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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 22.05.2002 06:00

Der Pflanzenbiologe Bob Buchanan an der ETH
"Nichts ist wichtiger als sichere Nahrung"

Sowohl in der Landwirtschaft wie auch in der Medizin wird die Rolle des kleinen Eiweiss Thioredoxin zunehmend wichtiger. Der Thioredoxin-Forscher Bob Buchanan von der University of California at Berkeley hält heute Mittwoch einen Vortrag unter dem Titel "Thioredoxins: From the 60' to the 00's". Im Vorfeld führte ETH Life ein Gespräch mit Buchanan zu Thioredoxin, genetisch veränderten Pflanzen und seiner Zusammenarbeit mit Novartis.

Interview: Christoph Meier

Herr Buchanan, über was werden Sie in Zürich sprechen?

Mein Vortrag (1) handelt von Thiodredoxin, einem regulatorischen Eiweiss, das weit - wenn nicht sogar überall - in der Natur verbreitet ist. Zuerst möchte ich die Versuche beschreiben, die vor 40 Jahren in Berkeley begonnen wurden. Diese führten zu der Entdeckung der Regulationsfunktion von Thioredoxin, zuerst bei der Photosynthese später auch in anderen Zellen. Zum Schluss will ich die neuen Entwicklungen beim Verständnis von Thioredoxin aufzeigen. Dies beinhaltet auch seine Anwendungen auf die gesellschaftlichen Probleme in der Landwirtschaft und der Medizin.

Aus welchem Anlass sprechen Sie an der ETH?

Momentan bin ich Gastprofessor in Frankreich. Ich nütze die Nähe, meine Freunde in der Schweiz zu besuchen. Unsere Arbeit hat auch Wurzeln in der Schweiz. So werden zwei Wissenschaftler aus Zürich am Vortrag sein, die bei den grundlegenden Forschungen zu Thioredoxin mitgearbeitet haben. Die Reise in die Schweiz bietet auch die tolle Gelegenheit, wissenschaftliche Probleme von beidseitigem Interesse zu diskutieren.

Worin liegt die allgemeine Bedeutung von ihrer Forschung, speziell im Bereich von Thioredoxin?

Ich würde die Wichtigkeit von Thioredoxin in Regulationsprozessen betonen und vor allem auch aufzeigen, wie Grundlagenforschung über Photosynthese einen Ausgangspunkt für einen breites Spektrum von Problemen bietet. Ich glaube, dass der Laie darüber informiert sein sollte, erstens wie wichtig es ist, Grundlagenforschung zu unterstützen, und dass zweitens niemand voraussagen kann, wann etwas zu einem praktischen Ergebnis führen wird. Aufgrund seiner Versprechungen für viele Gebiete ist Thioredoxin ein typischer Fall.

Sie arbeiten mit gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln. Was ist das wissenschaftliche und kommerzielle Potenzial in diesem Gebiet?

Thioredoxin könnte bei Nahrungsmitteln nützlich sein, indem es sie weniger Allergien auslösend und bekömmlicher macht. Ich glaube auch, dass wir einen Punkt erreicht haben, von dem aus wir mit Thioredoxin und anderen Technologien gesündere Nahrungsmittel aus verschiedenen Quellen entwickeln können. Thioredoxin bleibt aber auch wissenschaftlich aufregend und öffnet neue Türen in der gesamten Biologie.

Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel werden auch als Quelle von Allergien erwähnt. Anscheinend gibt es aber die Möglichkeit, Allergien mit gentechnisch veränderter Nahrung zu verhindern.

Die Arbeit von uns und anderen Labors zielt genau in diese Richtung. Das heisst, wir versuchen durch gentechnische Veränderungen von Nahrungsmitteln Allergien zu lindern. In unserem Fall erhöhen wir einfach die Menge eines Proteins, dass in allen Organismen inklusive des Menschen natürlich vorkommt.

Eines ihrer Ziele ist es, eines Tages ein Getreide zu entwickeln, das Getreideallergien verschwinden lässt. Was ist der Stand heute?

