ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 02.04.2002 06:00

Die PBS - Anlaufstelle für Studierende in der Krise
Hilfe, wenn sie am nötigsten ist

Jährlich nehmen über 500 Studierende die unentgeltliche Hilfe der Psychologischen Beratungsstelle von ETH und Universität in Anspruch. Davon entfallen 25 Prozent auf Immatrikulierte der ETH. Am meisten Sorgen bereitet ihnen nebst dem Selektionsdruck der Mangel an Freizeit.

Von Silvan Lerch

Eigenständigkeit, Disziplin, Selbstsicherheit - ein Studium verlangt viel. Manche Absolvierende laufen Gefahr, an diesen hohen Anforderungen zu zerbrechen. Zweifel an sich und der gewählten Studienrichtung machen sich breit. Konflikte mit ProfessorInnen treten auf. Die Wände der ETH engen plötzlich ein. Private Sorgen bleiben nicht aus. Wie weiter?

Erfahrene Beratung

Seit 30 Jahren besteht für Studierende wie Dozierende die Möglichkeit, sich bei Problemen der Psychologischen Beratungsstelle (PBS) anzuvertrauen. 2001 haben dies 549 Personen getan. Mit 334 Klientinnen überwiegt dabei der Frauen-Anteil deutlich, was Wiebke Rüegg-Kulenkampff von der PBS nicht überrascht: "Frauen realisieren Beschwerden früher und überwinden schneller die Hemmschwelle, dagegen etwas zu unternehmen."

Männer und ETH untervertreten

Männer stehen persönlichen Schwierigkeiten verschlossener gegenüber, da sie solche vielfach als Schwäche einstufen. Von 8'692 ETH-Studenten haben im vergangenen Jahr denn auch nur 76 um eine Konsultation gebeten. Bei den Frauen waren es auf 3'235 ETH-Studentinnen 55. Im Vergleich zum Total an Immatrikulierten sind die Männer also klar untervertreten - genauso wie an der Universität (mit 34 Prozent der Ratsuchenden). Nur gerade ein Viertel der Klientel rekrutiert sich aus Studierenden der ETH. Leider liegt keine Aufschlüsselung nach Fachrichtungen vor. Gemäss dem Tätigkeitsbericht 2001 der PBS werden jedoch immer wieder dieselben Punkte beklagt.

Druck als Hauptproblem

Die grössten Sorgen bereiten ein durchs Studium verursachter permanenter Druck respektive Stress und infolgedessen der Verlust an Freizeit. Nach Rüegg-Kulenkampff verschärft sich diese Problematik für viele Frauen zusätzlich. "Studentinnen sind grösseren Enttäuschungen ausgesetzt, da ihre Erwartungen an kommunikativ-kooperative Umgangs- und Lernformen selten dem Umfeld an der ETH entsprechen. Zudem erschwert sich ihre Situation dadurch, dass sie sich in einer von Männern dominierten Umgebung bewegen müssen."

eratung2
Die Angst zu versagen lähmt viele Studierende bei den Prüfungsvorbereitungen.

Frage des Individuums

Eine kleine, keineswegs repräsentative Umfrage von ETH Life mit ETH-Studierenden bestätigt den Druck als Kernproblem. Stellvertretend für viele schränkt ihn Franziska Stössel (ausgebildete Agronomin) aber ein: "Der Stress ist beträchtlich, doch tritt er vornehmlich vor Prüfungen auf." Georg Klingler (Umweltnaturwissenschaft, 6. Semester) versichert, dass "trotz der starken Belastung genügend Platz für Hobbys bleibt". "Es hängt halt von Mentalität und Motivation ab", gibt Raphael Güntensperger (Informatik, 7. Semester) zu bedenken, "ob man den Anforderungen des Studiengangs gewachsen ist". Eine Individuen-zentrierte Antwort erhält man von den Befragten auch in Bezug auf die möglicherweise erschwerte Stellung der Frauen an der ETH. Stossen sich manche Studentinnen daran, sich ständig an männlichen Vorbildern orientieren zu müssen, so geniessen es andere wiederum, regelmässig mit Männern zusammenzuarbeiten.


