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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 22.10.2004 06:00

ETH-Studie über klimatische Fernwirkungen
El Niņo sorgte für kalte Winter

1940 - 42 wurden Mittel- und Osteuropa von extrem kalten Wintern heimgesucht. Dies hatte direkte Folgen für den Verlauf des 2. Weltkriegs. Forscher der ETH Zürich haben nun herausgefunden, dass das Klimaphänomen El Niņo für die aussergewöhnliche Witterung verantwortlich war.

Von Felix Würsten

Wenn vor der Küste Südamerikas ein "El Niņo" aufzieht, dann hat dies jeweils weitreichende Konsequenzen. An vielen Orten auf der Südhemisphäre, aber auch im nördlichen Pazifik hinterlässt das tropische Klimaphänomen jeweils in Form von Überschwemmungen und Dürren seine Spuren. Ob auch in Europa Ausläufer von El Niņo zu verspüren sind, blieb umstritten, konnte doch eine solche Fernwirkung bisher noch nicht zweifelsfrei belegt werden. Stefan Brönnimann vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich (1) gelang dieser Nachweis nun zusammen mit seinen Kollegen. Wie die Gruppe in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Nature" (2) berichtet, waren die strengen Winter in Osteuropa in den Kriegsjahren 1940 - 42 eine Folge eines El-Niņo-Ereignisses.

Tausende von Messserien

Ursprünglich wollte Brönnimann eigentlich etwas ganz anderes untersuchen. Ihn interessierte, warum Anfang der vierziger Jahre bei der Messstation Arosa (3) und andernorts sehr hohe Ozonwerte in der Stratosphäre gemessen wurden. Um eine Erklärung dafür zu finden, musste der Klimatologe die damalige Luftzirkulation bis hinauf in die untere Stratosphäre rekonstruieren. Denn die Strömungen in der Atmosphäre beeinflussen über komplexe Wechselwirkungen die Mächtigkeit der Ozonschicht.

Spuren des El Niņos 1940 – 42 in der nördlichen Hemispähre: In der Stratosphäre (oben) ist die Luft über der Arktis wärmer, der Polarwirbel schwächer und die Ozonschicht dicker als üblich. Auch das Klima auf der Erdoberfläche war aussergewöhnlich: Extreme Kälte in Mittel- und Osteuropa, mildes Wetter in Alaska und frostige Kälte im Nordpazifik. gross


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Für seine Klimastudie musste Stefan Brönnimann Tausende von alten Messdaten auswerten. (Bild Andrea Kaiser) gross

Die nötigen Daten dazu musste sich Brönnimann allerdings zuerst in mühsamer Kleinarbeit beschaffen. Wetterdaten, wie sie für die Studie nötig waren, wurden erst nach 1948 im Zuge des Aufbaus der World Meteorological Organization (WMO) (4) systematisch gesammelt. In alten Archiven fand Brönnimann schliesslich Tausende von Vertikalprofilen aus Radiosonden- und Flugzeugmessungen aus den Kriegsjahren. Insgesamt 33'000 davon hat der Forscher nun für seine Arbeit digitalisiert.

Spuren bis in die Stratosphäre

Die Messdaten zeigen, dass nicht nur die Ozonwerte in der Stratosphäre damals aussergewöhnlich waren, sondern auch das Klima an der Erdoberfläche. So wurden Mittel- und Osteuropa damals von extrem strengen Wintern heimgesucht – es waren die kältesten des 20. Jahrhunderts überhaupt. Dies war mit ein Grund, warum der Vorstoss der deutschen Wehrmacht in Russland ins Stocken geriet. Gleichzeitig erlebte Alaska milde Winter, während im Nordpazifik wiederum kaltes Wetter vorherrschte. Auch in der unteren Stratosphäre konnte Brönnimann ungewöhnliche Luftströmungen nachweisen. Genau zur gleichen Zeit dokumentieren die Klimadaten auch ein besonders lang andauerndes El-Niņo-Ereignis im tropischen Pazifik.

Mit Hilfe von Modellsimulationen konnte Brönnimann nun zeigen, dass zwischen all diesen Beobachtungen ein kausaler Zusammenhang besteht. Im Laufe der berechneten 650-Modelljahre gab es verschiedene "El-Niņo-Ereignisse"; gleichzeitig berechnete der Computer für die anderen Regionen jeweils ähnliche klimatische Anomalien, wie sie Anfang der vierziger Jahre konkret beobachtet wurden. Dies bestätigt, so Brönnimann, dass El Niņo auch in Europa und in der Stratosphäre markante Auswirkungen haben und zu Veränderungen in der Ozonschicht führen kann. Ähnliche klimatische Verhältnisse beobachteten die Meteorologen übrigens auch bei späteren El-Niņo-Ereignissen, so beispielsweise im Winter 1986/87, als in der Schweiz verschiedene Seen zufroren.


Fussnoten:
(1) Homepage des Instituts für Atmosphäre und Klima: www.iac.ethz.ch/
(2) S. Brönnimann et.al.: Extreme climate of the global troposphere and stratosphere in 1940-42 related to El Niņo. Nature Vol. 431, 971-974 (2004).
(3) Siehe dazu auch ETH-Life-Artikel "Wissenschaftler der Atmosphäre" www.ethlife.ethz.ch/articles/DuetschHUwuerd.html
(4) Homepage der World Meteorological Organization (WMO): www.wmo.int/index-en.html



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