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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 31.10.2001 06:00

Nachhaltige Entwicklung in Appenzell-Ausserrhoden
Diagnose erwünscht

Die ETH und der Kanton Appenzell-Ausserrhoden arbeiten zusammen: Mit der Fallstudie "Appenzell Ausserrhoden: Landschaftsnutzung der Zukunft" wollen Studierende der Umweltnaturwissenschaften der ETH zusammen mit lokalen Fachleuten herausfinden, wie die Landschaft des Kantons zukunftsgerichtet bewirtschaftet werden kann. Letzten Donnerstag wurden die Hochschulangehörigen vor Ort empfangen.

Von Christoph Meier

"Was nötzt's?" Diese für die Appenzeller Mentalität anscheinend typische Frage wird frühestens am Ende der ETH-Studie "Appenzell Ausserrhoden: Landschaftsnutzung der Zukunft" schlüssig beantwortet werden können. Doch die Appenzeller räumen schon jetzt den Umweltnaturwissenschaftlern der ETH unter Leitung von Professor Roland W. Scholz einigen Kredit ein. So durften die Teilnehmenden, einmal abgesehen vom rauen Wetter, viel Gastfreundschaft und Zuversicht bei ihrem Besuch letzten Donnerstag im Studiengebiet erfahren.

Eine breit abgestützte Studie

Die Fallstudie befasst sich damit, wie die Landschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden in ihrer ökologischen Qualität erhalten, beziehungsweise aufgewertet werden und gleichzeitig die ökonomische Wertschöpfung beibehalten oder verbessert werden kann. Drei Themenfelder werden dabei untersucht: Siedlung, Freizeit und Tourismus sowie Natur und Landschaft. Jedes Themenfeld wird durch eine Gruppe bearbeitet, die sich aus 10 bis 15 Studenten sowie Tutoren der ETH und Vertretern aus der Praxis zusammensetzt. Eine wichtige Informations- und Austauschquelle der sogenannten Synthese-Gruppen stellen Begleitgruppen aus der Bevölkerung im Ausserrhodischen dar.

Hinzu kommt eine sogenannte "Chassis-Gruppe", welche die Extrapolation der Aussagen der drei Synthesegruppen für den gesamten Kanton bearbeiten wird. Damit das ganze Projekt in sicheren Bahnen bleibt, gibt es auch noch einen Beirat, welcher der Steuerung und inhaltlichen Beratung der Studie dient. Darin sitzen zum Beispiel der ausserrhodische Landammann Hans Altherr und Harald Bugmann, ETH-Professor für Gebirgswaldökologie. Nach der Analyse des Falls durch Nachzeichnen der historischen Entwicklung und einer Bestandesaufnahme erhofft man sich, am Ende Orientierungshilfen für nachhaltige Entwicklungen bieten zu können.

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Bei einem Spaziergang in der Region Urnäsch konnten die Umweltnaturwissenschaftler einen Einblick in ihr Studiengebiet gewinnen. gross

Einst Panik vor der ETH

Der Ansatz, Orientierungshilfen innerhalb einer praxisorientierten Lehrveranstaltung zu erarbeiten, ist nicht unumstritten. Auf jeden Fall stiess Scholz mit seinen Fallstudien vor allem zu Beginn anfangs der neunziger Jahre auf breite Skepsis. "Im Jahr 1994 reagierte die Bevölkerung im Berner Seeland noch mit Panik auf ein weiteres Forschungsprojekt", erinnert sich der Forscher. Wobei mehrfach kommuniziert wurde, dass oft schlechte Erfahrungen mit Forschungsprojekten gemacht worden sind.


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Im schmucken Kern von Urnäsch wurden die ETH-Studierenden zuerst empfangen. gross

Erst wenn Einsichten in die Ziele und Erfahrungen mit der Fallstudie gewonnen sind, ändert sich diese Haltung. Inwiefern dies dazu führte, dass die zuständige Kommission des Kanton Ausserrhoden die Zusammenarbeit mit der ETH vor Beginn nur mit 6 zu zwei Stimmen guthiess, ist nicht klar. Doch der Erfolg liess die Fallstudien inzwischen populär werden; es gibt mittlerweile jedes Jahr bis zu 40 Vorschläge und Fälle, die sich aktiv um eine Fallstudie bemühen.

Eine Wertschätzung solcher Arbeit lässt sich auch daran ablesen, dass der Kanton Appenzell Ausserrhoden bereit ist, 100'000 Franken für die die Nachbereitung und Drucklegung der diesjährigen Studie zu bezahlen.

Viele leere Bauernhäuser

Beim Besuch im Appenzellischen stiessen die Studierenden entsprechend auch auf mehr Wünsche als kritische Fragen. So äusserte der Gemeindepräsident von Urnäsch, Stefan Frischknecht, beim Empfang letzten Donnerstag die Hoffnung, dass die ETH Ausserrhoden fachkundig untersucht und diagnostiziert. Mit Blick auf die vielen leeren Bauernhäuser der Region bezeichnete Frischknecht die Zukunft der Landwirtschaft als ein zentrales Problem. Beim Rundgang in Urnäsch erhielten die Teilnehmer der Studie einen ersten Augenschein von ihrem Arbeitsgebiet. Unbebautes Bauland und die Ausrichtung des Dorfes auf die Kantonsstrasse, die zur touristisch wichtigen Schwägalp führt, waren nur zwei Hinweise auf mögliche Probleme. Ein Tutor regte in diesem Zusammenhang eine Diskussion darüber an, ob Zukunftsfähigkeit unbedingt zusätzliche Bautätigkeit heissen muss.

Beim nachfolgenden Vortrag zum lokalen Brauchtum kam noch einmal die starke Verankerung der Einheimischen in der Landwirtschaft zum Ausdruck - ein Thema, das auch die Vertreter des Regierungsrats beim Empfang der ETHler in Herisau zur Sprache brachten. Ein einheimischer Tutor bat die Studierenden um eine Bilanz des Tages - ein Indiz dafür, dass in Appenzell klare Einschätzungen von den Akademikern erwartet werden.

Eine richtiggehende Charmeoffensive für den Besuch aus Zürich startete zum Schluss noch ein Jodelquintett. Bei soviel Gastfreundschaft war es nicht verwunderlich, dass einige Studierende zweifelten, ob sie den Erwartungen vor Ort gerecht werden könnten. Doch zeigten sich die meisten optimistisch, dass sie hier zusammen mit den Einheimischen eine sinnvolle und lehrreiche Zeit vor sich haben. Es ist für den Kanton Appenzell wie für die Studierenden zu hoffen, dass die Praxisarbeit so erfolgreich sein wird, dass die bei manchen am Besuchstag vorhandenen kalten Füsse auch die letzten waren.


Literaturhinweise:
Weitere Informationen zur laufenden und anderer Fallstudien: www.uns.umnw.ethz.ch/fs/
Informationen zum Appenzellerland: www.appenzellerland.ch/
Beitrag zur ETH-Fallstudie in der "Appenzeller Zeitung": http://www.tagblatt.ch/archiv/a_detail.cfm?tb_



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