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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 25.08.2005 06:00

Ressourcen- und Umwelttrends sowie schweizerische Sicherheit
Sicherheit durch Nachhaltigkeit

Im Auftrag des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport untersuchten zwei ETH-Forscher, wie sich globale Ressourcen- und Umwelttrends auf die schweizerische Sicherheitspolitik auswirken. Obwohl keine unmittelbare Bedrohung für die Schweiz auszumachen ist, empfehlen die Wissenschaftler, dass sich die Schweiz stärker engagiert und beispielsweise Initiativen wie die „Extractive Industries Transparency Initative“, die mehr Transparenz bei der Ressourcenbewirtschaftung verlangt, unterstützt.

Von Christoph Meier

Das Bewusstsein für Umwelt und Ressourcen hat im Verlauf des letzten Jahrhunderts stark zugenommen. Entsprechend hat man auch das Konfliktpotenzial, das über die Spannungen bei der Erdölgewinnung hinausreicht und bis zu Wasserkonflikten sowie der Klimawandeldiskussion reicht, erkannt. Vor diesem Hintergrund entschied sich das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), die Forschungsstelle für Sicherheitspolitik der ETH Zürich mit einer Studie zu beauftragen (1). Nach Aussage eines der Mitautoren der Studie, Simon Mason, sollte mit dieser Arbeit die Sicherheitsrelevanz von Entwicklungen im Bereich der Umwelt und Ressourcen für die Schweiz untersucht werden. Die Studie „Globale Ressourcen- und Umwelttrends und schweizerische Sicherheitspolitik“, die sich auf bereits vorhandene Literatur stützen kann, erschien letztes Jahr in gedruckter Fassung sowie online und jüngst in einer stark gekürzten Fassung im Rahmen des Bulletin 2005 zur schweizerischen Sicherheitspolitik (2).

Zunehmende Konzentration bei der Erdölförderung

Ihre Arbeit unterteilten die ETH-Forscher in drei Schritte. In einem ersten Schritte versuchten sie, Trends bis zum Jahre 2030 festzumachen. Für das Erdöl stellten sie dabei beispielsweise fest, dass die Weltwirtschaft zunehmend von den Erdöl- und Erdgasreserven des Mittleren Ostens und Russlands abhängig sein wird. Obwohl gemäss Mason heute Libyen und Algerien fast 90 Prozent des Rohölbedarf unseres Landes abdecken, ist es wegen der starken internationalen politischen und wirtschaftlichen Vernetzung daher auch von schweizerischem Interesse, die Entwicklung im Nahen Osten und Russland aufmerksam zu verfolgen. Erdöl kann als nichterneuerbare Ressource wie Diamanten oder das Rohmineral Coltan leicht zu bewaffneten Konflikten führen.

Im Bezug auf die Ressource „Wasser“ schätzen die Autoren der Studie, dass trotz der zunehmenden Bedeutung keine Kriegsgefahr aus dem Kampf ums Wasser droht. Da aber für die Nahrungsmittelproduktion Wasser unabdingbar ist und der entsprechende Markt im Jahre 2025 einen geschätzten Umfang von 450 Milliarden US-Dollar aufweist, sehen sich wasserarme Länder zunehmend mit einem Sicherheitsproblem konfrontiert. Bezüglich weiterer Trends stellen die ETH-Wissenschaftler fest, dass das Klima sicherheitsrelevant werden könnte, aber entsprechende grössere Auswirkungen des prognostizierten Wandels seien erst nach 2030 zu erwarten.

Missbrauch des Finanzplatzes als Gefahr

Nach der Zusammenstellung der Trends versuchten die Forscher in einem zweiten Schritt, ihre Auswirkungen für die Sicherheit der Schweiz festzumachen. Bezüglich der Ernährungssicherheit erkennen sie keine Probleme, da die Schweiz hauptsächlich aus dem EU-Raum importiert. Das grösste Unsicherheitspotenzial messen Mason und sein Mitautor Adrian Müller den durch die besprochenen Trends verursachten Destabilisierungen im Ausland und deren potentiellen Folgen zu: Terrorismus, Menschenschmuggel und –handel, Verbreitung von Krankheiten sowie Drogen- und organisierter Kriminalität. In Bezug auf den letzten Punkt wäre die Schweiz vor allem durch den Missbrauch des Finanzplatzes gefährdet. Aus Sicht der Terroristen könnte die Schweiz aufgrund ihrer internationalen Vernetzung interessant sein. Die Gefahr eines Anschlags wird dabei als möglich, wenn auch nicht als gross eingeschätzt.


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Bau eines Bewässerungskanals in Äthiopien, um dem chronischen Hunger im Land entgegezuwirken. Im NCCR Nord-Süd Programm untersucht die ETH-Forschungsstelle für Sicherheitspolitik zusammen mit Swisspeace, wie das Wasser im Nilbecken nachhaltig genutzt werden kann (Bild: Eva Ludi). gross

Im dritten Schritt, den Massnahmen, empfehlen die ETH-Wissenschaftler, dass die Schweiz neben innenpolitischen Anstrengungen zu nachhaltigerem Konsumverhalten verstärkt an internationalen friedensunterstützenden Massnahmen teilnehmen sollte – Massnahmen, die natürlich international koordiniert werden sollten. Grundsätzlich soll in den „Köpfen der Wandel vom alten Bild der Landesverteidigung in Europa zu einer regionalen Kooperation mit Europa vollzogen werden“.

Abseitsstehen der Schweiz

Heutzutage ist Sicherheitspolitik gemäss den ETH-Wissenschaftlern nur vor dem Hintergrund einer weiterhin zunehmenden globalen wirtschaftlichen und politischen Vernetzung zu sehen. Aussenpolitisch erkennen sie zum Beispiel ein beachtliches Potenzial zur Friedensicherung, indem man mehr Transparenz in die Ressourcenbewirtschaftung bringt, sei es mit zwischenstaatlichen Verträgen oder privatwirtschaftlichen Aktionen. Für letztere stehen Labeling-Aktionen, wie man es von „Max Havelaar“ her kennt. Beispielhaft auf staatlicher Ebene ist für Mason die „Extractive Industries Transparency Initative“ (EITI), welche vom britischen Premierminister Tony Blair auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg lanciert wurde. Die Idee dabei sei, so Mason, sehr simpel. Die Firmen der Rohstoffindustrie legen offen, wie viel sie Regierungen oder mit der Regierung verbundenen Stellen bezahlen, um Rohstoffe zu fördern, und wie viel der Staat mit dem Hauptsitz der Firma erhält. So hätte man unter anderem beispielsweise Einblick, wie viel Profit der Konzern „Shell“ aus dem in Nigeria geförderten Erdöl schlägt. Bei den Recherchen für ihre Studie erfuhren die ETH-Wissenschaftler, dass die Schweiz bis jetzt noch nicht Mitglied dieser Initiative ist.

Obwohl grundsätzlich in der Schweiz aufgrund der Entwicklung in dem Bereich "Ressourcen und Umwelt" keine Versorgungsprobleme und Destabilisierungsprozesse in den nächsten beiden Jahrzehnten zu erwarten sind, wie Mason konstatiert, gäbe es also durchaus noch Möglichkeiten für die Schweiz, stärkere Akzente auf eine Politik der Nachhaltigkeit zu setzen.


Fussnoten:
(1) Center for Security Studies der ETH Zürich: www.css.ethz.ch/
(2) Die Studie findet man unter: www.isn.ethz.ch/pubs/ph/details.cfm?v21=58763&id=10433



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