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Rubrik: Science Life

Veranstaltung zur Synthetischen Biologie
Fast ein Déją-vu

Published: 29.06.2007 06:00
Modified: 28.06.2007 15:18
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Was man sich unter synthetischer Biologie vorzustellen hat, wissen noch wenige. Doch die involvierten Forscher bemühen sich bereits um das Gespräch mit der Bevölkerung. In einer Begleitveranstaltung zur Konferenz „SyntheticBiology3.0“ (1) , die in den letzten Tagen an der ETH stattfand, organisierte das „Forum Genforschung“ eine Informations- und Diskussionsveranstaltung. Vieles erinnerte an die Kontroverse zur Gentechnik, auch wenn das Potenzial des neuen Gebietes riesig erscheint.



Christoph Meier (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch)

„Es ist ein Déją-vu, darin bin ich mit Frau Arz de Falco einig“, resümierte Sandro Rusconi, Präsident des Forums Genforschung der Akademie der Naturwissenschaften (sc-nat) am Ende der Veranstaltung „Synthetic Biology – Potenzial für de Zukunft sinnvoll nutzen“. Die Ethikerin des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung der Schweiz hatte in der Diskussion bemerkt, dass sie vieles des an diesem Abend Gehörten an die Gentechnikkontroverse erinnere. Dem mochte niemand widersprechen, denn in der Tat war vieles vergleichbar.

Die Warnungen Marcels Hänggis, Wissenschaftsredaktor der Wochenzeitung, nicht zu viel zu versprechen, Folgenabschätzung zu betreiben oder auch diffuse Ängste ernst zu nehmen, erschienen einem als Zuhörer nicht spezifisch für die synthetische Biologie zu sein Das hängt vielleicht damit zusammen, dass der Wissenschaftszweig, für welchen der Begriff steht, in der Bevölkerung noch kaum bekannt ist. Zurecht wies Hänggi darauf hin, dass es wichtig wäre, auf diesem Gebiet von Anfang an behutsam zu kommunizieren. Der Comic, wie ihn die sc-nat einen publiziert hat, sei dafür aber ein schlechtes Beispiel. Denn in diesem kommt ein Junge vor, der in der Manier von Goethes Zauberlehrling versucht, Lebewesen nutzbar zu machen.

In der Nutzbarmachung von Lebewesen erkannte Michael Siegrist, ETH-Professor für Umweltentscheidungen, nicht das eigentliche Problem für die Akzeptanz der synthetischen Biologie. Es gehe vielmehr darum, dass der Nutzen für die Bevölkerung offensichtlich sein müsse – etwas was bei der Gentechnik nicht der Fall gewesen sei. Siegrist wies darauf hin, dass das Wissen in der Bevölkerung nie ausreiche für eine positive Haltung gegenüber einer neuen Technik, sondern immer auch auf Vertrauen basiere.

Komplexität reduzieren, Module definieren

Doch in was soll man Vertrauen haben? Mit was sich die synthetische Biologie befasst, versuchte Sven Panke, ETH-Professor am Institut für Verfahrenstechnik, zu erläutern und ging damit über Déją-vus hinaus. Das neue Gebiet befasse sich mit Um- und Neubau von Lebewesen. Im Moment sei man aber noch in der Konzeptphase. Als erste Erfolge gibt es ein minimalisiertes Genom eines Bakteriums und die Produktion von Artemisinin, eines Wirkstoffes gegen Malaria, vorzuweisen. Grundsätzlich versuche man, so Panke, Komplexität zu reduzieren und dabei beispielsweise einzelne Module in Lebewesen zu definieren. Dabei helfe auch das neue Gebiet der Systembiologie, das mit mathematischen Methoden und Computermodellen ganze biologische Systeme beschreibt. Gelingt es vermehrt, ganze Syntheseprozesse in lebende Systeme zu integrieren, dann verspricht das gemäss Panke grosse Fortschritte für das Lösen der Probleme in der Medizin oder der Energieversorgung.

Ein Comic zur synthetischen Biologie, der bei Skeptikern kaum Ängste abbauen dürfte.

Bisherige Errungenschaften kaum erwähnt

Vielleicht von der Kontroverse um die Gentechnik geprägt, äusserte sich der Wissenschaftler aber vorsichtig. Doch wie Viola Vogel, ETH-Professorin für Biologisch-Orientierte Materialwissenschaft, die auf dem Podium sass, schätzt er den Nutzen wie auch das Missbrauchspotenzial der synthetischen Biologie als immens ein. In Bezug auf die Risikoforschung, die nötig sei, machte Vogel darauf aufmerksam, dass man dafür von Forschungsstiftungen häufig kaum Geld erhalte.

Als Zuhörer erhielt man den Eindruck, dass die Wissenschaftler bemüht sind um den Dialog und die Gefahren erkennen, ja man war fast schon etwas irritiert über deren defensive Haltung. Auch der Moderator des Abends, der zuerst mögliche Errungenschaften des neuen Gebietes schon fast als Tatsachen hingestellt hatte, konnte oder wollte nicht grössere Einordnungshilfen bieten. Erstaunlicherweise wies niemand auf Erfolge der Gentechnik hin. Nur Sven Panke erwähnte, dass die synthetische Biologie eine Fortführung derselben sei.

Historisch erfolgte beim Anlass auch sonst wenig Aufklärung. Erwähnenswert wäre vielleicht gewesen, dass an der ETH mit dem Golden Rice, in den eine ganze Stoffwechselkette integriert wurde, auch bereits erste Schritte in synthetischer Biologie unternommen wurden und zudem einige Forschung in diesem Gebiet läuft, wie man auch aus dem Konferenzprogramm entnehmen konnte. Aus Schweizer Sicht wäre vielleicht auch die Begebenheit eine Notiz wert gewesen, dass 1988 in Interlaken eine Konferenz unter dem Titel „Redesigning the Molecules of Life“ stattfand mit einem Pionier der synthetischen Biologie, dem Amerikaner Steven Benner. Der originale Titel hiess damals „Redesigning Life“. Er wurde aufgrund befürchteter Proteste geändert.

Footnotes:
(1 Synthetic Biology 3.0: www.syntheticbiology3.ethz.ch/index.htm


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