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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.04.2007 06:00

Die Forschung der ETH Zürich im Museum
Mehr Bewegung im Verkehrshaus

Zum 125jährigen Bestehen der Gotthardbahn wird heute im Verkehrshaus der Schweiz (1) in Luzern die Ausstellung „Alpenqueren“ eröffnet. Darin zeigen die Bewegungswissenschaften der ETH Zürich während den nächsten 18 Monaten, woran sie forschen. Zu verdanken ist dies der Initiative einer einzelnen Person, dem Studenten Jonas Maag.

Gabrielle Attinger

Jonas Maag, Sie haben die Bewegungswissenschaften in die Gotthardausstellung des Verkehrshauses gebracht. Was hat ein Museum, in dem es vornehmlich um Motoren geht, mit dieser Forschungsdisziplin überhaupt gemein?

Jonas Maag: In uns drinnen sind auch Motoren - und erst noch ganz spezielle. Ein einzelner Muskel etwa hat zwar nicht die Möglichkeit, rückwärts zu arbeiten. Aber er kann ein Gewicht viel stärker abbremsen als beschleunigen. Das finde ich ziemlich faszinierend.

Wie kamen Sie darauf, die Bewegungswissenschaften in das Jubiläum der Gotthardbahn einzubinden?

Am Anfang stand der persönliche Kontakt zu zwei Mitgliedern der Geschäftsleitung des Verkehrshauses: Ich hatte mit meinem Vater an einem Fernsehquiz teilgenommen, das im Verkehrshaus aufgezeichnet wurde. Dabei hatten wir den Hauptpreis gewonnen, in den das Verkehrshaus wiederum involviert war. Die Idee, die Bewegungswissenschaften im Museum zu präsentieren, kam im Gespräch über mein Studium zustande. Das Projekt verzögerte sich unter anderem wegen den Überschwemmungen im Verkehrshaus und konnte nun, auf das Gotthardjubiläum hin, realisiert werden.

Warum soll sich das Publikum, das sich für Bahngeschichte interessiert, die Bewegungswissenschaften kennen lernen?

Weil diese Wissenschaft das 21. Jahrhundert prägen wird: Die Menschen werden immer dicker. Übergewicht und Bewegungsmangel sind gravierende Zivilisationskrankheiten. Dass wir nun in „Alpenqueren“ integriert sind, haben wir aber auch den Eventexperten zu verdanken. Sie haben mich überzeugt, dass ein spannendes Thema in jeder Ausstellung gut aufgehoben ist. Ein Thema in ein anderes zu integrieren, ist eine redaktionelle Aufgabe. Wenn wir zum Beispiel die Sprunghöhe messen oder die Besucher über einen Stolperparcours gehen lassen, ist dies leicht mit dem Bild eines Berges zu verbinden, den wir hochklettern oder -gehen - und schon sind wir mitten im „Alpenqueren“. Der Titel unseres Ausstellungsteils lautet denn auch „Unterwegs!“

Ist der Zusammenhang zwischen ETH und Verkehrshaus also lediglich inszeniert?

Nein, dahinter steckt durchaus ein tieferer Sinn. Die Gotthardbahn ist ein ETH-Thema – immerhin wurde die ETH gegründet, um Ingenieure für den Bau der Bundesbahn auszubilden. Das Verkehrshaus ist voll von Errungenschaften der ETH. Mit den Bewegungswissenschaften innerhalb der Ausstellung zeigen wir nun, dass sich die ETH heute auch der Zeit vor dem Bahnbau widmet, als man noch mit Muskelkraft die Berge querte.

Waren die Bewegungswissenschaften Ihren Bekannten im Verkehrshaus ein Begriff?

Nein, ich musste ihnen, wie eigentlich überall, erklären, was das ist. Die meisten Leute antworten dann jeweils: Ach so, der Sport. Dabei geht es ja mehrheitlich um den menschlichen Körper und seine Bewegung. Wir untersuchen, wie sich ein Reha-Programm auf einen bettlägrigen Patienten auswirkt, oder wie man bei der Arbeit Lasten heben soll und vieles mehr, Bewegungen im Alltag, bei der Arbeit und in der Freizeit – sei dies bei Patienten oder bei gesunden Personen. Es muss also nicht zwingend die Bewegung im Sport sein – und schon gar nicht im Spitzensport.

Wie war die erste Reaktion im Departement auf Ihre Idee, die Bewegungswissenschaften ins Verkehrshaus zu bringen?

Sie war allgemein sehr positiv. Nur ein Vorbehalt kam schnell: Die Ausstellung sollte auf keinen Fall darauf ausgelegt sein, mehr Studierende zu generieren. Der Grund dafür ist, dass bereits zu Beginn des ersten Studiengangs vor vier Jahren anstelle von erwarteten 40 bis 50 stolze 180 Personen anmeldeten – weit mehr, als es in der Schweiz in diesem Bereich Arbeitsplätze gibt. Alle empfanden es aber als grosse Chance, einem breiten Publikum zu zeigen, was Bewegungswissenschaften sind und was wir können – und nicht zuletzt was diese Wissenschaften zum Fortschritt beitragen.


