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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.12.2002 06:00

Wahlfachvorlesung am Departement Chemie
Einblick in den Berufsalltag

Lebensmittel, Edelsteine oder Aerosole: chemische Analysen werden heute bei zahlreichen Problemen routinemässig eingesetzt. Welche Methoden in der Praxis dabei angewendet werden, wird den Studierenden am Departement Chemie in einer originellen Vorlesung aufgezeigt.

Von Felix Würsten

Eine Vorlesung mit dem Titel "Analytische Chemie Teil V", das tönt, zumindest für Nicht-Chemiker, doch eher nach anstrengender Pflicht denn nach unterhaltsamer Kür. Ein Vorurteil, wie sich bei einem Besuch auf dem Hönggerberg zeigt. Die Vorlesung am Departement für Chemie bietet den Studierenden einen interessanten Einblick in ganz unterschiedliche Anwendungsgebiete – und fordert ihnen auch einiges ab.

Aktive Beteiligung am Unterricht

Die drei Leiter der Vorlesung, die Professoren Detlef Günther, Ernö Pretsch und Renato Zenobi, verfolgen mit dieser Vorlesung einen innovativen Ansatz. Auch wenn es sich um eine Vorlesung handelt, wird der Stoff nicht im Frontalunterricht vermittelt. Vielmehr müssen sich die Studierenden aktiv am Unterricht beteiligen. Dass dies einiges an Zeit erfordert, ist klar. Eine der drei Vorlesungsstunden wird daher für die Vorbereitung der zwei anderen Stunden eingesetzt. "Damit sehen die Studierenden, dass ihr Einsatz honoriert wird", erklärt Renato Zenobi, Professor am Laboratorium für organische Chemie, die Philosophie.

"Zerstörungsfreie Edelsteinanalytik" war das Thema bei unserem Besuch. Zwei Studierende berichten, was die Gruppe in der Vorbereitung erarbeitet hat. Die beiden erklären, welche Typen von Edelsteine es in der Natur gibt, wie man künstliche Steine herstellt und wie man einen wertvollen Fund aus einer Mine von einer industriell gefertigten Fälschung unterscheidet. Die Palette der eingesetzten Methoden reicht von der einfachen Bestimmung der Strichfarbe bis hin zur aufwendigen Raman-Spektroskopie. Derart aufwendige Mittel werden im Alltag allerdings nur in Einzelfällen eingesetzt. Lupe, Mikroskop und vor allem ein geschultes Auge sind nach wie vor die wichtigsten Werkzeuge für die Gemmologen.

Fragen aus dem Alltag

Was in dieser Ringvorlesung besprochen wird, orientiert sich bewusst an konkreten Fragen, wie Zenobi erklärt. Mit welchen Mitteln kann ein Kunstexperte eine Fälschung erkennen? Wie stellt man die Authentizität von Lebensmitteln fest? Wie sind die Aerosole in der Luft zusammengesetzt? Und welche Schlüsse kann man aus Sprengstoffspuren ziehen? Als Dozenten treten dabei nicht nur Wissenschafter des Departements Chemie auf, sondern auch externe Spezialisten. Damit können in der Vorlesung auch Aspekte vertieft diskutiert werden, die im Berufsalltag eine zentrale Rolle spielen.

Bei der Edelsteinanalyse etwa ist wichtig, dass das Untersuchungsobjekt nicht zerstört wird. Zudem müssen die Methoden möglichst günstig sein, weil für ein Gutachten nur wenig Geld zur Verfügung steht. Bei der Stahlproduktion hingegen, wo ähnliche Untersuchungsmethoden eingesetzt werden, spielt Geld eine untergeordnete Rolle.


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Edelsteine - auch für angehende Chemiker ein interessantes Studienobjekt. gross

Viel bedeutender ist dort, dass die Resultate schnell vorliegen, damit keine kostbare Produktionszeit verloren geht. Durch solche Vergleiche werden die Studierenden mit der Denkweise der verschiedenen Fachgebiete konfrontiert und erhalten eine Vorstellung, mit welchen Aufgaben sie sich später beschäftigen werden.

Böse Überraschung

Beim Thema Edelsteine wurde für einmal kein externer Fachmann beigezogen, weil mit Detlef Günther ein Experte von der ETH zur Verfügung stand. Der Assistenzprofessor am Laboratorium für anorganische Chemie wird immer wieder mit Edelsteinuntersuchungen beauftragt. Ein kostbares Stück zu untersuchen erfordert ein gewisses Augenmass, wie Günther erzählt. Er rät beispielsweise dringend davon ab, die Röntgendiffraktion für die Analyse von Edelsteinen einzusetzten. Gewisse Steine verlieren durch die Bestrahlung mit Röntgenlicht ihre Farbe. Wie der Besitzer reagiert, wenn sein Stein nicht mehr schön gefärbt, sondern durchsichtig aus dem Labor zurückkommt, möchte Günther kein zweites Mal erleben.

Mehraufwand lohnt sich

Die Studierenden zeigen sich auf Anfrage hin von der Vorlesung angetan. Die Veranstaltung sei zwar aufwendig, aber auch sehr spannend. Auch den Dozenten fordert die Vorlesungsreihe einiges ab, wie Zenobi erklärt. Die gute Resonanz bei den Studierenden scheint jedoch für den Mehraufwand zu entschädigen. "Immer wieder", berichtet Zenobi stolz, "sitzen auch Studierende, Doktoranden und Mitarbeiter im Hörsaal, die diesen Kurs eigentlich gar nicht belegen."

Schliesslich müssen die Studierenden zusammen mit dem Dozenten ein Fallbeispiel lösen. Detlef Günther zeigt einen grossen Edelstein, den ein Geschäftsmann der ETH zur Analyse vorlegte. Der Edelstein ist weltweit ein Unikat und soll, so jedenfalls befanden Experten, tatsächlich echt sein. Wie lässt sich nun entscheiden, ob der Stein wirklich echt ist? Nach und nach findet die Gruppe einen Weg, wie sich die Frage beantworten lässt. Die Analyse, so berichtet Günther, ergab schliesslich, dass der Stein wahrscheinlich nicht echt ist.




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