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Rubrik: Tagesberichte |
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Die ETH an Acrylamid-Untersuchungen beteiligt Chips mit Beigeschmack |
Hohe Werte des als erbgutschädigend und krebserregend geltenden Acrylamid wurden in Pommes frites, Chips, Müesli, Brot und Rösti festgestellt, wie sda und Fernsehen DRS meldeten. Das Zürcher Kantonslabor will zudem Lebensmittel prüfen, die über 100 Grad erhitzt werden. Ist auch die ETH Zürich an den Untersuchungen beteiligt? - Professor Erich Windhab, Vorsteher des Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (ILW), stellte sich den Fragen von ETH Life. Das Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (ILW) sei vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bern in Bezug auf eine Mitarbeit zur Thematik "Acrylamid in Lebensmitteln" angefragt worden. Dies, nachdem man sich insbesondere durch Veröffentlichungen der National Food Administration in Schweden der Problematik bewusst wurde, erklärt Professor Erich J. Windhab, die Rolle, welche die ETH bei den jetzt anlaufenden Untersuchungen zur Acrylamid-Belastung von Lebensmitteln spielen wird.(1) Derzeit erfolge eine systematische Bestandsaufnahme, um mögliche Partner für eine Zusammenarbeit von staatlichen Stellen, Forschungseinheiten wie der ETH und der Lebensmittelindustrie zu finden. Professor Windhab meint jedoch: „An der ETH, am ILW, liegt derzeit kein analytisches Know-how zur Acrylamid-Analyse vor. Eine in Schweden neu entwickelte schnellere Methode oder aber eine konventionelle gaschromatographische Methode sind prinzipiell hier, gegebenenfalls in der Zusammenarbeit mit dem schwedischen Labor, etablierbar." Er betrachtet das ILW als sicher so weit kompetent, mittelfristig in der Verbindung von Lebensmittel-Analytik und Lebensmittel-Technologie/Prozesstechnikforschungs aktiv zu werden, um die "Entstehungsgeschichte" von Acrylamid in Lebensmittel-Produktionsprozessen zu verstehen und entsprechende Verfahren dahingehend zu verbessern, dass das Entstehen von Acrylamid minimiert oder ausgeschlossen werden könne. Windhab: „Dies ist unser Angebot an das BAG sowie die interessierte Industrie." Gab es an der ETH schon Studien oder Arbeiten über Acrylamid? - „Nicht im Zusammenhang mit Lebensmitteln. Im Zusammenhang mit dem Bereich Wasseraufbereitung habe ich selbst mit prozesstechnischen Arbeiten über Acrylamid bereits zu tun gehabt", antwortet Professor Windhab. Wie bildet sich Acrylamid? Der ILW-Vorsteher erläutert, wie sich Acrylamid bilden kann: Bislang sei bekannt, dass die Hocherhitzung von Stoffen in trockener Umgebung insbesondere Acrylamid entstehen lässt. Dies passiere zum Beispiel bei der Lebensmittelherstellung: beim Fritieren, Backen, Rösten, eventuell auch Trocknen. Der Syntheseweg in Lebensmitteln sei bislang nicht bekannt.
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Als eine der Möglichkeiten werde die Gruppe der so genannten Maillard-Reaktionen (nichtenzymatische Bräunungsreaktionen) gesehen. In diesen erfolge die Reaktion zwischen freien primären Aminogruppen und Kohlenhydraten. Möglicherweise käme bei hohen Temperaturen auch im Produkt entstehendes Ammoniak als Stickstoffquelle in Frage. Hier werde systematische Forschung zur weitergehenden Aufklärung des komplexen Reaktionsmechanismus erforderlich sein. Grenzwerte für Lebensmittel Acrylamid wird üblicherweise in der Wasseraufbereitung benutzt, weshalb die WHO den Grenzwert für Trinkwasser auf 0,1 Mikrogramm pro Liter festgelegt hat. Windhab: „Grenzwerte für Lebensmittel gibt es bislang nicht." Von einer schwedischen Forschergruppe der Universität Stockholm seien in Bisquits, Crackers und Pommes frites Mittelwerte von rund 400 Mikrogramm/kg analysiert worden, in Kartoffelchips bis zu 1200 Mikrogramm/kg. „Als so genannter neurotoxischer Grenzwert, ab welchem das menschliche Nervensystem negative Reaktionen zeigt, wird als tägliche Dosisvon 1 Milligramm/kg Körpergewicht genannt. Diese wäre bei einem Menschen mit 70 kg Körpergewicht noch etwa um den Faktor 60 höher, als beim Verzehr eines Kilos der vorgenannten Kartoffelchips pro Tag aufgenommen würde", so der ETH-Professor weiter. In der Summe aller im Mittel von Menschen in Mitteleuropa täglich aufgenommenen Lebensmittel gehe man im Moment von einer täglich aufgenommenen Durchschnittsmenge von Acrylamid von etwa 40 Mikrogramm aus. Windhab betont aber: „Bevor mehr systematisch ermittelte Daten vorliegen, bleibt dies eine grobe Schätzung. Eine Festlegung von Grenzwerten für Lebensmittel kann erst nach epidemiologischen Studien seriös erfolgen." Erste Massnahmen Forschung und Industrie werden zusammen arbeiten. Sie seien aufgerufen, so weit als möglich bereits vorhandene Daten aus Acrylamid-Analysen in Lebensmitteln zur Verfügung zu stellen. Es sei davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten eine intensive Datensammlung und -ermittlung auf nationaler sowie internationaler Ebene erfolge. Die WHO habe angekündigt, Ende Juni mit dem BAG sowie anderen nationalen und internationalen Experten in eine Diskussion zum weiteren, international abgestimmten Vorgehen einzutreten. Windhab: Die ETH habe für die Untersuchungen Unterstützung abgeboten. Sie will mithelfen, möglichst rasch die Produktionsprozesse zu verbessern, um die Entstehung von Acrylamid zu verhindern oder wenigstens zu minimieren. |
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