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Rubrik: Tagesberichte |
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Fotoausstellung über die Ölkatastrophe in Galizien Beklemmende Strandbilder |
Eine Fotoausstellung im Hauptgebäude der ETH zeigt, wie die Helfer an der galizischen Küste verzweifelt gegen das klebrig-schwarze Öl des gesunkenen Tankers "Prestige" kämpfen. Die dazugehörigen Begleittexte hinterfragen den Zynismus des Ölgeschäftes, der immer wieder zu derart verheerenden Katastrophen führt. Von Felix Würsten Am 19. November 2002 sank der Öltanker "Prestige" vor der galizischen Küste. In der Folge wurde Nordwestspanien von einer verheerenden Ölkatastrophe heimgesucht. Noch während Jahren, so sind Experten überzeugt, wird an den Küsten von verschiedenen europäischen Ländern das schwere Öl aus dem gesunkenen Tanker auftauchen. Fast aussichtslos scheint da der verzweifelte Kampf der Freiwilligen, welche die schwarz-verklebten Strände bei La Coruña zu säubern versuchen.
Nie mehr wieder? Während sich die spanischen Politiker lange Zeit weitgehend ignorant zeigten, beteuerten auf EU-Ebene verschiedene Politiker und Beamte, man wolle nun sofort dezidiert für mehr Sicherheit in den europäischen Gewässern sorgen. Ob den vollmundigen Versprechen die entsprechenden Taten folgen werden, ist allerdings fraglich. Der Aufsehen erregende Fall "Prestige" verschwindet allmählich aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit, und damit sinkt auch der Druck auf die Verantwortlichen zu handeln. Die Ausstellung "Nunca máis! - Nie mehr wieder!" im Hauptgebäude der ETH Zürich (1) möchte diesem drohenden Vergessen nun entgegenwirken, wie Albert Waldvogel erklärte. Der Delegierte der Schulleitung der ETH Zürich zeigte sich bei der gestrigen Eröffnung der Ausstellung befremdet, wie die Menschheit mit voraussehbaren Katastrophen umgeht. Es sei zu befürchten, dass der Ruf "Nunca máis!" ungehört verhallt und dass einmal mehr wenig Konkretes unternommen wird, um solche Unfälle zu verhindern.
Anstrengung und Verzweiflung Die Ausstellung zeigt eindrücklich, was das Unglück für Galizien bedeutet. Die Fotografien von Manuel Bauer und Marc Latzel vermitteln ein beklemmendes Bild der Zerstörung. Die Aufnahmen von Helfern, die in ölverschmierten Anoraks unter grosser Anstrengung von Hand Öl beiseite schleppen, oder das Porträt einer verzweifelten Frau, deren Kräfte angesichts der endlosen Verwüstung schwinden, machen deutlich, dass Galizien noch weit von der Normalität entfernt ist. Mit kurzen, sachlichen Texten beleuchtet der Journalist Christian Schmidt die politisch-wirtschaftlichen Hintergründe der Katastrophe. Durch diesen Kontrast gelingt es den Ausstellungsmachern, den Zynismus des Ölgeschäfts deutlich zu machen. Es ist ein Geschäft, an dem viele verdienen, auch in der Schweiz. So wurde die Unglücksfahrt der Prestige beispielsweise von der Genfer und der Waadtländer Kantonalbank mitfinanziert.
Verantwortung von Banken und Versicherungen Für Andreas Reinhart, Präsident des Stiftungsrats der Volkart Stiftung Winterthur (2), ist das, was in Galizien passiert ist, schlechthin ein Verbrechen. Banken und Versicherungen hätten daran eine grosse Verantwortung, weil sie derart gefährlichen Transporte erst möglich machen. Das geladene Öl hatte einen Wert von neun Millionen Euro - die volkswirtschaftlichen Schäden für die betroffene Region belaufen sich bis heute hingegen auf eine Milliarde Euro. Die Ausstellung ist Teil eines längerfristigen Projektes, das von der Volkart Stiftung Winterthur unterstützt wird. Die Autoren der Ausstellung möchten die Geschehnisse rund um den Untergang der Prestige, die Folgen für die Umwelt und die betroffene Bevölkerung nun über längere Zeit hinweg verfolgen, wie Schmidt erklärte.
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Unterschiedlich gut abbaubar Mineralöl wird in der Natur durch geochemische und biologische Prozesse mit der Zeit abgebaut. Verschiedene Mikroorganismen können mit Hilfe von Oxidationsmitteln - etwa Sauerstoff oder dreiwertiges Eisen - Öl in Kohlendioxid umwandeln. Wie schnell das aus der Prestige ausgelaufene Mineralöl abgebaut wird, ist heute noch unklar. Entscheidend sind dabei verschiedene Faktoren, wie Josef Zeyer, Professor für Bodenbiologie am Institut für terrestrische Ökologie der ETH Zürich, erklärt (s. Kasten) (3). Beim Unfall der "Exxon Valdez" (4), die 1989 im Prince Williams Sound in Alaska verunglückte, dauerte es beispielsweise mehrere Jahre, bis das Öl auf den Stränden abgebaut wurde. Das zähe schwere Öl aus Alaska vermischte sich in der ruhigen Bucht kaum mit dem Wasser, sondern verklebte zu einer relativ kompakten Schicht. Da das Wasser in diesen Breiten zudem nur wenige Nährstoffe aufweist, konnten die Bakterien das Öl nur langsam abbauen. Ganz anders hingegen verlief der Fall "Braer". Dieser Tanker verunglückte 1992 vor den Shetland Inseln. Die Braer hatte leichtes Mineralöl geladen, das in der stürmischen Nordsee mit dem Wasser eine Emulsion bildete, die biologisch gut abbaubar war. Bereits nach wenigen Wochen konnten an der Küste kaum mehr Spuren des Mineralöls nachgewiesen werden. Die Prestige ist leider eher mit der Exxon Valdez vergleichbar als mit der Braer. Das zähe Prestige-Öl verklumpt leicht und ist für Mikroorganismen kaum zugänglich. Obwohl das Oberflächenwasser vor Galizien wärmer und nährstoffreicher ist als dasjenige im Prince Williams Sound, wird es daher noch lange Zeit dauern, bis die schwarz-klebrigen Spuren der Prestige verschwunden sind.
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