Es wird schwierig sein, in einem Nahrungsmittel alle möglichen Allergene für die Bevölkerung zu eliminieren. Doch ich glaube, dass es möglich ist, Nahrungmittel zu produzieren, die weniger Allergien auslösen und somit von einem grösseren Teil der Bevölkerung gegessen werden können. Zudem würde solche Nahrung eine kleinere Gefahr für Personen mit massiven allergischen Reaktionen bedeuten. Im Tiermodell für menschliche Allergien konnten wir kürzlich unsere früheren in vitro Experimente bestätigen und zeigen, dass mit Thioredoxin angereichertes Getreide weniger Allergien auslösend ist als die Kontrolle.


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Bob Buchanan
Sieht ein grosses Potenzial in gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln: Bob Buchanan. gross

Verstehen Sie die Kritiken an genetisch veränderter Nahrung und was denken Sie, sind die Gründe dafür?

Sicher verstehe ich die Kritiken, denn nichts ist wichtiger als sicheres Essen. Ich glaube jedoch, dass viele Bedenken auf ein Mangel an Wissen über gentechnisch Veränderungen - ein Prozess, der grundsätzlich gleich ist wie das schon lange praktizierte Züchten von Pflanzen - zurückzuführen sind. Es sollte ausserdem betont werden, dass beeindruckende Fortschritte gemacht worden sind beim Testen von Nahrungsmitteln, um die Sicherheit zu gewährleisten. Das ist zum Beispiel eines der wichtigsten Zielen von der US Food and Drug Administration.

Sie erhalten starke Unterstützung von Novartis (25 Millionen Dollar innerhalb von 5 Jahren). Können Sie sagen, warum sich Novartis so stark für ihre Arbeit interessiert?

Zuerst einmal erhalte nicht ich persönlich diese Unterstützung. Die Mittel gehen zuerst an die Universität, die die Unterstützungskosten abzieht. Dann gehen die Gelder zum Departement, das die verbliebenen Beträge an die ungefähr 25 Fakultätsmitglieder verteilt. Folglich ist der Betrag pro Fakultätsmitglied kleiner als der Gesamtbetrag, auch wenn die Unterstützung für den Einzelnen ziemlich gut ist. Zudem ist Novartis - jetzt Syngenta - an mehreren Projekten unseres Departements interessiert und nicht nur an unserer Arbeit an Thioredoxin.

Gibt es irgendwelche Auflagen aufgrund der Zusammenarbeit mit Novartis?

Das Abkommen zwischen UC-Berkeley und Syngenta hat weniger Beschränkungen als andere Veträge, die ich kennen lernte. Die Gelder für das Departement sind nicht zielgebunden und wurden aufgrund der Qualität zugesprochen. Ich sehe nur positive Resultate von dem Abkommen, sowohl was die finanzielle Unterstützung betrifft als auch in der Zusammenarbeit mit den Syngenta-Forscher am Torrey Mesa Research Institute in La Jolla. Die Forschungsmöglichkeiten an diesem Institut erlaubten auch Wissenschaftler von Berkeley zusätzliche Untersuchungen zu machen.

Können Sie zum Schluss den jungen Forscher verraten, was die Zukunft trächtigsten Gebiete in der Pflanzenbiologie sind?

Schwierig zu beantworten, da man nie voraussagen kann, wo die Durchbrüche stattfinden werden. Ich glaube, dass Wissen und Erfahrung in Proteomics und Genomics die Wahrscheinlichkeit erhöhen werden, um in Zukunft Entdeckungen zu machen. Aufgrund meiner Erfahrungen hängt Erfolg jedoch schlussendlich auch von harter Arbeit und von einem Teil Glück ab.


Fussnoten:
(1) Bob Buchanan: "Thioredoxins: From the 60' to the 00's"; Mittwoch, 22. Mai, 2002, 16.15 ETH Hauptgebäude, HG F1



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