Brachte die aktuelle Forschung der ETH Zürich ins Museum: Jonas Maag, Student der Bewegungswissenschaften gross

Wie gross war die Unterstützung?

Sie wuchs mit dem Vorankommen des Projekts kontinuierlich. Und heute ist es schön zu hören, wie Beteiligte sagen. „Ich hätte nicht gedacht, dass dies zustande kommen kann – und nun wird es Wirklichkeit.“

Wie viele Personen haben konkret an der Ausstellung mitgearbeitet?

Die Ausstellung ist eine Praktikumsaufgabe von mir. Dazu hatte ich einen Betreuer, Herrn Stacoff. Die Professoren Edgar Stüssi, Kurt Murer und Urs Boutellier, unterstützten das Vorhaben. Professor Boutellier schlug dann vor, das Event Team von Matthias Erzinger beizuziehen. Das hat sich in jeder Hinsicht gelohnt.

Wer hat bestimmt, was ausgestellt wird?

Wir lieferten die Ideen und haben diese mit Ausstellungsspezialisten zusammen ausgearbeitet. Realisiert wurden schliesslich zwölf Stationen. Ein paar Exponate hat die SUVA geliefert, die das Verkehrshaus als Hauptsponsorin für unsere Ausstellung gewinnen konnte.

Gibt es ein herausragendes Exponat, das man sich keinesfalls entgehen lassen darf?

Das ist für mich schwer zu beurteilen. Das Besondere an der Ausstellung ist eher, dass mit einer Ausnahme alle Exponate interaktiv sind. An jeder Station können die Besuchenden also springen, rudern, radeln oder sonst etwas machen.

Können Sie uns ein paar Beispiele geben?

Es gibt Stolpertests, etwa auf einer gewellten Unterlage in einem dunklen Raum oder auf Unterlagen, die verschieden beschaffen sind, so dass man an einer Stelle etwa plötzlich einsinkt. Man kann über eine Hängebrücke gehen und auf seitenverkehrten Velos fahren, die nach links biegen, wenn nach rechts gesteuert wird. Es ist erstaunlich, wie schnell man darauf einen Parcours korrekt fahren kann, solange keine Hindernisse auftauchen oder man erschrickt. Und wir geben Schrittzähler ab, die darüber Auskunft geben, wie viele Schritte man macht.

Wo lagen bei der Realisierung der Ausstellung für Sie die grössten Hürden?

Nerven kostete die Zeit, die verstrich, bis die Ausstellung durch einen Sponsor finanziell gesichert werden konnte. Denn niemand engagiert sich gerne, solange nicht fest steht, ob das Projekt realisiert werden kann. Ausserdem musste ich als Initiant bei vielen Leuten immer wieder anklopfen und sie daran erinnern, dass es mich und mein Projekt noch gibt und sie etwas dazu beitragen wollten.

Wen wollen Sie mit der Ausstellung anlocken?

Möglichst alle Besuchenden des Verkehrshauses, denn Motorik spricht alle an, vor allem auch Kinder. Sie sollen über die Hängebrücke gehen und die Erwachsenen hinterher. Die älteren Personen, die vielleicht an eine Prothese denken, werden sich für unseren Film über das Knie interessieren. In der Ruderecke können die Leute Rennen gegeneinander fahren – ja, es gibt wirklich für alle etwas zu machen. Die Ausstellung ist auch ins Schulprogamm des Verkehrshauses aufgenommen worden. Schulklassen können sich in „Unterwegs!“ zeigen lassen, was es heisst, mit der eigenen Muskelkraft unterwegs zu sein.

Wie viele Besuchende werden erwartet?

Die Ausstellung ist bis Herbst 2008 zu sehen. Wir rechnen mit 800'000 Personen.


Jetzt im Verkehrshaus

Die Ausstellung „Alpenqueren – teuflisch spannende Geschichte“ würdigt zum 125-Jahre-Jubiläum der Gotthardbahn die Menschen sowie deren Mittel und Methoden, Weitsicht und Kühnheit, die nötig waren, um die Alpen zu queren – und weiterhin notwendig sind. Sie ist vom 4. April 2007 bis 31. Oktober 2008 zu sehen und ist als Parcours angelegt, der an den Exponaten der Bewegungswissenschaften und den permanenten Exponaten des Museums zum Thema vorbei führt. Das Verkehrshaus ist täglich geöffnet, während der Sommerzeit von 10-18 Uhr, während der Winterzeit von 10-17 Uhr.




Fussnoten:
(1) Website des Verkehrshauses: www.verkehrshaus.ch



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