ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 17.09.2001 06:00

Geoparks – eine Idee bahnt sich ihren Weg
Zeugen der Erdgeschichte

Die Tiere haben eine, die Pflanzen haben eine. Nur die Steine scheinen keine Lobby zu haben. Irrtum. Eine Gruppe engagierter Geologen verleiht den stummen Zeugen der Erdgeschichte eine Stimme. Die Spezialistinnen und Spezialisten wollen, dass ihre Begeisterung für die Geologie auch auf die Bevölkerung überspringt. Der Weg dahin führt über die Geoparks.

Von Roman Klingler

(ergänzte Fassung) Seit 1994 befasst sich eine Arbeitsgruppe innerhalb der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften (SANW) mit Fragen des Geotopschutzes. Heute können die „Anwälte der Gesteine“ erste Früchte ihres Engagements ernten. So wurde vergangenes Wochenende in der Nähe von Mendrisio der "erste Geopark der Schweiz" eröffnet. Und auch im Gebiet rund um den Walensee tut sich etwas: Dort gibt es einen zweiten Geopark, der auf einer Fläche von rund 1300 km2 verschiedene geologische Attraktionen bündelt. Das war nicht immer so. "Als wir vor einigen Jahren begannen, die Idee von Geotopen zu propagieren, wurden wir zuerst belächelt", blickt Peter Jordan zurück. Der Solothurner Kantonsgeologe präsidiert die Arbeitsgruppe Geotopschutz der SANW.

Die Idee von besonderen Naturparks, die dem interessierten Publikum die Vielfalt und Entstehung der Gesteine näher bringen sollen, bahnt sich auch in der Schweiz allmählich ihren Weg. Im Unterschied zu anderen Ländern und Regionen (z.B. Schwäbischer Raum) hat die Geologie hierzulande im Bewusstsein der breiten Bevölkerung lange Zeit ein Schattendasein geführt. Dabei wäre gerade die Schweiz prädestiniert, das Interesse für die spannenden Phänomene der Erd- und Klimageschichte über den engen akademischen Kreis hinaus zu wecken. Hier setzen die Promotoren der Geoparks denn auch an.

Was ist ein Geopark?

"Ein Schweizer Geopark holt den Erdkundeunterricht in die Landschaft und verbindet ihn mit Spass und Erholung", schreibt Peter Jordan zur Idee von Geoparkswww.geoforum.ethz.ch/deutsch/Arbeitsgruppen/geoparks2_d.html. Doch was ist ein Geopark? Im gleichen Artikel definiert Jordan den Geopark als "ein klar abgegrenztes Gebiet, welches ein Mosaik von repräsentativen und attraktiven geologischen Elementen von regionaler oder nationaler Bedeutung beinhaltet."

Im weiteren müsse ein solcher Geopark über ein "gesamtheitliches Konzept zum Schutz, zur didaktischen Präsentation und zur touristischen Erschliessung der Naturdenkmäler verfügen." So weit die definitorische Annäherung. Die zwei Beispiele des "geoparco delle Gole della Breggia" einerseits und des Geoparks Sarganserland-Walensee-Glarnerland anderseits, zeigen, wie diese Idee unterschiedlich umgesetzt werden kann.

Geologe Markus Felber
Geologe Markus Felber führt ein interessiertes Publikum durch den neu eröffneten Geopark nahe von Mendrisio. gross

Klein, aber fein

Der Geopark in der Nähe von Mendrisio im südlichsten Zipfel des Tessins dehnt sich 1.5 Kilometer entlang dem Wildbach Breggia aus und umfasst eine Fläche von rund eineinhalb km2. Der Park, der am vergangenen Wochenende mit einem Volksfest eingeweiht wurde, ist auf dem Gemeindegebiet von Castel di San Pietro, Morbio Superiore, Balerna und Morbio Inferiore. Er ist das Resultat eines jahrelangen Kampfes um die Erhaltung der einzigartigen Gesteinsformationen, die zum Teil auf dem Grundstück einer Zementfabrik liegen.

