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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.07.2003 06:01

Neue Studie zur Senkung der CO2-Emissionen
Es braucht grosse Anstrengungen

Die Schweiz hat sich verpflichtet, bis im Jahr 2010 die CO2-Emissionen um 10 Prozent zu senken. Wie dieses Ziel erreicht werden könnte, zeigt eine neue Studie auf, welche das CEPE der ETH Zürich zusammen mit Partnern verfasst hat. Wichtig wäre vor allem, im Bereich der effizienteren Energienutzung die Bemühungen zu intensivieren.

Von Felix Würsten

Zehn Prozent weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 - dieses Ziel muss die Schweiz bis im Jahr 2010 erreichen, wenn sie die Vorgaben des Kyoto-Protokolls und des CO2-Gesetzes erfüllen will. Ob das ehrgeizige Vorhaben gelingt, ist angesichts der gegenwärtigen politischen Stimmung im Land allerdings äusserst fraglich. Eine Studie (1), die im Auftrag des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie unter der Federführung des Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) (2) der ETH Zürich erstellt wurde, bestätigt nun, dass die Reduktionsziele nur erreicht werden können, wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in den nächsten Jahren grosse Anstrengungen unternehmen. Am letzten Freitag stellten die beteiligten Forscher an einer Medienkonferenz die Resultate der Öffentlichkeit vor.

Gute Argumente für eine Reduktion

Wie der Leiter der Studie, Professor Eberhard Jochem vom CEPE, erklärte, gibt es zwei entscheidende Argumente, warum eine Reduktion der CO2-Emissionen angezeigt ist. Zum einen sind diese mitverantwortlich für die gegenwärtige Klimaerwärmung. Zum anderen wird der Nahe Osten für die globale Energieversorgung massiv an Bedeutung zunehmen. In 20 Jahren dürften 50 Prozent des weltweit produzierten Erdöls aus diesen Ländern stammen - angesichts der politischen Instabilität dieser Region eine nicht ganz unproblematische Entwicklung. Die Schweiz ist dabei in einer relativ heiklen Situation, entfällt doch hierzulande 47 Prozent der Primärenergie auf das Erdöl. Das ist im Vergleich mit anderen OECD-Staaten ein hoher Anteil, wie Jochem erklärt.

Kein Kapital vernichten

Die Forscher haben nun abgeklärt, unter welchen Voraussetzungen das angestrebte Reduktionsziel erreicht werden könnte. Dabei haben die Wissenschaftler verschiedene Szenarien berechnet. Ein erstes Szenario geht davon aus, dass keine zusätzlichen Anstrengungen unternommen werden (Referenz-Szenario). Das zweite Szenario nimmt an, dass gewisse moderate Massanahmen ergriffen werden, um die CO2-Emissionen zu senken (Nachhaltigkeit I). Und ein drittes Szenario schliesslich nimmt an, dass die Grenzen des (ökonomisch) Machbaren ausgeschöpft werden, um die Vorgaben des CO2-Gesetzes zu erfüllen (Nachhaltigkeit II). Ökonomisch machbar heisst konkret: die Re-Investitionszyklen werden eingehalten, es wird also kein Kapital durch den frühzeitigen Ersatz von Anlagen vernichtet.

Problemfaktor Verkehr

Die Forscher haben nun berechnet, dass beim Referenz-Szenario mit einer Abnahme der CO2-Emissionen von 40,5 Mio. Tonnen (1990) auf 40 Mio. Tonnen (2010) gerechnet werden kann. Dies entspricht einer Abnahme von nur gerade 1,3 Prozent. Ziel wäre jedoch, die Emissionen auf 36,5 Mio. Tonnen zu senken. Die magere Bilanz ist vor allem auf den Verkehr zurückzuführen. In diesem Sektor würden die Emissionen ohne zusätzliche Massnahmen gar um 5,2 Prozent zunehmen.

Der Strassenverkehr ist ein doppeltes Sorgenkind. Zum einen nehmen in diesem Bereich die CO2-Emissionen immer noch zu. Zum anderen ist dieser Sektor zu hundert Prozent von Erdölimporten abhängig. gross


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Eberhard Jochem, Professor am CEPE, bei der Präsentation der Studie. gross

Eine zehnprozentige Reduktion lässt sich nur mit dem Szenario Nachhaltigkeit-II erreichen, wie Jochem ausführte. Das heisst: Energie-, Bau- und Verkehrspolitik sowie die Investoren in der Wirtschaft, der öffentlichen Hand und den privaten Haushalten müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen. Dabei nehmen die Forscher an, dass ab 2005 eine relativ hohe CO2-Abgabe auf fossile Energieträger eingeführt wird.

Rationelle Nutzung als Schlüsselelement

Die Wissenschaftler haben relativ klare Vorstellungen, wie diese Reduktion technisch erreicht werden könnte. So soll vermehrt Erdöl durch Erdgas ersetzt werden, und die erneuerbaren Energien sollen zusätzlich gefördert werden. Die Studie zeigt aber auf, dass das Potential dieser zwei Massnahmen beschränkt ist, können sie doch höchstens 14 Prozent bzw. 9 Prozent zur geforderten Reduktion beitragen.

Am wichtigsten, so Jochem, ist eindeutig die effizientere Nutzung von Energie. Damit liessen sich mehr als drei Viertel der angestrebten Einsparungen realisieren. Jochem appellierte daher, es brauche in diesem Bereich dringend neue Technologien und Dienstleistungen. Gerade für die Schweiz als Hochtechnologieland sei es überlebenswichtig, in diesem zukunftsträchtigen Bereich Anstrengungen zu unternehmen. Denn als kleines Land könne sie nur mit Pioniertechnologien im harten Konkurrenzkampf bestehen. Es gelte nun, die Zeit zu nutzen und innovative Produkte schneller als die umliegenden europäischen Länder auf den Markt zu bringen.

Positive Effekte für den Arbeitsmarkt

Die Forscher haben auch berechnet, mit welchen Kosten dabei gerechnet werden muss. Je nach dem, welche Verzinsung des Kapitals man annimmt, fallen beim Szenario Nachhaltigkeit II jährliche Netto-Kosten von 160 bis 410 Mio. Franken an. Diesen Kosten steht jedoch ein direkter wirtschaftlicher Nutzen gegenüber. Würden zusätzliche Massnahmen zur effizienteren Energienutzung ergriffen, so Jochem, würde sich das positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken. Zwischen 50'000 und 100'000 neue Jobs, so schätzen die Wissenschaftler, könnten so geschaffen werden.

Sekundäre Nutzen nicht vergessen

Stefan Hirschberg vom Paul Scherrer Institut in Villigen wies darauf hin, dass dabei die sekundären Nutzen nicht vergessen werden sollten. In der Regel führen verminderte CO2-Emissionen nämlich auch zu einer Verringerung der Luftschadstoffe. Dadurch wird die gesundheitliche Belastung der Bevölkerung reduziert, es können also Gesundheitskosten gespart werden. Auf Grund des technologischen Fortschritts wird die Belastung der Bevölkerung zwar ohnehin zurück gehen, wie Hirschberg erklärt. Die Forscher sind jedoch überzeugt, dass mit einer zielgerichteten CO2-Politik die externen Gesundheitskosten um weitere 100 bis 400 Mio. Franken reduziert werden könnten. Allein schon dies, so Hirschberg, rechtfertige die zusätzlichen internen Kosten für die Erreichung der klimapolitischen Ziele.


Fussnoten:
(1) CO2-Reduktionspotenziale in der Schweiz bis 2010.
(2) Homepage des CEPE: www.cepe.ethz.ch/



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