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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 04.04.2003 06:00

Ein irakischer ETH-Student zum Krieg in seiner Heimat
Angst um Angehörige

Der Krieg im Irak hat - fern von militärischen Erfolgsmeldungen und politischem Schlagabtausch - auch eine sehr persönliche Seite. Der Iraker Amin A. - 33 Jahre alt und Informatikstudent im zweiten Semester an der ETH Zürich - ist ein "Direktbetroffener". In einem Gespräch äussert er seine Gedanken zum Krieg.

Regina Schwendener

Amin A., seine Frau und seine zwei Kinder leben seit vier Jahren als politische Flüchtlinge in der Schweiz, zwei seiner Geschwister in Deutschland und Holland. Die Eltern und zwei weitere Geschwister sind im Süden Iraks, in Babylon, geblieben.

Ablehnung Saddams verbindet die Parteien

Amin A. versucht, die Situation in seinem Heimatland zu analysieren: 70 Prozent der Bevölkerung des irakischen Südens, in dem vor allem Schiiten leben, seien gegen Saddam Hussein, aber auch gegen den Krieg. Sie seien sich aber auch bewusst, dass sie ohne den Krieg weiterhin viele Tausende von Menschen durch Saddams Regime verlieren würden. Und trotzdem habe US-Präsident Bush kein Recht gehabt, im Irak einzufallen, betont der Informatikstudent.

Eines verbinde jedoch Bush und viele Iraker, mutmasst Amin A.: Der Wunsch, Saddam Hussein auszuschalten. Auch wenn der US-Präsident nicht wegen der irakischen Bevölkerung ins Land einmarschiert sei, sondern eigene Interessen verfolge: Öl oder das Ausschalten eines Gefahrenherds für Israel und anderes mehr. Der Krieg würde wohl nicht so schnell beendet, prognostiziert A., weil die Amerikaner und ihre Mitstreiter zunehmend auch auf "natürliche" Schwierigkeiten wie die Hitze oder Sandstürme zum Beispiel stossen würden, die sie nicht einkalkuliert oder unterschätzt hätten. Mit ihnen könnten die Einheimischen leben, nicht aber Amerikaner oder Europäer - und komplizierte Waffensysteme. Dieser neue Krieg ist für die Bevölkerung eine Tragödie, und für Amin A. ist klar: ihre Sehnsucht nach Frieden ist gross.

Opposition ausgeschaltet

"Seit 1968 ist die Baath-Partei - Saddams Einheitspartei - immer stärker geworden", blickt der irakische Student zurück. Die politische Opposition wurde ausgeschaltet. Seit dieser Zeit hätte es keine Ruhe, keine Freiheit und keinen Frieden mehr im an Bodenschätzen und Öl reichen Land gegeben. 200'000 bis 300'000 Geheimdienstleute hielten die Leute in Schach. Der junge Mann erzählt bewegt von Bespitzelungen, Sippenhaft, gefolterten, getöteten und verschwundenen Leuten, von Familienangehörigen. Die Bevölkerung erlebe seit 1979 den dritten von Saddam Hussein initiierten Krieg. Jetzt hofft sie, nach all den Opfern und Tausenden von Toten, welche ihr die Kämpfe und Saddams Regime abverlangten, auf eine Lösung.


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Hofft, dass der Irak nach dem Krieg und der Ära Saddam Hussein politisch zur Ruhe kommt: der irakische ETH-Student Amin A.

Suche nach dem Wahrheitsgehalt

Amin A. hat Angst um seine Angehörigen in Babylon. Das Telefon funktioniert nicht immer. Jeden Tag verfolgt die Familie die Radiomeldungen, sieht sich die Berichte im Fernsehen an und versucht echt von unecht zu unterscheiden. "Die Berichte sind polemisch, aber oft auch gefälscht", ist er überzeugt. Vor allem beim TV-Sender "Aljazeera" meldet der irakische Student grosse Bedenken am Wahrheitsgehalt an. Warum? - "Weil dieser Sender von Saddam Hussein finanziert wird", glaubt Amin A zu wissen. Werden die arabischen Nachbarn, die für eine Beendigung des Krieges eintreten, Saddam unterstützen? Der Informatikstudent meint: "Viele der arabischen Nachbarn sind von Saddam Hussein unterstützt worden. Im Gegenzug etablierte der Diktator nicht nur die Baath-Partei dort, sondern auch viele Geheimdienstleute. Darum werden diese Länder versuchen, den starken Mann- Saddam Hussein - zu schützen."

Glaube an demokratische Lösung

Hat Amin A. keine Angst, dass er in der Schweiz beobachtet wird? - "Nein", ist die klare Antwort. Er wisse, dass die Botschaft Saddams zwar Leute auch unter die Studierenden ausgesandt habe und bisher "ungebührliches Verhalten" geahndet worden sei. Er ist jedoch überzeugt, dass das Ende von Saddams Regime in greifbare Nähe gerückt ist: "Der Krieg ist in einem Monat vorbei und in meinem Land kann mit dem Aufbau der Demokratie begonnen werden ." Wie soll die Zukunft in Irak aussehen? - Der Informatikstudent glaubt an eine demokratische Lösung, an der alle politischen und religiösen Gruppierungen mitwirken werden.




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