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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.03.2001 06:00

In die Diskussion um die Doktorierenden-Löhne kommt Bewegung
Einheitliche Regelung?

Mit ihrer Kolumne in ETH-life vom 20. Dezember - "Show me how..." im ETH Life "küsste" Professorin Katharina von Salis die schlummernde Diskussion um die Doktorierendenlöhne wach. Die Hochschulversammlung thematisierte dieses Problem; und die Betroffenen selbst werden jetzt über ihre Interessenvertretung, die AVETH, aktiv. Schulleitung und Departementsvorsteher halten sich vorderhand bedeckt.

Von Regina Schwendener

Die Kolumne von Professorin von Salis regte einen öffentlichen Meinungsaustausch mit der Personalabteilung und unter den Doktorierenden an. Die Akademische Vereinigung des Mittelbaus der ETH (AVETH) griff das Thema Doktorierenden-Löhne auf und rief eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dietbert Neumann ins Leben. Die Hochschulversammlung ist der Überzeugung, dass es sich um ein schulweites Problem handelt, das thematisiert werden muss.

Doktorierende leisten vollwertige Arbeit

Allgemein wird das Doktorat als eine Weiterbildung der Doktorierenden angesehen. Die Hochschulversammlung (HV) teilt diese Meinung grundsätzlich: Das Doktorat sei kein Studium im Sinne des Diplomstudiums. Die Doktorandinnen und Doktoranden arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeitende und als Assistierende. Forschung und Lehre dienten nicht primär der Ausbildung der Doktorierenden, sondern der Weiterbildung. Doktorierende liefern, so die Meinung der HV weiter, eine vollwertige Arbeit, ohne die die ETH nicht funktionieren könne. Das Doktorat als bezahlte Weiterbildung abzutun und dadurch die tiefen Löhne der Doktorierenden zu begründen, sei nicht zulässig. Die Mitglieder der HV befürchten, der Anteil Schweizer Doktorierender werde wegen der unattraktiven Anstellungsbedingungen weiter sinken. HV: "Am Ende könnte die ETH, die ja Exzellenz in der Forschung und Lehre anstrebt, vor dem Problem stehen, dass sie zwar sehr gute ausländische Forscher ausbildet - die anschliessend in ihre Heimat zurückkehren - jedoch keine schweizerischen mehr..."

Schulleitung braucht drei Jahre Zeit

In einem Treffen mit der Schulleitung stellte die Hochschulvertretung kürzlich die Frage, ob die Schulleitung klare Vorschriften in Bezug auf Mindestlöhne erlassen kann. Eine Koordination mit der ETH Lausanne (Minimalanstellung 75 Prozent der Lohnklasse 15) sieht die HV als denkbar an. Ein anderer Weg wäre die Ausrichtung nach dem eidgenössisch anerkannten Existenzminimum. Tatsache ist, dass das von der Personalabteilung ins Feld geführte Gehalt von brutto 60 000 Franken (LK 15) eher der Ausnahme entspricht. Ein Teil der Doktorierenden sei zu 50 Prozent bei 100-prozentiger Auslastung angestellt, was netto 2000 Franken pro Monat ausmache.

Franta Kraus, Obersassistent am Institut für Automatik, war einer der HV-Vertreter im Gespräch mit der Schulleitung. "Obwohl ich betonte, dass dringender Handlungsbedarf besteht, sieht Präsident Olaf Kübler einen Zeitrahmen von mindestens drei Jahren, um etwas zu ändern. Der Rektor führt politische Schwierigkeiten in Bezug auf die Universitäten ins Feld, die ebenfalls tiefe Löhne für Doktorierende zahlen." Mit Vizepräsident Gerhard Schmitt soll Kraus via Personaldienst versuchen, eine Übersicht über die Situation in den Departementen zu erhalten.

Spiel auf Zeit?

