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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 19.05.2006 06:00

Krankheitserreger nutzt Phosphoinositol-Stoffwechsel aus
Wie sich Legionellen verankern

Der Erreger der Legionärskrankheit, das Bakterium Legionella pneumophila, nutzt für seine Zwecke den Phosphoinositol-Stoffwechsel seiner Wirtszellen aus. Diesen Befund, der in der Fachzeitschrift „PLoS Pathogens“ publiziert wurde, machten ETH-Forscher anhand von Amöben, wobei die grundlegenden Mechanismen auch für die von Legionellen befallenen Zellen des Menschen gelten.

Christoph Meier

Legionella pneumophila erlangte traurige Berühmtheit als Erreger der Legionärskrankheit beim Menschen. Trotzdem ist der bevorzugte Wirt der Bakterien nicht Homo sapiens, sondern es sind einzellige Amöben. Nach der Aufnahme durch Amöben bilden die weit verbreiteten Bakterien ein Membran-umschlossenes Kompartiment in der Wirtszelle, die „Legionellen-enthaltende Vakuole“. Dieses Kompartiment wandelt sich von einer eng anliegenden zu einer geräumigen Vakuole, worin sich die Bakterien vermehren. Bemerkenswert bei ihrem Durchgang durch die Amöben ist, dass die Legionellen den Abbau durch die Wirtszelle umgehen und diese unbeschadet wieder verlassen. Diese Leistung hängt eng mit einem als „Icm/Dot“ bezeichneten Transport-System der Legionellen zusammen. Doch wie das Icm/Dot-System den Stoffwechsel der Wirtszelle beeinflusst, war bisher weitgehend unklar.

Der Phosphoinositid-Stoffwechsel kommt als möglicher Kandidat in Frage, da die Phosphoinositide wichtige Signal-Lipide bei der Bildung von Membran-umschlossenen Kompartimenten darstellen. Das vermutete auch Hubert Hilbi, SNF-Assistenzprofessor für Mikrobiologie (1). Es überraschte ihn daher nicht sonderlich, als er entdeckte, dass Amöben der Art Dictyostelium discoideum mit Mutationen im Phosphoinositid-Stoffwechsel speziell auf Legionellenbefall reagierten. Um den Mechanismus besser zu verstehen, planten er und seine Mitarbeiter eine Serie von Versuchen, die auch den direkten Zusammenhang von Phosophoinositiden mit dem Icm/Dot-System erhellen sollten. Die Resultate der Studien wurden in der Mai Ausgabe der Fachzeitschrift PLoS-Pathogens publiziert (2).

Hinderliche und förderliche Wirtszell-Enzyme

Hilbis Gruppe fand dabei heraus, dass der Übergang von engen zu geräumigen Vakuolen nicht nötig ist für die Vermehrung der Legionellen. Eine wichtige Rolle dabei spielen Phosphatidylinositol-3 (PI3) Kinasen, also Enzyme welche eine Phosphat-Gruppe an Phosphoinositid-Substrate knüpfen. Funktionelle PI3 Kinasen erschweren die intrazelluläre Vermehrung von Legionellen und bewirken gleichzeitig eine schnellere Aufnahme und einen effizienteren Abbau von Legionellen mit einem defekten Icm/Dot-System.


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Eine Legionellen-enthaltende, rund zwei Mikrometer grosse Vakuole (grün), in Dictyostelium-Amöben. Man erkennt, dass das PI(4)P-Lipid (blau) der Amöben ein Bestandteil der Vakuolen ist. (Bild: Hubert Hilbi) gross

Doch es gibt auch Moleküle der Amöbe, welche die Legionellen für ihre Zwecke einspannen: Das Wirtszell-Lipid Phosphatidylinositol-4 Phosphat (PI(4)P) bindet auf den Legionellen-enthaltenden Vakuolen das vom Icm/Dot-System transportierte Protein SidC und dient so den Bakterien als Membrananker. Dieser erlaubt es der Vakuole, mit anderen Membranen zu interagieren. Da PI(4)P zudem typisch ist für den Ausscheidungsweg der Amöben, spricht der Befund auch dafür, dass dieses Lipid die Legionellen möglicherweise unterstützt, die Wirtszelle zu verlassen.

Notwendiger, aber nicht ausreichender Faktor

Obwohl die Forscher der Hilbi-Gruppe gewisse Versuche nur in Dictyostelium-Amöben durchführten, gelten ihre Einsichten höchstwahrscheinlich auch für den Menschen. Denn einzelne Ergebnisse, wie das Vorkommen von PI(4)P auf Legionellen-enthaltenden Vakuolen waren auch auf Makrophagen, menschliche Wirtszellen der Legionellen, übertragbar. Der Mechanismus der intrazellulären Vermehrung ist in Amöben und Makrophagen sehr ähnlich, und PI(4)P scheint dabei in notwendiger, wenn auch aus Sicht von Hilbi nicht ausreichender Faktor für einen erfolgreichen Legionellenbefall darzustellen.

Apropos erfolgreich: Der ETH-Wissenschaftler hofft zwar, dass seine Ergebnisse längerfristig auch helfen werden, die Legionärskrankheit besser zu bekämpfen. Er erinnert aber daran, dass sich der Mensch in erster Linie durch ungünstig angelegte und schlecht gewartete Warmwassersysteme selbst gefährdet. In diesen technischen Wassersystemen können sich Legionellen unter Umständen derart gut vermehren, dass eine Ansteckung des Menschen eintreten kann, obwohl dieser für die Legionellen eigentlich eine Infektions-„Sackgasse“ darstellt.


Literaturhinweise:
"ETH Life"-Artikel zur Legionellenforschung von Hubert Hilbi "Vereint gegen Legionellen": www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/legionellenhilbi.html

Fussnoten:
(1) Forschungsgruppe von Hubert Hilbi: www.micro.biol.ethz.ch/re/re_hilbi/index.htm
(2) Weber SS, Ragaz C, Reus K, Nyfeler Y, Hilbi H (2006) "Legionella pneumophila exploits PI(4)P to anchor secreted effector proteins to the replicative vacuole". PLoS Pathog 2(5): e46.



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