluss auf das Verhalten hat, jedoch eine notwendige Vorbedingung für erfolgreiches Umwelthandeln darstellt", erläutert Frick, erwähnt aber auf Nachfrage auch, dass es Studien-Teilnehmer gab, die viel wissen, aber nicht dem entsprechend handeln.


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Jaqueline Frick
Stellte fest, dass naturwissenschaftliches Allgemeinwissen wenig dazu beiträgt, dass umweltbewusst gehandelt wird: Jacqueline Frick von der Professur "Mensch-Umwelt-Beziehungen". gross

Der Befund, dass sich Frauen - obwohl sie insgesamt über weniger Wissen verfügen als Männer - im Durchschnitt umweltbewusster verhalten als Männer, veranlasst die Wissenschaftlerin zu folgender Spekulation: "Vielleicht sind Frauen kritischer in der Produktewahl und reagieren sensibler auf soziale Appelle wie das Umweltschutzanliegen. Jedenfalls ist dies ein Beispiel dafür, dass neben Wissen noch andere Faktoren hineinspielen." Dass Frauen aber weniger oft Auto fahren, habe aber auch damit zu tun, dass ihnen oft auch keines zur Verfügung stehe. Hingegen stellt sich Frick gegen die Annahme, Frauen seien grundsätzlicher ökologischer, weil sie öfters für den Haushalt zuständig sind. Denn Männer, die selbst den Haushalt führen, verhalten sich ebenfalls weniger ökologisch.

Wenig Wissen um Wirksamkeit

Zu denken an der Studie gibt die Tatsache, dass es den Befragten vor allem an Wirksamkeitswissen, das heisst Ökobilanzwissen mangelt. Zu einer Verbesserung der Situation könnten gemäss Frick auch die Medien beitragen, vor allem im Bereich des "rezeptartigen" Handlungswissens, das diese wahrscheinlich leichter vermitteln können, als das komplexe Systemwissen. So kann via Medien auf einfache Massnahmen wie die Wasserstopps in Toiletten-Spülungen hingewiesen werden, oder dass mit einer Energiesparlampe effektiv der Stromverbrauch gegenüber einer herkömmlichen Glühbirne um 80 Prozent reduziert werden kann. Grundsätzlich erkennt die Wissenschaftlerin ein "riesiges Potenzial" in individuellen Verhaltensweisen, fügt aber noch an: "Es müsste gelingen, besser zu veranschaulichen, was die eigenen Beiträge leisten können." Es gäbe schon einige vielversprechende, jedoch bisher zu wenig beachtete Versuche, das Wissen der Ökobilanzforschung anschaulich zu präsentieren.

Doch die Wissenschaftlerin bleibt auch selbst am Thema dran: In einer weiterführenden Studie ihrer Doktorarbeit will sie bis Ende 2002 die Prozesse genauer untersuchen, durch welche die drei Wissensarten Einfluss auf das umweltbezogene Verhalten nehmen.

Angesprochen darauf, ob sich Leute vielleicht ohne zu wissen umweltbelastend verhalten, antwortet Jaqueline Frick: „Aus der Literatur ist bekannt, dass grosse Missverständnisse im Bereich Wirksamkeitswissen bestehen." Der Effekt, wenn man konsequent das Licht abschaltet, wird zum Beispiel überschätzt. Doch nicht nur in Bezug auf Ökobilanzen existieren Irrmeinungen. So glaubten viele, dass Fliegen nicht sehr umweltbelastend ist, weil die Flugzeuge ja sowieso fliegen. „Der 11. September hat jedoch klar gemacht, dass auch im Flugverkehr sehr schnell auf eine sinkende Nachfrage reagiert wird.“


Fussnoten:
(1) Professur "Mensch-Umwelt-Beziehungen" der ETH: www.mub.umnw.ethz.ch/mub/index.html



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