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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 24.11.2005 06:00

Lutz Bornmann zum h-Index
Neues Mass nehmen

Dieses Jahr schlug ein amerikanischer Physiker ein neues Mass, den h-Index, vor, um die wissenschaftliche Leistung von Forschern zu messen. Der ETH-Postdoktorand Lutz Bornmann nahm für eine erste Evaluation Mass mit dem neuen Mass. Er hält es für vielversprechend, wenn auch massvoll mit diesem Index umgegangen werden sollte.

Christoph Meier

Ed Witten hat einen Wert von 110, Marvin Cohen einen von 94 oder Stephen W. Hawking wird durch 62 charakterisiert. Zu einer solchen Zahlen-Zuordnung kommt es, wenn man den h-Index auf die Publikationen einiger berühmter Physiker anwendet. Dies hat der amerikanische Physiker Jorge Hirsch von der University of California in San Diego getan, der den Index diesen Sommer als neues Mass für die Einschätzung der wissenschaftlichen Leistung von Forschenden vorschlug (1)(2).

110 bedeutet dabei, dass Ed Witten 110 Publikationen vorweisen kann, die jeweils zumindest 110 Mal zitiert wurden. Oder abstrakter, ein Wissenschaftler hat einen Index h, wenn h von seinen insgesamt N Veröffentlichungen mindestens jeweils h Zitierungen haben und die anderen (N-h) Publikationen weniger als h Zitierungen. Der Index koppelt damit die Anzahl Publikationen mit der Zitationshäufigkeit.

Robust gegen Ausreisser

In dieser Verbindung sieht Lutz Bornmann, Postdoktorand an der ETH-Professur für Sozialpsychologie und Hochschulforschung (3), den grossen Vorteil des neuen Masses. Die neue Beurteilungsmethode sei robuster gegen Ausreisser. Eine einzelne, häufig zitierte Publikation würde nicht mehr so stark ins Gewicht fallen wie auch die Vielschreiberei ohne Zitate. Zudem, so Bornmann, könne man den h-Index sehr einfach berechnen.

Eine erste Überprüfung der Messgrösse hat der Wissenschaftler ausserhalb der Physik durchgeführt. Er wendete den h-Index auf eine Gruppe von gut 400 promovierten Biomedizinern an, die sich in den 90er Jahren für ein Stipendium beim Boehringer Ingelheim Fonds (BIF) beworben haben (4)(5). Analysierte man die Publikationen (rund 1600) vor der Bewerbung und zählte die Zitationen bis Ende 2001 (rund 61'000) zeigte sich, dass die erfolgreichen Bewerber im Durchschnitt den höheren h-Index aufwiesen als ihre abgewiesenen Konkurrenten. Die Bewertung durch den h-Index führte also zu einer gleichen Aufteilung, wie sie die Experten im Auswahlkomitee des BIF vorgenommen hatten.


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Mit dem h-Index lässt sich eine Rangliste von Physikern erstellen. Dabei ist Ed Witten vor Marvin Cohen und Stephen W. Hawking platziert (vlnr).

Vorderhand noch Vorsicht bei Quervergleichen

Als rohes Mass sei der h-Index ein gutes Qualitätsmass, befindet darum Bornmann. Trotzdem mahnt er zu Vorsicht, bereits Masszahlen für einzelne Gebiete zu nennen. Dies hatte Hirsch getan, der einen Physiker nach 20 Jahren mit einem h-Index von 40 als „outstanding scientists likely to be found only at the major research laboratories“ einstufte. Zudem gilt es gemäss dem ETH-Wissenschaftler zu berücksichtigen, dass die Datenbanken für die Bestimmung von Zitierhäufigkeiten – fast immer bezieht man sich auf die „Thomson ISI Web of Science“-Datenbank – mit Bedacht zu verwenden sind und Zitier-wie auch Publikationshäufigkeiten nicht nur von der wissenschaftlichen Qualität, sondern auch von anderen Faktoren abhängen.

Um aber zu schauen, wie gut die Annäherung an die Qualität von Wissenschaftlern ist, will Bornmann den h-Index noch weiter evaluieren. Er weist auch auf Studien hin, bei denen Forscherkollegen einen erweiterten h-Index, den hI-Index, entwickelt haben, der auch Vergleiche zwischen verschiedenen Gebieten ermöglichen soll. Würde sich ein solches Mass bewähren, könnte man dann beispielsweise das delikate Unterfangen machen, eine hochschulinterne Rangliste zu erstellen.


Fussnoten:
(1) Hirsch, J. E. (2005). An index to quantify an individual’s scientific research output.: http://arxiv.org/abs/physics/0508025
(2) Bericht in "Nature" zum h-Index:"Index aims for fair ranking of scientists", Philip Ball, Nature 436, 900-900 (18 Aug 2005) News:www.nature.com/nature/journal/v436/n7053/full/436900a.html
(3) Professur für Sozialpsychologie und Hochschulforschung: www.psh.ethz.ch/
(4) Lutz Bornmann and Hans-Dieter Daniel: "Does the h-index for ranking of scientists really work?", Scientometrics Volume 65, Number 3.
(5) Mit dem Datensatz zu den Bewerbern für den Boehringer Ingelheim Fonds führte Lutz Bornmann eine Studie zu Zuverlässigkeit, Fairness und Erfolg des Peer-Review durch: Bornmann, L. (2004). Stiftungspropheten in der Wissenschaft. Münster: Waxmann.



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