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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 06.06.2001 06:00

Annetta Julen: Es muss nicht immer eine gradlinige Laufbahn sein
Neugierig auf das Leben

Annetta Julen, Medienbeauftragte der ETH Bibliothek, verlässt dieser Tage die ETH. Das quicklebendige Energiebündel geht in den Ruhestand - vorzeitig. Die promovierte und habilitierte Naturwissenschaftlerin hat in ihrem bisherigen Lebensabschnitt viele Facetten eines Lehrbetriebs erforscht und wird sich jetzt neuen zuwenden im vielseitigen Bereich der Möglichkeiten, die das Freizeit-Leben bietet.

Von Regina Schwendener

Schon als Lausanner Gymnasiastin bekundete Annetta Julen ihr Interesse an Mathematik. Wohl nicht ganz der Norm entsprechend und dank des Einflusses ihres Lehrers mauserte sich dieses Interesse zum Lieblingsfach und zum Studienwunsch. Annetta Julen gesteht lachend: "Es war wohl doch nicht das Richtige. Nach einem Jahr habe ich gesehen: 100 Prozent Mathe sind zu trocken für mich!" Da der Gymifreundin Gleiches mit Physik widerfuhr, gaben beide auf und versuchten es in der Biologie.

Ab 1963 studierte sie an der Uni Lausanne, wobei sich die junge Studentin1966/67 für ein Semester in Zürich beworben hatte - diese Möglichkeit bestand schon damals. 1968 schloss sie an der ETH mit dem Lizenziat ab, doktorierte 1972 in Verhaltensbiologie bei Professor Bättig über "Reizinduziertes Fressverhalten bei Ratten unter Einfluss der Umgebungstemperatur ". "Wohl war mir nicht dabei", gesteht Annetta Julen. Sie hat die Versuche, die für die Arbeit notwendig waren, als Tierquälerei empfunden. 1982 folgte die Habilitation.

annetta julen
Ins Privatleben zurückgezogen, aber beileibe nicht im Ruhestand: Annetta Julen.

Ehrung ausser Haus, Schelte von Zigarettenindustrie

Von 1969 bis 1984 war Annetta Julen am Institut für Arbeitsphysiologie und Hygiene tätig. Ihre Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf die Gebiete der Lufthygiene und der Ergonomie. Und schon vor mehr als 20 Jahren hat sie sich dort hauptsächlich mit dem Thema beschäftigt, das jetzt an der ETH ernst genommen wird: mit der Luftverunreinigung durch Tabakrauch und ihre Wirkung auf Menschen, aber auch mit arbeitsphysiologischen Aspekten monotoner Tätigkeiten. Es kostet sie ein Schmunzeln, wenn sie daran denkt, dass sie schon damals – erfolglos – mit den Resultaten und einem Postulat, rauchfreie Zonen an der ETH Zürich zu schaffen, im Vorläufer von ETH-intern, dem ETH Bulletin im Juli 1978 und April 1982 an die Öffentlichkeit trat.

"Dafür haben meine Gruppe und ich 1978 den Düsseldorfer Hygiene-Preis für die Arbeit ‚Objektive und subjektive Wirkungen der Luftverunreinigung durch Tabakrauch‘ erhalten", so Julen. Und kann man es als typisch bezeichnen: Annetta Julen hat die Ergebnisse ihrer Untersuchung auch bei Philip Morris in Richmont vorgetragen und hat statt Lob und Aufmerksamkeit heftigen Tadel einstecken müssen! Sie selbst überlässt die Frage, ob typisch oder nicht, andern. Man habe damals auf Druck der Zigarettenindustrie als dem Geldgeber für die Studie bei der Veröffentlichung der Resulate das Wort Schadstoffe durch Fremdstoffe entschärfen müssen, erzählt Annetta Julen weiter.

Darauf zog es das Forscherteam vor, seine Arbeiten durch den Nationalfonds unterstützen zu lassen. Mit Forschung allein liess es die junge Frau in all den Jahren wissenschaftlicher Tätigkeit nicht bewenden. Zwischen 1972 und 1984 bewältigte sie noch einen Lehrauftrag an der ETH Lausanne, und zwischen 1982 und 1994 wirkte sie als Privatdozentin im Bereich Wohn- und Umweltphysiologie an der Abteilung Architektur der ETH Zürich.


