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Rubrik: Science Life |
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Auswirkungen von Elektrosmog: Studiendesign muss eindeutige Resultate erlauben Es strahlt im Handymeer |
Bis heute liegen keine wissenschaftlich anerkannten Feldstudien über die Strahlenbelastung durch den Mobilfunk vor, obschon das Thema seit Jahren diskutiert wird und politisch brisant ist. Die Forschungsstiftung Mobilkommunikation (1) der ETH Zürich hat nun die Frage abklären lassen, ob Feldstudien über eine allfällige gesundheitliche Beeinträchtigung überhaupt möglich sind. Von Michael Breu Das Mobilfunknetz GSM deckt in der Schweiz mittlerweile den kleinsten Winkel im Land ab, über 80 Prozent der Bevölkerung nutzt die Vorteile des Handys. Inzwischen wird weiter tüchtig ausgebaut: die drei Mobilfunkanbieter Swisscom Mobile, Sunrise und Orange erstellen derzeit das Netz der dritten Generation (UMTS) und investieren in den Aufbau der Netze W-LAN und Bluetooth. Die Zukunft, so verspricht Fulvio Caccia, Präsident der ComCom, werde effizientere Netze bringen, welche eine deutlich geringere Strahlenbelastung mit so genanntem Elektrosmog aufweisen. Heute überschreiten nur wenige Mobilfunkanlagen den strengen Grenzwert von 4 (900 MHz) bzw. 6 (1800 MHz) Volt pro Meter. Zum Vergleich: Wer sich während 24 Stunden in der Nähe einer Mobilfunk-Basisstation aufhält, die mit einer Feldstärke von 1 V/m strahlt, ist einer ähnlichen Strahlendosis ausgesetzt, wie wenn er während drei Minuten telefoniert oder sich eine Stunde lang einen Meter von einem eingeschalteten Handy entfernt aufhält. Trotzdem besteht bei vielen Frauen und Männern die Angst, dass Mobilfunk negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnte. Die Angst wird von zahlreichen halbwissenschaftlichen Studien genährt, die Tumore, Migräne und Konzentrationsstörungen als Folgen von Elektrosmog beschreiben. Bernhard Aufdereggen, Vorstandsmitglied der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz und seit 17 Jahren praktizierender Mediziner in Visp, warnt: „Es bestehen ernst zu nehmende Hinweise für Beeinträchtigungen der Gesundheit durch Basisstationen.“ Konkrete Studien, die wissenschaftlich allgemein anerkannt sind, liegen bis heute allerdings keine vor, zu viele Fragen über das Studiendesign sind noch offen.
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Mit einem Science Brunch (2) versuchte kürzlich die Forschungsstiftung Mobilkommunikation, die von der ETH Zürich und den drei Mobilfunkanbietern Swisscom Mobile, Sunrise und Orange gegründet wurde, die Diskussion anzuregen: „Sind Feldstudien zur Gesundheit überhaupt möglich?“, fragte Gregor Dürrenberger von der Forschungsstiftung die rund 40 anwesenden Experten. Um die Frage unabhängig zu klären, startete ein Team um Georg Neubauer von Seibersdorf Research, einem Unternehmen der Austrian Research Centers, vor zwei Jahren eine Untersuchung. Am Science Brunch stellte Neubauer seine Resultate erstmals einem breiten Publikum vor (den Fachleuten wurden sie Ende Juni 2004 am 26. Jahrestreffen der Bioelektromagnetischen Gesellschaft in Washington DC vorgestellt). Eine Feldstudie zur Gesundheit sei prinzipiell möglich, folgerte der studierte Elektroingenieur aus den Resultaten. Allerdings müssten einige Eckpunkte im Studiendesign so definiert werden, dass eindeutige Aussagen abgeleitet werden können. Hier liege jedoch das Hauptproblem: „Wie kann man das Wohlbefinden messen?“, fragte Neubauer. Reichen dafür Messgrössen aus EEG und EKG? Oder braucht es dafür auch Blutwerte? Und wie sollen die Auswirkungen den verschiedenen Strahlenquellen zugeordnet werden? Denn neben dem Handy und der Mobilfunkantenne strahlen auch drahtlosen Telefone, Polizei- und Amateurfunk sowie Richtstrahler von Radio- und Fernsehstationen. Georg Neubauer empfiehlt deshalb, in einem ersten Schritt kontrollierte Laborstudien durchzuführen und erst später auf Feldstudien auszuweiten. Im Auftrag der Forschungsstiftung Mobilkommunikation soll nun in einem ersten Schritt eine Studie der TNO-Labore wiederholt werden, die vor einem Jahr für Aufsehen sorgte (3). Darin wurde festgestellt, dass die GSM-Strahlung – im Unterschied zu jener des UMTS – keinen konsistenten Einfluss auf kognitive Fähigkeiten und auf das Wohlbefinden hat.
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