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![]() Rubrik: Science Life Am Montag ist Welt-Malariatag: ETH-Forschung hat die Tropenkrankheit im Visier Süsse Hoffnung |
![]() Published: 22.04.2005 06:00 Modified: 22.04.2005 03:33 ![]() |
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Malaria, die häufigste Tropenkrankheit der Welt, ist ungebremst auf dem Vormarsch, berichtet eine Forschergruppe im Magazin Nature. Den Kampf gegen diese Geissel haben auch Wissenschafter der ETH Zürich aufgenommen. Unter anderem versuchen sie, den Überträger der Malaria zu bekämpfen und eine neue Generation von Impfstoffen gegen die Erreger der Infektionskrankheit zu entwickeln. Von Michael Breu (mailto:breu@cc.ethz.ch) Malaria ist zum grössten Killer unter den Tropenkrankheiten geworden: Weltweit holen sich über 300 Millionen Menschen das „Sumpffieber“, jeder dritte Erkrankte wird zum klinischen Fall, zwei bis drei Millionen sterben schliesslich an den Folgen. Und das jedes Jahr! Die gefährlichste Form ist die Malaria tropica, die vom Parasiten Plasmodium falciparum ausgelöst wird und in 30 Prozent aller Fälle tödlich endet. Malaria tropica ist weiterhin ungebremst auf dem Vormarsch. Zu diesem Schluss kommt eine Forschergruppe um Robert W. Snow vom Zentrum für tropische Medizin der britischen University of Oxford. Snow und Kollegen haben die Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2002 unter die Lupe genommen und nachgewiesen, dass die Zahl der Infektionen zwischen 50 und 200 Prozent höher liegt als von der WHO befürchtet, berichten sie im Magazin Nature(1) . Medikamente sind zu teuerMedikamente gegen Malaria wie Chloroquin, Meflaquin, Chinin und relativ neu, Derivate von Artemisinin sind zwar auf dem Markt erhältlich, aber für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten Afrikas zu teuer. Hinzu kommt die rasche Entwicklung von Resistenz. Daher wird intensiv an Impfstoffen geforscht. Zurzeit sind 18 Vakzine in der klinischen Testphase. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich gegen Eiweisse auf der Zellhülle der Plasmodien richten und deshalb selektiv nur gegen einen bestimmten Typ wirken.
Einen anderen Weg haben Louis Schofield und Peter H. Seeberger (2) gewählt. Schofield vom australischen Royal Melbourne Hospital und Seeberger, damals Chemie-Professor am MIT, heute an der ETH Zürich tätig, stellten vor drei Jahren im Magazin Nature erstmals das künstlich hergestellte Malariatoxin GPI vor (3) . Das Glykolipid – eine Zucker-Fett-Verbindung – kommt auf der Zelloberfläche der Plasmodien vor und ist für die giftige Wirkung verantwortlich. Die Idee: Liesse sich die giftige Wirkung des Toxins blockieren, wäre ein idealer Impfstoff gegen Malaria gefunden.