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annetta julen mit partner
Annetta Julen freut sich, dass sie nun auch mehr Zeit mit ihrem Partner verbringen kann.

Ersten PC in die Bibliothek geschmuggelt

Nach über 15 Jahren Forschung sah sich Annetta Julen vor die Frage gestellt: das bestehende Forschungsgebiet in Richtung Medizin ausbauen, oder überhaupt ein neues Forschungsgebiet aufnehmen? - "Ich habe gesehen, ich bin an eine Grenze gestossen. Ich wollte noch etwas Anderes kennenlernen als Forschung und Lehre", und der Zufall sei ihr zur Seite gestanden. Die Bibliothek suchte eine Person für die Leitung des damals neuen Datenbankservice. Für diesen Job fing Annetta Julen Feuer und seit 1984 hat sie in der Bibliothek ein neues Arbeitsfeld gefunden.

Zuerst ging es um den Auf- und Ausbau des Datenbank-Recherchedienstes. In erster Linie war es für sie spannend, weil sie ihre Neugierde, mehr zu lernen und zu wissen, befriedigen konnte. Julen: "Die Nachfrage hatte stark zugenommen und es war faszinierend, zum Beispiel in den USA im Auftrag Recherchen durchzuführen – heute eine Selbstverständlichkeit für jedermann, aber damals doch eher Neuland." Und sie hat sogar den ersten PC in der ETH-Bibliothek installiert - "reingeschmuggelt", wie sie schelmisch lachend verrät.

Ab 1988 übernahm sie die Leitung der Abteilung Information mit neun Mitarbeitenden. Das hiess: Sie hat mit ihrer Gruppe die Benutzerberatung und –schulung ausgebaut, elektronische Informationsangebote wie Datenbanken auf CD-ROM, das WWW der Bibliothek und die virtuelle Bibliothek eingeführt, bevor sie dann nach zehn Jahren wiederum einen Kurswechsel vornahm, und zwar Richtung Reduktion des Arbeitspensums. Jobsharing war in der bisherigen Funktion nicht möglich gewesen, erklärt sie, aber sie sei, wie sie sich nach einer neuen Herausforderung umgesehen hatte, auf die "nicht existierende Öffentlichkeitsarbeit" der ETH-Bibliothek gestossen. Annetta Julen wurde 1998 deren Leiterin und Autorin des Mitarbeiterblatts der "ETH-Bibliothek intern".

Ruhestand? - Nicht die Spur!

Jetzt geht es ab in den Ruhestand. Fragt man Annetta Julen, was das bedeutet, kommt eine für sie typische Antwort: "Mehr Zeit mit meinem Mann verbringen – zum Beispiel beim Mulörgele - , mein Beziehungsnetz aktivieren. Ich stelle mir vor, ganz einfach Zeit für all die andern Sachen zu haben, die ich sonst noch gern tun würde und für die ich bisher kaum Zeit gefunden habe", schwärmt Annetta Julen von ihrer neuen Lebensphase, die keinesfalls ruhig zu verlaufen scheint. Denn schon absolviert sie im Zürcher Zoo – in dem sie so ganz nebenbei die Patenschaft eines vom Aussterben bedrohten Rindviehs namens Banteng übernommen hat - einen Kurs, um später als ehrenamtliche Mitarbeiterin Zoobesucherinnen und -besuchern bestimmte Tiere vertrauter machen zu können.

Aber da sind noch ihre Hobbies wie Bergsteigen, Ski- und Velotouren, Wandern… Sie habe während ihrer Zeit an der ETH besonders das Angebot des ASVZ genossen. "Eine hervorragende Einrichtung!" Ihrem Drang nach Bewegung kommt zudem der Garten im Tessin entgegen, der gepflegt sein will. Aber auch ein vegetarischer Kochkurs steht auf dem Programm, Italienisch in Perugia verbessern, vielleicht Philosophie-Vorlesungen besuchen oder im sozialen Bereich arbeiten, nach Südamerika reisen, die Wüste kennenlernen. Annetta Julen ist sich bewusst, Wünsche darf man viele haben, aber man muss Prioritäten setzen: "Ich weiss. Nicht alles ist machbar. Ich werde erst einmal den bestehenden Hobbies mehr Raum geben."




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