Einer, der sich von der ersten Stunde an für den Park eingesetzt hat, ist der Tessiner Geologe Markus Felber. In einem Artikel charakterisiert Felber das Interesse der Wissenschaft am Park folgendermassenwww.geoforum.ethz.ch/deutsch/Arbeitsgruppen/breggia.html: "Im unteren Teil der Valle di Muggio durchquert die Breggia eine Gesteinsserie, die sich in der Jura- und Kreidezeit auf dem Grund des Tethysmeeres gebildet hat. Diese Serie bildet ein ausserordentliches Dokument, das die Ereignisse eines Zeitraumes von 80 Millionen Jahren quasi ununterbrochen illustriert."


weitermehr

Wildbach Breggia
Auf rund 1.5 Kilometer Länge bietet der Wildbach Breggia eindrückliches Anschauungsmaterial für 80 Millionen Jahre Erdgeschichte gross

Gross und vernetzt

Eine ganz andere Dimension hat der Geopark Sarganserland-Walensee-Glarnerland mit seiner Fläche von fast 1300km2. Im Unterschied zum eben erst eröffneten Tessiner Geopark geht es hier nicht nur darum, etwas Neues zu entwickeln, sondern auch Bestehendes zu bündeln und zu vernetzen sowie touristisch aufzubereiten.

Das Gebiet umfasst ein Konglomerat von geologischen und bauhistorischen Sehenswürdigkeiten. Bestehende Attraktionen sind beispielsweise das Eisenbergwerk Gonzen (Sargans) und der Landesplattenberg Engi (siehe Foto). Seit diesem Sommer verkehrt zudem ein Geoschiff auf dem Walensee. In Planung sind ein Familien-Geobüchlein Flumserberg und verschiedene Geo-Wanderführer.

Glarner Hauptźberschiebung
Die Glarner Hauptüberschiebung am Segnespass von Westen: Hier machten Geologen wichtige Beobachtungen für die Entwicklung der Deckenlehre. (Bild: Y.Willi) gross

Der Mann, der die verschiedenen Angebote unter ein gemeinsames Label bringen will, ist David Imper, Geologe in Heiligkreuz und Leiter des Projektteams Geopark Sarganserland-Walensee-Glarnerland. Das zentrale Element des Geoparks ist die sogenannte Glarner Hauptüberschiebung oberhalb von Elm. Dazu schreibt Imper:www.geoforum.ethz.ch/deutsch/Arbeitsgruppen/sarganser.html: "Es gibt keine vergleichbare Ueberschiebung von einer Gesteinsmasse auf eine andere, die im Gelände so einfach studiert werden kann. Deshalb pilgern seit fast 200 Jahren die führenden Erdwissenschaftler aus aller Welt in die Glarneralpen."

Landesplattenberg Engi
Landesplattenberg Engi: Im Verlauf der letzten Jahrhunderte entstanden durch den Schieferabbau grosse Abbauhallen (Bild: H.P. Stolz) gross

Abgesehen von den zwei vorher beschriebenen Geoparks sind weitere Projekte in Bearbeitung. Als mögliche Standorte empfehlen sich die Regionen Creux du Van (NE) und Beatenberg (BE). Zur Berner Attraktion gehört ein durch die Verkarstung von Kalkgesteinen entstandenes gigantisches Höhlensystem, zum dem der Sieben Hengste-Hohgant, der Bären-schacht und die Beatushöhlen gehören. Das Neuenburger Gebiet gibt einen einzigartigen Einblick in den Aufbau des Faltenjura.


UNESCO-Weltnaturerbe

Die Schweiz hat vier Objekte, die von der UNESCO als Welkulturerbe eingestuft werden: das Kloster St.Johann in Müstair, der Stiftsbezirk St.Gallen, die Altstadt von Bern und die Burgen von Bellinzona. Nun sind drei Anträge pendent für die Anerkennung als Weltnaturerbe: am fortgeschrittensten ist der Antrag für das Aletsch-Gebiet. Die Tessiner wollen einen solchen Status für den Monte San Giorgio erreichen, die Promotoren hinter dem Ostschweizer Geopark liebäugeln damit, dass die sogenannte Glarner Hauptüberschiebung ins UNESCO-Inventar aufgenommen wird.




Literaturhinweise:
http://www.geoforum.ethz.ch
http://www.geopark.ch
Informationen auf Italienisch: http://www.parcobreggia.ch



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!