Inzwischen ist das Team um Peter Seeberger dem Ziel einige Schritte näher gekommen. Die erste Etappe liessen die Chemiker 2001 erfolgreich hinter sich, als sie ein Gerät entwickelten, mit dem sich Zuckermoleküle schnell, einfach und kostengünstig herstellen lassen (4) . Ein weiterer Schritt gelang dem Team kürzlich. Im Fachmagazin Chemistry & Biology berichteten sie vor vier Monaten, wie die Kommunikation zwischen Krankheitserregern und Körperzellen beobachtet werden kann (5) . Im Moment stellt Seebergers Start-up-Unternehmen Ancora Pharmaceuticals in Cambridge einen Kandidaten für den Malaria-Impfstoff im Kilomassstab her. Ende 2006, so hofft der Chemieprofessor, soll die Substanz an Menschen in Ghana und Tansania getestet werden; als „sweet hope“, süsse Hoffnung, bezeichnete die Technology Review vor einem Jahr das Zuckermolekül. Sollten diese Tests erfolgreich verlaufen, könnte bereits in zehn Jahren ein Impfstoff vorliegen. Bt-Toxin gegen MalariaAuf einem anderen Gebiet der Malariabekämpfung arbeitet Peter Lüthy (6) . Der emeritierte ETH-Professor untersuchte am Institut für Mikrobiologie seit den frühen 1980er-Jahren die Wirkung des Bt-Toxins (korrekt: der Cry-Toxine) als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel. Seit 1987 setzt Lüthy Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) erfolgreich gegen die Larven der Stechmücke Aedes vexans in der Magadino-Ebene ein. Die Varietät israelensis ist nach ihrem zufälligen Fundort benannt, der Negev-Wüste im Süden von Israel. Alle Grundlagenuntersuchungen und Prüfungen in Tierversuchen haben gezeigt, dass Bacillus-thuringiensis-Produkte sämtlichen Sicherheitsanforderungen genügen und die Umwelt nicht beeinträchtigen. Seit Herbst 2004 prüft Lüthy nun oberhalb des Viktoriasees in Ostafrika, wie mit Hilfe von Bti-Produkten die im stehenden Wasser brütenden Anopheles-Larven, die Überträger der Malaria, effizient und selektiv abgetötet werden können. Nach erfolgreichen Feldversuchen sind die Forscher inzwischen zu grossflächigen Behandlungen übergegangen. Schweiz unterstützt die ForschungKoordiniert wird das Projekt zusammen mit Wissenschaftern vom International Center for Insect Physiology and Ecology (ICIPE) in Nairobi, Kenia; finanziell unterstützt wird es von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) sowie der privaten Stiftung BioVision (7) . Der Einsatz von Vectobac – so heisst das kommerziell erhältliche Produkt – ist aber nur ein Schritt in Lüthys Arbeit. Ebenso wichtig ist der Know-how-Transfer, die Vermittlung des Wissens an die lokale Bevölkerung, wie und unter welchen Bedingungen sich die Larven zu Stechmücken entwickeln. „Im Projektgebiet bieten hunderte von Wassertümpeln ideale Brutgelegenheiten für die Anopheles-Larven. Diese Tümpel sind durch Stechen von Lehm für die Backsteinproduktion entstanden“, sagt Lüthy. Der Mikrobiologe ist sich bewusst, dass der Einsatz von Bacillus thuringiensis immer nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil der Malariabekämpfung bleiben wird. „Erfolg ist nur unter Einbezug und Integration sämtlicher zur Verfügung stehender Methoden möglich. Sie reichen von Umweltmassnahmen, über mit Insektiziden imprägnierten Mosquitonetzen, bis hin zu Medikamenten und Impfstoffen“, sagt Lüthy. „In den Malariaprogrammen ist Erziehung und Information ein sehr wichtiger Punkt. Kinder müssen in der Schule über Malaria unterrichtet werden und die Informationen nach Hause tragen. Die Bevölkerung muss bei der Reduktion der Brutstätten mithelfen. Für die eigentlichen Bekämpfungsmassnahmen, die von GPS und GIS als Kartierungshilfen und für Kontrollen unterstützt werden, sollten ausgebildete Personen mit einem Basiswissen in Naturwissenschaften eingesetzt werden“, sagt der Fachmann. „Sollten die Bti-Behandlungen weiterhin erfolgreich sein, könnte diese Methode mit den notwendigen Adaptationen auf weitere Malariagebiete ausgedehnt werden.“ Nach den ersten Berechnungen sind die Kosten der Bti-Behandlungen gering. Der Preis von einem Franken pro 1000 bis 2000 Quadratmeter behandelter Wasserfläche ist verglichen mit der erzielten Wirkung bescheiden. Auch eine Impfung sollte nicht alle Welt kosten; Peter Seeberger hofft, dass eine Dosis für weniger als fünf Dollar zu haben sein wird. Eine integrierte funktionierende Malariabekämpfung sollte nach Meinung von Peter Lüthy jedoch Priorität haben, die Kostenberechnungen angesichts des menschlichen Leidens, das die Malaria verursacht, während der experimentellen Phasen in den Hintergrund rücken.
Footnotes:
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