weitermehr

Beratung
Die hohen Anforderungen der ETH können für manche Studierende zur Belastung werden. gross

Blockadelösung als Ziel

Wer mit den Gegebenheiten an der Hochschule Mühe bekundet und sich an die PBS wendet, der soll in Gesprächen aus seiner Krise befreit werden. Blockaden zu lösen gelingt insbesondere dann, wenn man den Studierenden die Zusammenhänge ihrer Situation aufzeigen kann. Oft verberge sich hinter dem fix aufs Studium bezogenen Problem eines, erklärt Rüegg-Kulenkampff, das sich ins Privatleben erstrecke (z.B. mangelndes Selbstwertgefühl oder Beziehungskonflikte zu Eltern oder PartnerIn). ETH-Studienberater Martino Luginbühl hat diese Erfahrung bereits mehrmals gemacht. Kommt es vor, dass an die studienspezifische Unsicherheit psychische Unstimmigkeiten geknüpft sind, weist er auf die PBS hin.

Selbstkritische Studierende

Die am Studium festgemachten Schwierigkeiten sind vielschichtig. Sie können sich auf eine bestimmte Entscheidung fokussieren (Studienwechsel, -abbruch), sich in Prüfungsangst oder Redehemmung äussern oder aber mit Strukturierungsfragen zusammenhängen (Studienplanung, Lernmethodik). Eines scheint ihnen jedoch zumeist gemeinsam: Den Fehler suchen die Studierenden zuerst bei sich selber. "Bei ihren Anliegen klagen sie fast nie Dozierende oder Unterrichtsformen an", konstatiert Luginbühl. Was den selbstkritischen jungen Menschen hingegen vielfach fehlt, ist die Entschlossenheit, frühzeitig zu handeln, wie Wiebke Rüegg-Kulenkampff bedauert. Vor allem Studierende, die unmittelbar vor der entscheidenden Prüfungswiederholung stünden, erhofften sich auf die Schnelle wahre Wunder von der Beratungsstelle.

Konkrete Verbesserungsvorschläge

Präventive Massnahmen würden dazu beitragen, die Anzahl solcher Notsituationen zu reduzieren. Mit 5 Teilzeitangestellten fehlt der PBS aber schlichtweg die Kapazität, sie nach Wunsch zu ergreifen. Sie muss sich vornehmlich auf kurzfristig angelegte Beratung oder Krisenintervention konzentrieren. 84 Prozent der Klientel erhalten daher nicht mehr als 5 Sitzungen. Bei gravierenderen Fällen empfiehlt die PBS, Hochschul-extern eine längere psychologische Therapie einzugehen.

Eine umso wichtigere Bedeutung in der Prävention kommt laut Rüegg-Kulenkampff der Lehre an Uni und ETH zu. Bei der Auswahl neuer ProfessorInnen sollte man verstärkt ihre didaktisch-pädagogische Ausbildung berücksichtigen. Weiter sei insbesondere an der Uni die Bildung übersichtlicherer Unterrichtseinheiten wie kleinere Seminare oder Tutorate anzustreben. Schliesslich müssten, der Psychotherapeutin zufolge, mehr Studienfachberatungen eingerichtet werden - mit MitarbeiterInnen, die über eine für diese anspruchsvolle Aufgabe noch bessere Ausbildung verfügen würden.


Psychologische Beratungsstelle (PBS)

Die 1972 gegründete Psychologische Beratungsstelle beider Hochschulen bietet unentgeltliche Beratung dank je hälftiger Finanzierung durch Uni und ETH. Sie umfasst 4 MitarbeiterInnen und wird von Eugen Teuwsen geleitet.

Kontakt: Wilfriedstrasse 6, Telefon: 01 634 22 80, E-Mail: pbs@zuv.unizh.ch

Studienberatung der ETH, Kontakt: Martino Luginbühl, Telefon: 01 632 20 61, E-Mail: luginbuehl@rektorat.ethz.ch




Literaturhinweise:
Website der Psychologischen Beratungsstelle beider Hochschulen: www.unizh.ch/studium/pbs/



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!