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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 16.01.2006 06:00

Antibiotikaverbrauch in der Schweiz mit Vergleich zu Europa
'Krankes’ Genf, 'gesundes’ Appenzell

(cm) Betrachtet man den Antibiotikaverbrauch in der Schweiz, könnte man zum Schluss kommen, dass die Appenzeller gesünder sind als die Genfer. So war der ambulante Antibiotikaverbrauch an der Rhone in den letzten Jahren dreimal höher als in der Ostschweiz. Diese Zahlen sind in einer Studie des Nationalen Forschungsprogramms "Antibiotikaresistenz“ (NFP 49) enthalten, welche ein Forschungsteam um Massimo Filippini, Professor an der Wirtschaftsfakultät der Universität Lugano und am Departement für Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich, durchführte.

Für ihre ökonometrische Arbeit werteten die Forscher die Antibiotika-Verkaufszahlen der einzelnen Kantone in den Jahren 2002 bis 2004 aus und verglichen diese mit Daten aus europäischen Studien. Zudem suchten sie in der im Fachmagazin "Health Policy" (1) veröffentlichten Studie nach Gründen für regionale Unterschiede.

Beim internationalen Vergleich zeigte sich, dass selbst die Kantone mit den höchsten Verkaufszahlen deutlich unter dem europäischen Durchschnitt liegen. Der Verbrauch in der Schweiz lag im Jahre 2002 insgesamt gut dreimal tiefer als beim Spitzenreiter Frankreich. Aus diesem Befund zu schliessen, dass die Schweizer Ärzte nur im Notfall Antibiotika verschreiben, wäre aber voreilig. Denn der Verbrauch innerhalb der Schweiz variiert, wie eingangs erwähnt, ebenfalls stark, was gemäss den Forschern nicht medizinisch erklärt werden kann.

Bildung als Schutz

Bei ihrer Suche nach den Gründen der Unterschiede in der Schweiz stiessen die Wissenschaftler auf verschiedene Faktoren. So ergaben ihre statistischen Analysen, dass die Altersstruktur der Bevölkerung besonders grossen Einfluss ausübt: Menschen ab 65 Jahren nehmen weniger Antibiotika als Jüngere. Die Autoren vermuten, dass sie wegen fehlendem Kontakt am Arbeitsplatz weniger angesteckt werden. Dabei gilt es aber zu beachten, dass der Antibiotikaverbrauch in Alters- und Pflegeheimen nicht berücksichtigt werden konnte, da die Studie nur den ambulanten Konsum berücksichtigt.

Neben dem hohen Alter scheinen auch gut gebildete Patienten mit hohem Einkommen weniger Antibiotika zu konsumieren. Gegenteilig wirken sich ein tiefer Medikamentenpreis, ein hoher Ausländeranteil sowie die Häufigkeit von Infektionen aus. Zudem existieren anscheinend auch kulturelle Unterschiede bei der Verschreibungspraxis, denn das Welschland und das Tessin liegen am oberen Ende der Antibiotikaverbrauchs-Skala.

Weitere Projekte

Ein wichtiger Faktor, der positiv mit dem Verbrauch korreliert, ist zudem die Ärztedichte. Es scheint darum sicher nicht unangebracht, dass die Wissenschaftler in einer weiteren, noch laufenden Studie speziell untersuchen sie, wie sich der in manchen Kantonen zugelassene Direktverkauf von Medikamenten durch Ärzte auf den Antibiotikaverbrauch auswirkt.

Neben dieser Studie läuft gemäss einer Medienmitteilung des Nationalfonds von heute Montag noch ein anderes Projekt des Nationalen Forschungsprogramms „Antibiotikaresistenz“. Das Team um die Infektiologin Kathrin Mühlemann von der Universität Bern entwickelt dabei ein nationales Überwachungssystem für Antibiotikaresistenzen. Damit soll das Verhältnis zwischen dem Antibiotikakonsum und dem Auftreten resistenter Bakterien geklärt werden.


gross
Bilder: Filippini , Masiero und Moschetti (2006) gross


Fussnoten:
(1) Filippini M, Masiero G, Moschetti K: “Socioeconomic determinants of regional differences in outpatient antibiotic consumption: Evidence from Switzerland”, Health Policy, 8. Nov. 2005, Online-Publikation



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