Die Mitglieder der AVETH glauben, dass die Bezahlung bei 75 Prozent eines Lohnes der Lohnklasse 15 (etwa 45 000 Franken) liegen müsste und als Minimallohn festgelegt werden sollte. Dietbert Neumann, Mitglied der AVETH-Arbeitsgruppe Doktorierenden-Löhne dazu: "Ich habe den Eindruck, dass die Schulleitung einfach ein bisschen auf Zeit spielt. Drei Jahre ist (zufällig?) der Zeitraum, den eine Dissertation in Anspruch nimmt. Die Leute, die sich jetzt aufregen, sind in drei Jahren nicht mehr da." Analog zur Lösung in Lausanne sollte das Geld zur Finanzierung höherer Löhne von der Schulleitung kommen, meint er.


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Doks
Werden Doktorierenden bald von einer einheitlichen Regelung profitieren können? gross

Departemente halten sich zurück

Die meisten Departementsvorsteher beteiligen sich nicht an der Diskussion um die Doktorierenden-Löhne. Die einen zahlen mehr als üblich, andere wieder weniger. Dritte haben Mühe, wie die Pflanzenwissenschaften, Doktorierende zu bekommen - wird an der AVETH-Mitgliederversammlung bemerkt.

Eine Fortsetzung der Diskussion, wie sie jetzt läuft, trage zur Lösung der bestehenden, allseits bekannten Probleme wenig bei, meint Urs Meyer, Departementsvorsteher Betriebs- und Produktionswissenschaften, auf Anfrage der Redaktion. "Die einzelnen Professoren verfügen durchaus über den nötigen Freiheitsgrad, um ihren Doktorierenden sozial verträgliche Konditionen anzubieten."

Wolfgang Fichtner, Vorsteher des Departements Elektrotechnik, betont: "Die Löhne der Doktorierenden sind für unseren Bereich seit Jahren ein wichtiges Thema. Wegen der starken Konkurrenz der Industrie können wir Doktorierende nur gewinnen, wenn wir sie voll - das heisst zu 100 Prozent - bezahlen." Die Professorenschaft der Elektrotechnik sei der Meinung, dass die adäquate Bezahlung der Doktorierenden (zu 100 Prozent, Lohnklasse 15) eine Notwendigkeit ist. Fichtner weiter: "Wir bemühen uns auch seit mehreren Jahren, das von unserer Schulleitung praktizierte System der reduzierten Löhne in ETH-Projekten zu ändern, allerdings ohne Erfolg." An seinem Departement werde - im Unterschied zu den meisten anderen Departementen - etwa die Hälfte der Forschung aus Drittmitteln finanziert. Der Grossteil dieser Mittel wird zur Bezahlung von Doktorierenden (zu 100 Prozent) eingesetzt. Fichtner unterstreicht: "Wir betrachten dieses Problem als sehr wichtig und einer Lösung bedürftig. Unser Vorschlag ist, dass man ETH-weit eine einheitliche Lösung mit gerechter und voller Bezahlung sucht."

Philipp Rudolf von Rohr (Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik) meint: "Lassen Sie doch einfach den Markt spielen...!" Für ihn sei wichtig, dass ausländische Doktorierende von ihren Partnern nicht getrennt leben müssen. "Familiennachzug muss möglich sein. Menschenrechte sind das Mindeste, was man in diesem Lande einhalten sollte." Und nochmals auf die Löhne zurückkommend, bemerkt er, dass die Ingenieurabteilungen immer für angemessene Saläre gekämpft hätten. "Die Schulleitung hat jedoch auch die Forschungsgelder bei ETH-Gesuchen auf 50 Prozent Lohklasse 15 gekürzt. Damals waren alle naturwissenschaftlichen Abteilungen für eine solche Kürzung... aus welchen Gründen auch immer. - Einzelaktionen scheinen mir nicht sehr angebracht", so von Rohr.


Literaturhinweise:
"Forschung ist kein Hobby", ETH-Life-Artikel www.ethlife.ethz.ch/tages/show/KdlinDoktorierenden.html
"Show me how... ", Mittwochs-Kolumne von Katharina von Salis www.ethlife.ethz.ch/kolumne/show/SalaryforPhDStudent.html
Forum: Diskussion über Löhne für Doktorierende an der ETH www.ethlife.ethz.ch/forum/list/1,1251,268,00.html
Bericht im ETH-intern Nr. 6 vom 10. März 2001, Seite 6



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