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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 27.09.2006 06:00

Neues System für Terahertzstrahlen-Spektroskopie
Den Durchblick erhöht

Terahertzstrahlung durchdringt viele Materialien und auch biologisches Gewebe, wirkt jedoch aufgrund der geringen Energie nicht ionisierend. Dank der Entwicklung von neuen organischen Kristallen schufen ETH-Forscher eine neue Terahertzstrahlenquelle. Sie etablierten damit ein spektroskopisches System für die Identifikation von beispielsweise Drogen oder Sprengstoffen. Da dieses System auf Lasern basiert, wie sie die Telekommunikationsindustrie verwendet, könnte das System auch kommerziell interessant werden.

Christoph Meier

Es ist nicht einfach, bei der mehreren Quadratmetern grossen Installation aus Spiegeln, Linsen, Messelektronik und weiteren Gegenständen den Durchblick zu wahren. Doch bald wird dem Beobachter klar, dass die Anlage hier im Keller des Physikgebäudes HPF auf dem Hönggerberg trotz ihrer Komplexität dazu dient, einfach einen Durchblick zu gewinnen. Denn als die ETH-Forscher Arno Schneider und Marcel Stillhart eine Messung beginnen, zeichnet sich auf dem Monitor langsam das ETH-Logo ab, obwohl die Probe von blossem Auge betrachtet als einheitliche Folie erscheint.

Doch wie haben die Wissenschaftler vom ETH-Laboratorium für Nichtlineare Optik zeigen können (1), dass die Folie verdoppelt ist und aus einer Schicht das Logo rausgeschnitten wurde? Die Messtechnik, die zum Einsatz kam, waren gepulste Terahertzstrahlen. Und was jetzt im Keller dasteht ist eine Testanlage für eine neue Form der Erzeugung und Messung von gepulsten Terahertzstrahlen.

Durchdringende, schwer detektierbare Strahlung

Terahertzstrahlen befinden sich im Spektrum der elektromagnetischen Strahlung im Frequenzbereich von einer Billion Schwingungen pro Sekunde, also zwischen der Infrarotstrahlung und den Mikrowellen. Sie erlauben ganz neue Ein- und Durchblicke. So sind beispielsweise die meisten Verpackungsmaterialien wie Papier, Karton, Plastik oder Textilien durchsichtig für diese Strahlen, während Metalle oder wasserhaltige Stoffe sie absorbieren.

Diese leicht zu gewinnende und schonende – Terahertzstrahlen sind nicht ionisierend und energiearm - Durchsicht wird aber noch wenig benutzt, da die Detektion der Strahlen schwierig ist. So versagen die üblichen elektronischen Geräte, welche für Infrarot- oder sichtbares Licht eingesetzt werden. Der Nachweis über die Wärmeleistung ist wiederum sehr aufwändig, da er ohne Störung nur bei unter -200°Celsius erfolgt.

Um diese aufwändige Kühlung zu umgehen, sind Forscher auf die Idee gekommen, Terahertzstrahlen in einer gepulsten Form zu verwenden. Die Umsetzung wurde erst möglich durch die Entwicklung der Laser- und Materialforschung der letzten Jahre. Gepulste Terahertzstrahlung entsteht, wenn man einen kurzen Laserpuls durch Kristalle mit bestimmter Asymmetrie laufen lässt. Was man dann eigentlich messen kann, ist der Polarisationzustand eines zweiten Laserstrahls, der von der durch die Probe laufende Terahertzstrahlung verschieden modifiziert wird. Der Vorteil der Methode ist, dass die Detektoren keine Kühlung erfordern und man die Wellenform der Pulse beobachten kann. Aus der charakteristischen Veränderung der Wellenform kann dann auf das untersuchte Material geschlossen werden.


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ETH sichtbar gemacht: Bei den beiden übereinander liegenden Folien links mit ausgestanztem ETH-Logo sieht man mit normaler optischer Fotografie noch fast nichts, rechts erkennt man es dank neuer Terahertz-Spektroskopie problemlos. Das Sichtbarmachen würde auch durch einen Briefumschlag hindurch funktionieren. (Bild: Arno Schneider) gross

Neue Messung kristallisiert sich heraus

In der Gruppe von ETH-Professor Peter Günter, zu der Schneider und Stillhart gehören, hat man nun für ein solches Messsystem spezielle Kristalle entwickelt und untersucht. Als nahezu ideal für die Anwendung erwies sich dabei ein neuartiger ionischer organischer Kristall mit der Abkürzung DAST (für 4-N,N-dimethylamino-4’-N’-methylstilbazolium tosylate), der mittlerweile auch vom ETH-Spin-off Rainbow Photonics hergestellt werden kann. Arno Schneider hat dann innerhalb seiner Dissertation diesen Kristall mit einem Femtosekundenlaser kombiniert und das ganze Messsystem etabliert. Kürzlich beschrieben die ETH-Wissenschaftler das Messsystem in einer Fachpublikation (2).

Mit dem neuen Gerät ist man nun in der Lage, über ein breites Spektrum der Terahertzstrahlung das Absorptionsverhalten von verschiedenen Stoffen zu bestimmen. Dabei entsteht, wenn sich der Stoff für das System eignet, ein charakteristisches Muster, eine Art Absorptionsfingerabdruck. Oder man rastert eine Probe ab, und bestimmt aufgrund der Signale deren Dicke beziehungsweise Dichte.

Anthrax bereits im Brief erkennen

Konkret könnte das nun bedeuten, dass man beispielsweise durch Briefpapier hindurch Anthrax oder bestimmte Drogen anhand seines spezifischen Absorptionsmuster erkennt. Oder ein Loch unterhalb einer Oberfläche wird entdeckt. Arno Schneider weist darauf hin, dass grundsätzlich sehr vieles, was verpackt oder verborgen ist, nun sichtbar gemacht werden kann. Selbst bei Hautkrebs könnte das System zum Einsatz kommen, weil gesundes Gewebe anders auf Terahertzpulse reagiert als krankes.

Dass ihr System das Potenzial zum breiten Einsatz hat, ist Schneider überzeugt. Ein Grund neben der erreichten Effizienz sieht er darin, dass er Laserpulse von einer Wellenlänge verwendet, die optimal ist für die Datenübertragung in Glasfaserkabeln. Das heisst, dass die Telekommunikationsindustrie immer günstigere und zuverlässigere Laser für ihr System anbieten wird. Mit einem solchen Laser möchte der ETH-Wissenschaftler sein nächstes Ziel erreichen, nämlich die Optimierung und damit verbundene Verkleinerung des Terahertzmesssystems. In Zukunft müsste man dann nicht mehr in den Keller eines Physikgebäudes steigen, um den Durchblick zu erhalten, sondern Schneider könnte das Messgerät mitbringen und einen verdächtigen Brief überprüfen.


Fussnoten:
(1) ETH-Laboratorium für Nichtlineare Optik: www.nlo.ethz.ch/
(2) A. Schneider, M. Stillhart, and P. Günter, "High efficiency generation and detection of terahertz pulses using laser pulses at telecommunication wavelengths," Opt. Express 14, 5376-5384 (2006): www.opticsinfobase.org/abstract.cfm?URI=oe-14-12-5376



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